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Jamie Wong-Li singt ihren ganz persönlichen Jazz. Inspirieren ließ sie sich dazu von Dee Dee Bridgewater, Cassandra Wilson und Norah Jones – ohne sie zu kopieren.
Golden Child« heißt die kostbar schimmernde CD – und hinter dem schönen Titel ihres Debüts verbirgt sich ein buddhistisches Konzept, wie Jamie Wong-Li erklärt: „Das Golden Child ist das innere Kind, das jeder in sich trägt und das die Wahrheit sagt. Es ist die Instanz in uns, die die wahren Bedürfnisse anmeldet, die man hat. Manchmal ist ja das, was man braucht, nicht das, was man will. Und das Golden Child sagt eben, was man braucht.” Wie weit Wünsche und Bedürfnisse im Alltag auseinander liegen können, hat die Sängerin schon früh kennen gelernt. Noch als Kleinkind zog sie mit ihrer Mutter von Hongkong nach Bern. Dort erlebte die (für Schweizer Verhältnisse) exotische Asiatin, wie schwierig Integration sein kann. Von den Urschweizern angesehen wie ein bunter Hund, fand sie ihren Platz auf der Bühne. Mit der Band »Smartship Friday« sang sie vor vollen Häusern SoulJazz, TripHop und Funk von Eagle Eye Cherry bis Jamiroquai. Bis ihr Golden Child die Sängerin darauf hinwies, dass es an der Zeit sei, endlich einen persönlicheren Ton anzuschlagen. Jamie Wong-Li verließ das erfolgreiche Bandprojekt und fand den Pianisten Andreas Michel, mit dem sie gemeinsam eigene Songs zu schreiben begann. „Manchmal stimmt ein Text von ihm einfach, weil wir denselben Moment haben. Nicht nur, dass wir gleich ticken, innen drin. Wir erleben oft auch die gleichen Phasen.” Das Ergebnis ihrer gelungenen Zusammenarbeit kann sich hören lassen: 14 Songs auf der ersten CD, die daran erinnern, dass gesungener Jazz schon immer die richtige Umgebung für aussagekräftige, humorvolle Poesie war. Und dass es solche Songs waren, die einst die Anfänge des Pop markierten. Im Elternhaus hörte Jamie viel Ellington, die Beatles und Tina Turner. Heute liegen Scheiben von Paul Bley, indische und Sufi-Musik neben Jamies Hi-Fi-Anlage. Wer allerdings in ihren eigenen Songs Elemente dieser Prägungen dingfest machen möchte, sucht an der falschen Stelle. „Ich lasse mich am meisten inspirieren, wenn ich die Aare entlang laufe, das ist unser Fluss in Bern, oder in den Wald gehe, in die Natur, die Berge. Oder wenn ich in einem Café sitze und rausschaue… Ich bin froh, dass es Jazzsängerinnen gibt wie Dee Dee Bridgewater oder Cassandra Wilson oder auch Norah Jones, die mir den Weg geebnet haben und gesagt haben ‚Du darfst ganz persönlich sein und musst dich nicht schämen. Du darfst ganz intim werden. Und das ist gut.‘ Aber ich mache nie jemanden nach. Ich muss meinen eigenen Weg finden.” Hier trifft dann der Jazz-Ethos wieder auf Buddhas Lehren: auf der Suche nach dem authentischen Ausdruck wird das Golden Child zum wichtigen Ratgeber. Jamie Wong-Li hat mit diesem metaphysischen Ansatz zum Ziel gefunden. Ihr Album »Golden Child« mag sich in den bequemen Polstermöbeln sanft groovender Jazz-Lounges bestens einfügen. Doch man darf sich glücklich schätzen, wenn die innere Stimme mit Jamie Wong-Lis Timbre zu singen beginnt: „Listen to the music of your heart.” Tobias Richtsteig
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