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Jazzzeitung

2003/10  ::: seite 16

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Inhalt 2003/10

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / News / break
musiker-abc:
Max Roach
jäzzle g’macht: Apartheid im Plattenregal
no chaser: Vinyl-Aroma
Jubilee. Fats Navarro


TITEL / DOSSIER


Die Energie transportieren
Sandra Weckert und ihre neue CD „Bar Jazz“
Dossier. Musikkabarett und Jazz (Popette Betancor / Piet Klocke / Ulrich Tukur & Götz Alsmann)


BERICHTE


Berichte aus
Boskovice / Chemnitz / Eldena / Fürstenfeldbruck / Gstaad / München /Leipzig / Straubing


 JAZZ HEUTE


Von der Donau an die Spree
Der Birdland Jazzclub in Neuburg und das Audi Forum Berlin


 PORTRAIT / INTERVIEW


Rigmor Gustafsson // Wolfgang Dauner // Günter „Baby“ Sommer // Florian Poser // Thirsty Ear-Blue Series


 PLAY BACK / MEDIEN


CD. CD-Rezensionen 2003/10
Bücher. Bücher für Saxophonisten und Klarinettisten
Noten. Neues für Chor und Gitarre
Instrumente. Schlagzeug-Vintage-Shop in Köln / Instrumenten-News
Medien. link-tipps


 EDUCATION


Abgehört 19. Night & Day: ein Solo von Kenny Garrett auf der CD „Triology“
Zu sich selbst finden
Abschied von Trompeten-Professor Manfred Schoof
Ausbildung. Kurse, Fortbildungen etc.


SERVICE


Critics Choice

Service-Pack 2003/10 als pdf-Datei (kurz, aber wichtig; Clubadressen, Kalender, Jazz in Radio & TV, Jazz in Bayern und anderswo (544 kb))

New York, New York

Die Thirsty Ear-Blue Series

Ein relativ düsteres Bild des aktuellen, vor allem schwarzen Jazz in New York malt Patrik Landolt, seit Jahren einer der besonderen europäischen Kenner der improvisierten Musik in der Musikbeilage von „Die Wochenzeitung“ vom 5. Juni 2003 (S. 4, 5). Nicht nur, aber auch als Folge des 11. September sieht er einen Niedergang in der öffentlichen Aufmerksamkeit für die aus dem Jazz herkommende aktuelle Musik. Dass kreative Musiker wie Matthew Shipp dies nicht ruhen lässt, versteht sich, wenn man ihre musikalischen Entwicklungen seit Jahren begleitet.

Shipp hat die künstlerische Leitung der „Blue Series“ des Labels Thirsty Ear übernommen. Die hier präsentierten Musiker verbinden ihre jahrelangen Erfahrungen des Free Jazz mit aktuellen Rezeptionsformen und vor allem elektronischen Experimenten und gehen die eine oder andere Partnerschaft mit der New Yorker Rock- oder besser Hip Hop Avantgarde ein.
Seit dem Frühjahr dieses Jahres liegen die ersten aktuellen CDs auf dem deutschen Markt vor, vertrieben über EFA, während die Starter der Reihe aus den Jahren 2000 bis 2001 nach der Sommerpause folgen. Elektronik im Jazz, seiner Verbindung mit Pop-Erscheinungsformen, auch gerade in der Kombination mit dem freieren Jazz in den Blütezeiten der Black Musik waren und sind nichts Außergewöhnliches. Nur all diese Elemente zusammen zu bringen, und dabei nicht in die sogenannte Marginalisierung der Musik (Zitat Landolt) zu verfallen wie frühere Fusion-Produkte, ist schon etwas Neues. Matthew Shipp stellt selbst dazu fest, dass sich Jazz heutzutage verändern muss, um nicht irgendwann am Ende zu sein (Jazz Times März 2003, S. 32 ff). Nach seiner Meinung vollzieht sich im Augenblick eine der interessantesten Entwicklungen des Jazz in den letzten Jahren.

In der ersten Thirsty Ear-/Blue Series-Kollektion auf dem deutschen Markt bringen neben anderen die Musiker Shipp, William Parker, Tim Berne ihre Freiheiten insoweit ein, als sie buchstäblich alles mit ihren Qualitäten der harmonischen und rhythmischen Variabilität verbinden und dabei nichts von ihren Qualitäten an Kreativität, Ideenreichtum und Spannung aufgeben. Dennoch entstehen neue Klänge, neue Bilder, die man bisher eher im Bereich des Hip Hop, Rap und ähnlichem vorzufinden erwartet hätte. Die Musik kann dadurch einem breiteren Publikum zugänglich werden, ohne in die musikalische Beliebigkeit zu verfallen.

So präsentiert Shipp zunächst seine herkömmlichen Konzeptionen mit dem Album „Equilibrium“ (2003) zusammen mit dem Bassisten William Parker, dem Schlagzeuger Gerald Cleaver und dem Vibraphonisten Khan Jamal aktuell und beeindruckend, rhythmisch heftig und sehr eindringlich, begleitet von Shipps gewaltigem Anschlag. Schon in einer anderen Welt befindet er sich, wenn er mit „Optometry“ (2002) gemeinsam mit William Parker, dem Schlagzeuger Guillermo E. Brown und dem Saxophonisten Joe McPhee eine Kooperation mit den elektronischen Klängen von DJ Spooky unter dessen Namen beginnt. Ähnliches, wenn auch nicht so radikal, geschieht mit Shipps Beteiligung an der Einspielung „Antipop“ (2003), in der Verbindung mit der gepriesenen New Yorker Hip Hop Formation „Antipop Consortium“. Auch bei der europäischen Variante der Verbindung von akustischer mit elektronischer Musik ist Shipp anwesend. Die beiden britischen Elektroniker John Coxon und Ashley Wales, genannt „Spring Heel Jack“, messen auf „AMaSSED“ (2002) ihre Kräfte mit den britischen Improvisationsmeistern John Edwards, Evan Parker und Paul Rutherford, mit Kenny Wheeler und Han Bennink.

Für seine Verhältnisse normale, aber sehr ideenreiche Wege geht Saxophonist Tim Berne mit dem Keyboarder Craig Taborn und Schlagzeuger Tom Rainey mit „The Shell Game“ (2001, siehe auch die Rezension auf Seite 15).

Auf den ersten Blick klingt William Parkers „Raining on the Moon“ (2002) wie ein verspätetes Hard Bop Album, unter anderen mit Saxophonist Rob Brown und Schlagzeuger Hamid Drake. Doch es birgt einen riesigen Reichtum an freien und harmonischen, teilweise außerordentlich schönen Geschichten.
Die vielen beschriebenen Abenteuer setzen sich fort in den zehn weiteren Aufnahmen aus den Jahren 2000 bis 2002, die im Herbst auf den deutschen Markt kommen, wobei zu den CD-Produktionen von Matthew Shipp („Equilibrium“, „Pastoral Composure“, „Nu bop“)

William Parker ( “Painter’s Spring”) und Spring Heel Jack (“Masses”) eigene Aufnahmen von Craig Taborn („Light Made Lighter”), Roy Campbell („It’s Krunch Time”), Mat Maneri (“Blue Deco”) und Guillermo E. Brown ( „Sustain”) kommen. Alle bewegen sich zwischen rhythmisch strukturiertem Free Jazz und Elektronik.

Hans-Jürgen von Osterhausen

Service

http://www.thirstyear.com
http://www.rattaymusic.de

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