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Ein relativ düsteres Bild des aktuellen, vor allem schwarzen Jazz in New York malt Patrik Landolt, seit Jahren einer der besonderen europäischen Kenner der improvisierten Musik in der Musikbeilage von „Die Wochenzeitung“ vom 5. Juni 2003 (S. 4, 5). Nicht nur, aber auch als Folge des 11. September sieht er einen Niedergang in der öffentlichen Aufmerksamkeit für die aus dem Jazz herkommende aktuelle Musik. Dass kreative Musiker wie Matthew Shipp dies nicht ruhen lässt, versteht sich, wenn man ihre musikalischen Entwicklungen seit Jahren begleitet. Shipp hat die künstlerische Leitung der „Blue Series“
des Labels Thirsty Ear übernommen. Die hier präsentierten Musiker
verbinden ihre jahrelangen Erfahrungen des Free Jazz mit aktuellen Rezeptionsformen
und vor allem elektronischen Experimenten und gehen die eine oder andere
Partnerschaft mit der New Yorker Rock- oder besser Hip Hop Avantgarde
ein. In der ersten Thirsty Ear-/Blue Series-Kollektion auf dem deutschen Markt bringen neben anderen die Musiker Shipp, William Parker, Tim Berne ihre Freiheiten insoweit ein, als sie buchstäblich alles mit ihren Qualitäten der harmonischen und rhythmischen Variabilität verbinden und dabei nichts von ihren Qualitäten an Kreativität, Ideenreichtum und Spannung aufgeben. Dennoch entstehen neue Klänge, neue Bilder, die man bisher eher im Bereich des Hip Hop, Rap und ähnlichem vorzufinden erwartet hätte. Die Musik kann dadurch einem breiteren Publikum zugänglich werden, ohne in die musikalische Beliebigkeit zu verfallen. So präsentiert Shipp zunächst seine herkömmlichen Konzeptionen mit dem Album „Equilibrium“ (2003) zusammen mit dem Bassisten William Parker, dem Schlagzeuger Gerald Cleaver und dem Vibraphonisten Khan Jamal aktuell und beeindruckend, rhythmisch heftig und sehr eindringlich, begleitet von Shipps gewaltigem Anschlag. Schon in einer anderen Welt befindet er sich, wenn er mit „Optometry“ (2002) gemeinsam mit William Parker, dem Schlagzeuger Guillermo E. Brown und dem Saxophonisten Joe McPhee eine Kooperation mit den elektronischen Klängen von DJ Spooky unter dessen Namen beginnt. Ähnliches, wenn auch nicht so radikal, geschieht mit Shipps Beteiligung an der Einspielung „Antipop“ (2003), in der Verbindung mit der gepriesenen New Yorker Hip Hop Formation „Antipop Consortium“. Auch bei der europäischen Variante der Verbindung von akustischer mit elektronischer Musik ist Shipp anwesend. Die beiden britischen Elektroniker John Coxon und Ashley Wales, genannt „Spring Heel Jack“, messen auf „AMaSSED“ (2002) ihre Kräfte mit den britischen Improvisationsmeistern John Edwards, Evan Parker und Paul Rutherford, mit Kenny Wheeler und Han Bennink. Für seine Verhältnisse normale, aber sehr ideenreiche Wege geht Saxophonist Tim Berne mit dem Keyboarder Craig Taborn und Schlagzeuger Tom Rainey mit „The Shell Game“ (2001, siehe auch die Rezension auf Seite 15). Auf den ersten Blick klingt William Parkers „Raining on the Moon“
(2002) wie ein verspätetes Hard Bop Album, unter anderen mit Saxophonist
Rob Brown und Schlagzeuger Hamid Drake. Doch es birgt einen riesigen Reichtum
an freien und harmonischen, teilweise außerordentlich schönen
Geschichten. William Parker ( “Painter’s Spring”) und Spring Heel Jack (“Masses”) eigene Aufnahmen von Craig Taborn („Light Made Lighter”), Roy Campbell („It’s Krunch Time”), Mat Maneri (“Blue Deco”) und Guillermo E. Brown ( „Sustain”) kommen. Alle bewegen sich zwischen rhythmisch strukturiertem Free Jazz und Elektronik. Hans-Jürgen von Osterhausen Service |
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