Anzeige

Startseite der Jazzzeitung

Anzeige

Startseite der JazzzeitungZum Archiv der Jazzzeitung (Datenbanken und pdf)Zur Rezensionsdatenbank der JazzzeitungZur Link-Datenbank der JazzzeitungClubs & Initiativen Die Jazzzeitung abonnierenWie kann ich Kontakt zur Jazzzeitung aufnehmen
 
 2001/05

 seite 9
 portrait

 

Inhaltsverzeichnis Jazzzeitung 05/2001


Inhalt 2001/05

standards
Editorial
News
Fortbildung
Farewell (Buddy Tate)
Glossar: Schallplatte

berichte
Neue Konzertreihe „Piano Stylings“ in Nürnberg
Das Christoph Spendel „Acoustic Jazz Trio“ beim Jazz-Zirkel Weiden
Culture Clash.
Bayerisch- böhmische Jazzbegegnungen
Chet-Geplauder. Till Brönner im Nürnberg

jazz heute
Break (von Joe Viera)

portrait
Nina Plotzki begeistert in München mit ihrem Marlene-Dietrich-Projekt
Dean Brown und die Kunst des musikalischen Dialogs
Festivals
Jazzfrühling in Oberbayern
Stadtportrait
Wegen Jazz nach Erlangen fahren?

play back.
Evansiana.
Letztes Vermächtnis

no chaser.
Geister-Deals

dossier
Mythos Miles
Zum 75. Geburtstag von Miles Davis

medien/service
Das Wunder festhalten
Calle 54 – Film und Soundtrack zum „Jazz Latino”
Charts
Link-Tipps
Rezensionen 2001/05
Service-Pack 2001/05 als pdf-Datei (kurz, aber wichtig; Clubadressen, Kalender, Jazz in Radio & TV, Jazz in Bayern und anderswo (978 kb))

 

Von der Spree an die Isar

Nina Plotzki begeistert in München mit ihrem Marlene-Dietrich-Projekt

Noch ist Nina Plotzki in München ein Geheimtipp. „Einige Optionen gibt es hier zwar, doch meist spiele ich außerhalb“, bedauert die 23-jährige Sängerin. Aber erste Konzerte haben das Publikum und die Kritiker aufmerksam gemacht. „Eines der vielversprechendsten Gesangstalente der Deutschen Szene“, urteilte Oliver Hochkeppel in der Süddeutschen Zeitung. Und für ihn sieht der aktuelle Shootingstar unter den Sängerinnen, Jane Monheit, im Vergleich zu Plotzki „nicht gut aus“. Monheit verdanke ihren kometenhaften Aufstieg vor allem einem generalstabsmäßig geplanten Medien-Hype und einem gnadenlos glatt gebügelten Klassizismus, während Plotzki von Zwängen der Industrie unbelastet und dafür um so experimentierfreudiger sei. Deutlich geworden ist dies vor allem in ihrem aktuellen Marlene-Dietrich-Programm.

Wynton Marsalis über Plotzkis Stimme: „It sounds great“. Foto: G. Lutz

Der Zufall stand am Beginn dieser Erfolgsstory. Nina holte sich Rat bei der Nürnberger Hochschul-Dozentin Annette Frank. Diese war vom Talent und der Originalität der jungen Kollegin so beeindruckt, dass sie sie an Harald Rüschenbaum weiter- empfahl. Ein kurzfristig vereinbarter Gig bei ihm war das erste Konzert im Münchner Raum und brachte den Kontakt zu Walter Lang. Als dieser Ninas Interpretation des Marlene-Dietrich-Standards „Ich hab noch einen Koffer in Berlin“ hörte, war klar: „Wir stellen ein abendfüllendes, deutsch gesungenes Programm mit den Liedern des Blauen Engels zusammen“. Plotzki meisterte diese Aufgabe souverän. Das dunkle Timbre ihrer Stimme war ideal für die Dietrich-Songs und sie vermied den Fehler, die Diva zu kopieren. Entstanden ist eine innovative Interpretation im Grenzbereich zwischen Chanson und modernem Jazz, mal unterkühlt, mal emotionsgeladen, immer spannend und einem stringenten Konzept folgend, die rundum begeistert aufgenommen worden ist, sowohl von Jazzfans wie von einem älteren Publikum mit Affinität zur Berliner Chansonette. Nina Plotzki sieht den Erfolg ihres ersten eigenen Projekts aber auch mit etwas Sorge. „Ich muss aufpassen, dass man mir nicht ausschließlich den Dietrich-Stempel aufdrückt“, sagt sie und erzählt von ihren bisherigen Stationen im Jazzbusiness, die die Bandbreite ihrer musikalischen Interessen deutlich machen.

Die Liebe zu den Blue Notes reicht in die ersten Jahre des Gymnasiums im hessischen Bensheim zurück. Der Leiter der Schul-BigBand hatte sie zum Saxophon gebracht und dann für den Jazzchor begeistert. Mit 18 gab es die ersten Soloauftritte als Sängerin. Nach dem Abitur studierte sie zwei Jahre an der Musikhochschule Mannheim bei Jazzgrößen wie Jürgen Seefelder oder Thomas Stabenow und machte sich einen Namen mit einer Gershwin-Gala, einer Rolle im Bernstein-Musical „Mass“ oder als Sängerin der „Sultans of Swing“ zu denen auch Thilo Wagner gehörte.

Nach einem Intermezzo in Berlin, wo sie sich bei Judy Niemack an der Hanns-Eisler-Hochschule weiteren Schliff holte und als Moderatorin beim Jazzradio 101.9 arbeitete, zog sie im Oktober 2000 von der Spree an die Isar. „In Berlin war die Avantgarde bestimmend, doch der Mainstream in München ist eher mein Ding“, sagt Plotzki, die Ella und Nat King Cole, aber auch Johnny Hartmann als Vorbilder nennt.

In München ergaben sich bald Konzerte mit der Al Porcino Bigband mit Roman Schwaller oder eigenen Formationen. Da gute Sängerinnen auch in der bayerischen Jazzmetropole nicht auf den Bäumen wachsen, stehen die Vorzeichen gut für Nina. Wie ihr großes Vorbild Shirley Horn will sie in Zukunft verstärkt Klavier spielen. Das Saxophon liegt ebenfalls noch in einer Ecke ihrer Wohnung und könnte das musikalische Spektrum erweitern. Dass sie auch Scatten und Improvisieren kann, will sie nun all denen zeigen, die sie bislang nur mit ihrem Dietrich-Projekt gehört haben.

Den musikalischen Ritterschlag erhielt sie im Februar von keinem geringeren als Wynton Marsalis. „It sounds great“, war dessen Kommentar, als er sie nach seinem München-Konzert Backstage einige Standards singen hörte. Das Münchner Publikum hat Gelegenheit, sich von der Gültigkeit dieses Lobs zu überzeugen: vom 18. bis 23. Juni 2001 in der Unterfahrt und vom 20. bis 26. August im Nachtcafé. Vielleicht klappt anschließend auch ein Gig mit dem musikalischen Wunschpartner von Nina Plotzki, dem Wiener Gitarristen Karl Ratzer.

Werner Kraus

 

| home | aktuell | archiv | links | rezensionen | abonnement | kontakt | impressum
© alle texte sind urheberrechtlich geschützt / alle rechte vorbehalten / Technik: Martin Hufner