Anzeige |
|
|
Anzeige |
|
Auf Anhieb lässt sich die Frage, warum ein Jazzfan nach Erlangen fahren sollte, kaum beantworten. Für Forscher, Techniker und Tüftler, insbesondere aus der Medizin und Mikroelektronik, ist die Antwort einfach. Ihnen bietet die nordbayerische High-Tech-Metropole jede Menge. Als weltweit bedeutendster Siemens-Standort, Sitz eines Fraunhofer-Instituts (hier wurde das MP3-Format entwickelt) und einer Universität mit bundesweit großem Gewicht im Bereich medizinischer Forschung und Entwicklung finden häufig Kongresse und Tagungen statt. Für diesen Wirtschafts- und Wissenschaftszirkus wird seitens der Stadt beim weichen Standortfaktor Kultur auch einiges getan: Internationaler Comic-Salon, Figurentheater-Festival, Internationale Literatur-Tage. Im Mittelpunkt eines regen Theaterlebens steht das barocke Markgrafentheater im Stadtzentrum. Die Städtische Galerie im Palais Stutterheim setzt mit Ausstellungen, vor allem im Bereich Fotografie, immer wieder bayernweit Akzente. Dagegen zielt der gVe als älteste Bürgerinitiative in Sachen Kultur auf die Einheimischen, auch wenn sich in seinem bürgerlich-gediegenen Angebot bisweilen Kulturhappen mit überregionaler Ausstrahlung verstecken. Ein Kompositionsauftrag an Klaus Treuheit beispielsweise. Vor dem Pianisten ist nur ein weiterer heimischer Jazzmusiker, Fritz Hartschuh, mit dieser Ehre bedacht worden. Treuheit, seit Jahrzehnten unverrückbare Jazzgröße in der Hugenottenstadt, teilt sich den Auftrag mit Werner Heider, einem klassischen Komponisten. Verwurzelt im Modern Jazz hat Treuheit, der über ein phänomenales Namens- und Personengedächtnis verfügt, viel mit Trios und Soloprogrammen gearbeitet. Jazzmäßig passiert seiner Meinung nach in Erlangen fast gar nichts. Wir stehen auf einem Niveau von vor einem Vierteljahrhundert. Damals existierte die Pupille, ein Jazzclub im Freizeitzentrum Frankenhof, der Jazz in allen Spielarten gepflegt, die heimische Szene kräftig gefördert und ein regelmäßiges Live-Programm angeboten hat. Zehn Jahre führte der Club neben dem großen Nachbarn Nürnberg ein eigenständiges Jazzleben, kooperierte sogar mit dem Jazzstudio, als es darum ging, osteuropäische und DDR-Musiker zu präsentieren. Damals gab es auch neben dem schwäbischen Flötisten Dieter Bihlmeier, der seit 1972 in Erlangen unterrichtete und Erlangens renommiertester Jazzer war, etliche Bands in der Stadt: Das Jazzduo Nebbich, die Bluesformation Sworscht, Modtrad und das von Rainer Glas (b) gegründete Jazz Workshop Ensemble. Bihlmeier starb 1982 unter rätselhaften Umständen. Rainer Glas war im Jahre 1980 an der Gründung der Musikerinitiative IG Jazz beteiligt, die Ende 2000, just nach der Veranstaltung zum 20-jährigen Jubiläum, mit der Ankündigung ihrer Selbstauflösung die bayerische Szene in Verwirrung stürzte. Diese löste sich auch mit der lapidaren Erklärung, die wesentlichen Aktivitäten werden inzwischen ohne direkte Mitwirkung der IG Jazz realisiert nicht. Die Rahmenbedingungen im privatisierten E-Werk, einem Jugendkulturtreff, in dem die IG Jazz seit 1982 Konzerte veranstaltete, seien immer schwieriger geworden, schiebt Rainer Glas hinterher. Auch habe der Generationenwechsel nicht funktioniert. Junge Leute würden heute etwas anderes wollen, als damals, verweist er auf einen bundesweiten Trend, weg vom Jazz in engen, dunklen Kellern, hin zu Licht, Luft und Konzerten in großen Sälen und Hallen. Vielleicht spielt auch Resignation und Lustlosigkeit eine Rolle. Immerhin hat Glas 15 Jahre lang ehrenamtlich die E-Werk-Konzerte organisiert. Bei zuletzt durchschnittlich 30 Besuchern und einem Etat, der gerade mal für ein bis zwei Konzerte reicht, die auch nur unter der Woche stattfinden dürfen, weil die Wochenenden für lukrative Popveranstaltungen reserviert sind, hat es den Anschein, der Jazz halte als Lückenbüßer her. Nach wie vor stellt der Bassist jedes Jahr zu Ostern einen einwöchigen internationalen Jazz-Workshop auf die Beine, 2002 zum 21. Mal. Nach dem Aus für die IG Jazz setzt der frühere Vorstand und frühere Pupille-Motor Jörg Engel die E-Werk-Konzerte in Eigenregie und in kleinem Maßstab fort. Ein jährlicher Jazzbandball, im Fasching von der Stadt veranstaltet, und gelegentliche Sessions in wenigen Erlanger Lokalitäten vervollständigen das Bild einer ausgedünnten, lau dahindümpelnden Szene. Die wenigen Musiker, die in Erlangen leben, orientieren sich vorwiegend nach außen oder spielen, wie der Saxophonist und Musiklehrer Traugott Jäschke, nur noch in Feierabendcombos. Die jazzig brennende Luft ist der Stadt, nach ihrer Blütezeit in den 70er- und 80er-Jahren, ausgegangen. Viel hat sich nach Nürnberg verlagert. Engel will dennoch mit viel Geduld und Spucke das heruntergebrannte Feuer des Jazz in Erlangen am Leben halten. Irgendwann werden sich dann auch wieder Jüngere finden, die sich so am Jazz berauschen, dass sie alles dran setzen, ihrer Musik wieder einen angemessenen Raum in der Barockstadt zu verschaffen. Michael Scheiner Diskografie (Auswahl)
Kontakte:
service: erlangenIn Erlangen sollte man jetzt im Frühjahr den Aromagarten genießen, sich den barocken Stadtkern mit dem markgräflichen Schloss, der Orangerie und den Botanischen Garten anschauen. Im fränkischen Hinterland zählen Blaue Zipfel, Bratwürste mit Kren und Spiegelkarpfen, zu den Leckerbissen für Genussfreudige. Im kommenden Jahr 2002 feiert die Stadt ihr 1000-jähriges Jubiläum mit zahlreichen Veranstaltungen, Festen und ähnlichen Angeboten. Hotel/Pension:
Ausstellung
Sonstiges
Anreise
Tourist-Information
|
||||||||||||||||||||||||||||||
|