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Dass Jazz eine auch optische Musik ist, wissen die Fans längst, und viele andere Musikhörer erfahren es, wenn sie Jazz, den sie als Konserve vielleicht nicht sehr schätzen, endlich live erleben. Das ist wohl auch der Grund, warum von Beginn an eine gewisse Affinität
zwischen den beiden in etwa gleichaltrigen Künsten Film und Jazz
besteht und warum Jazzfilme immer auf Publikumsresonanz stießen.
Bis heute erinnere ich mich an die faszinierende Wirkung von Musik und
Bildern aus einem Film über eine Jazzband in einer ebenso modernen,
aber trostlosen Wohnsiedlung Roms. Damals in den 60er-Jahren wurde mein
Interesse an dieser Musik auch dadurch geweckt. In den letzten Jahren
hatten Jazzfilme wie das Blue Note-Projekt von Julian Benedikt
(vgl. JZ 4/01) oder Bird von Clint Eastwood (vgl. JZ 2/01)
und Round Midnight von Bertrand Tavernier verhältnismäßig
großen Erfolg. Und der Film von Wim Wenders über den Buena
Vista Social Club hat der kubanischen und damit auch der afrokubanischen
Musik zu einer neuerlichen Aktualität und zu einmaliger Popularität
verholfen. Das macht Mut, offensichtlich auch anderen Musik- und Jazzfreunden
unter den Filmemachern. Calle 54 ist nun das Bekenntnis des Regisseurs zur improvisierenden Musik, zum Jazz und zur Latino-Musik: Jazz ist die einzige Musikform, die durch das Element der Improvisation völlig offen ist. Bei dieser Musik dürfen Musiker und Zuhörer, wie Leonard Cohen es ausdrückte ,ein Wunder erwarten. Das war das Aufregende und zugleich Riskante am vorliegenden Film: Wir wollten mit der Kamera festhalten, wie das Wunder geschieht... Meiner Meinung nach haben die Latinos dem Jazz jene Lebensfreude und Energie zurückgegeben, den er nie hätte verlieren dürfen. Um das in Ton und Bild zu beweisen, hat Fernando Trueba im März 2000 dreizehn namhafte Vertreter der von ihm Jazz Latino benannten Musik samt ihrer Mitspieler ins Studio im Schmelztiegel New York eingeladen. Die Pianistin Eliane Elías stammt aus dem brasilianischen São Paulo, Pianist Chano Dominguez aus dem spanischen Cadiz, der inzwischen verstorbene puertoricanische Vibraphonist Tito Puente wurde ebenso in New York geboren wie Trompeter Jerry Gonzalez. Tenorist Gato Barbieri ist Argentinier, Pianist Michel Camilo kommt von Santo Domingo. Die anderen sind wohl nicht zufällig alle Kubaner: Saxophonist Paquito DRivera, die Pianisten Chucho und Bebo Valdés, die Perkussionisten Carlos Patato Valdés und Orlando Puntilla Ríos, Komponist Chico Farrill und Bassist Israel Cachao López . Von den Jüngsten, 1960 geborenen, führt der Film zurück bis an die Wurzeln von 1918. Wann und wo der knapp zweistündige Film anläuft, ob er auch bei uns überhaupt ins Kino kommt, war bis Redaktionsschluss nicht in Erfahrung zu bringen. Also muss man sich einstweilen mit dem opulent ausgestatteten CD-Album trösten. Godehard Lutz service Calle 54, fiktionaler Dokumentarfilm,
Musical über Musik, Regie: Fernando Trueba, Cinétévé
& Arte France Cinema, 2000 (EMI)
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