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Fusion da gäbe es keine wirklichen Weiterentwicklungen mehr, meinen manche. Here, der CD-Erstling des Fusion-Gitarristen Dean Brown (s. Jazzzeitung 3/01), sprüht trotzdem vor Lebendigkeit und Freude am Zusammenspiel. Doch Brown will sich sowieso über Entwicklungsmöglichkeiten im Jazz keine schlaflose Nächte machen lassen: Jazzmusik stand immer in enger Verbindung zu den jeweils aktuellen Tanzrhythmen. Solange der Jazz am Puls des Rhythmusgefühls seiner Zuhörer bleibt ohne dabei kommerziell zu werden , wird er, auch egal, ob tonal oder atonal, in der Lage sein, sich weiterzuentwickeln.
Der ehemalige Berklee-Kompositionsstudent war bisher vor allem gefragter Sideman, etwa bei David Sanborn, Marcus Miller, den Brecker-Brüdern, George Duke, Saxer Bill Evans und vor allem Billy Cobham und diese illustre Schar gehörte auch zu denen, die sich im Tonstudio einfanden, um Browns von afrikanischen, kubanischen und indischen Rhythmen und Klängen inspiriertes Album einzuspielen. Leitmotiv bei der Zusammenstellung der Here-Besetzungen war eine gesunde Heterogenität, womit für den Bandleader die reizvolle Aufgabe entstand, die unterschiedlichen persönlichen Stile zusammenzuführen. Musik als hoch kultivierte Form des Dialogs kein Wunder, dass der Amerikaner bei diesem Credo die aktuelle Diskussion um Wynton Marsalis mit den dabei aufgekommenen Vorwürfen des einseitigen Lobbyismus oder gar rassistisch anmutender Anwandlungen befremdlich findet: Ich habe ein ungutes Gefühl bei der ganzen Geschichte, weil ich schon immer die Erfahrung gemacht habe, dass, wenn ich mit anderen zusammenspiele, eine Konversation auf einem Level stattfindet, auf dem solche Animositäten gar kein Thema sind. Bewerten will er Marsalis umstrittene Lobby-Tätigkeiten nicht, trotzdem mahnt er Gleichberechtigung und Pluralität an: Natürlich sind Hinweise auf die schwarze Herkunft des Jazz berechtigt. Aber sobald ein musikalischer Stil geschaffen ist, ist Fairplay geboten und damit die Möglichkeit für jedermann, innerhalb dieses neu geschaffenen Rahmens zu arbeiten. Ich fühle mich dort zu Hause, wo mich die Musik bewegt und ich in der Lage bin, sie zu erfühlen. Da spricht Brown schon lieber über Ereignisse wie den Aufsehen erregenden Auftritt der Marc Secara-Group in Teheran (vgl. Ausgabe 4/01): Es ist etwas Romantisches an der Einschätzung des Jazz als subkulturelles Phänomen; aber wenn man in solchen Ländern spielt, kann man das nachempfinden. In Gesellschaften, die nach mehr Freiheit streben, gibt es einen Hunger auf freien, persönlichen Ausdruck. Sie sind insofern Brutstätten des Jazz. Erinnerungen an eigene Konzerte in Polen, wo Jazz vor und kurz nach dem Fall des Eisernen Vorhangs immer größere Faszination ausgelöst habe, stellen sich bei ihm ein. Doch mit der nun fortschreitenden Assimilation der polnischen Gesellschaft an die sie umgebenden stellt Brown eine Stagnation dieser Entwicklung fest und wird nachdenklich: Es gibt heute durch Internet-Entwicklungen, MTV-Fernsehkultur und Ähnlichem eine Tendenz zu einer Schnelllebigkeit, in der Jazz und überhaupt kreative Betätigungen nicht mehr die angemessene Unterstützung erfahren. Eike Brunhöber
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