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Glimmte bei den Kerberbrothers gelegentlich noch ein Funke Interesse bei einer Gruppe junger Zuhörer auf, erlosch dieser beim Emil Viklicky Trio fast völlig. Der moderne, mit Motiven und Formen der Volksmusik angereicherte Jazz des tschechischen Pianisten und seiner glänzend aufgelegten Mitstreiter Frantisek Uhlir (bass) und Laco Tropp (dr) weckte bei den etwa vierzig Landsleuten, die mit hundert anderen das Konzert im Leeren Beutel in Regensburg besuchten, scheinbar weder emotionale, noch patriotische Gefühle. Als Gäste an der hiesigen Uni stand das Doppelkonzert auf dem abendlichen Kulturfahrplan der Studenten.
Außer diesem ungewöhnlichen Eindruck hinterließen die bayerisch-böhmischen Jazzbegegnungen zum Zehnjährigen des Bayerischen Jazzinstituts rundum nur fröhliche und zufriedene Gesichter: Beim Veranstalter, dem Jazzinstitut, weil alle vier Konzerte gut bis bestens besucht waren. Bei den Zuhörern, weil sie bis auf ein etwas saft- und ideenloses Milan Svoboda Quartett eine Menge guter Musik, vom expressiven Postbop-Jazz bis zur alpenländischen Fusion der Allgäuer Kerberbrüder, und feine Improvisationen zu hören bekamen. Nicht zuletzt bei den Musikern, Wolfgang Lackerschmid und Jiri Stivin, dem Viklicky Trio und den Kerbers, die sicht- und hörbar Spaß an den Begegnungen, Kontakten und der guten Stimmung hatten. Nach dem erfolgreichen Jazz-Filmfest mit Klassikern, seltenen Dokumentationen, köstlichen Animationen aus den 40er-Jahren und dem Besuch des Blue Note-Regisseurs Julien Benedikt, der seinen neuen Film Jazz Seen: über den Fotografen William Claxton mit einem Trailer vorstellte, geriet auch der musikalische Teil des Feiermonats zur gelungenen Begegnung. Ein gemeinsames Konzert der Kerberbrothers mit dem Viklicky Trio bildete den begeistert aufgenommenen Abschluss und Höhepunkt der bayerisch-böhmischen Konzertreihe.
Die Allgäuer hatten ihren Schlagzeuger nach Hause geschickt und bildeten ein vierköpfiges Bläser-Line-up, mit Viklicky & Co. als Rhythmustrio. Der Reiz dieser ungewöhnlichen Symbiose, gespielt wurden eigens mitgebrachte Arrangements traditioneller Volkslieder Staufener Musikantenmarsch, Vinko, vinko (Wein, Wein!) und Paul Desmonds Dauerbrenner Take Five, lag im Unfertigen und der knisternden Spannung, die auf und vor der Bühne herrschte. Gerade das Prozesshafte, holprige Übergänge und verpasste Einsätze, aber auch die starke emotionale und musikalische Energie im Spiel der Instrumentalisten machte das musikalische Experiment zu einem aufregenden Ereignis. Standing Ovations waren verdienter Lohn für den gelungenen Culture-Clash von jodelndem Brauchtum, mährischer Überlieferung und vehement swingendem Groove, der eindeutig die Richtung vorgab: In die Zukunft. Michael Scheiner
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