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Anfang und Ende gingen daneben. Dazwischen lagen Tage mit hochklassigen, aufregenden und herzerfrischend schrägen Konzerten. Nürnbergs Jazz Ost-West geriet im 34. Jahr zu einem Festival, das sein ursprüngliches Konzept erfolgreich weiterentwickelt, in der aktuellen Umsetzung aber einige eklatante Patzer eingebaut hatte.
Als problematisch erwies sich der Termin. Der konkurrierte mit fast einem Dutzend weiterer Jazzfestivals im näheren und weiteren Umkreis. In Verbindung mit einem anspruchsvollen Programm, dem es allerdings an wirklich großen zugkräftigen Namen mangelte, blieben am letzten, als Höhepunkt gedachten, Tag die Zuhörer weg. Ohne das geringste Gedränge konnte man zwischen den drei Aufführungsorten in der Meistersingerhalle pendeln, bekam fast immer überall einen Sitzplatz, während das große Foyer mit Verkaufsständen, Internetcafé und einer bemerkenswerten Ausstellung zeitweise wie ausgestorben dalag. Wie um das Kraut fett zu machen, mangelte es den big names am letzten Tag, dem Trio Randy Westons und dem brasilianischen Fusionjazz von Hermeto Pascoal, auch noch an Schwung, Durchzugskraft und einer klaren Linie. Ähnlich erging es den Zuhörern bei der Eröffnung mit dem Quartett Rolf Kühns im mäßig besetzten Kulturcafé des Kaufhauses Karstadt. Vom Fazit her aber schaut das 2000er Festival, eines der ältesten der Bundesrepublik, keineswegs schlecht aus. In einer drummers night stellen sich drei Schlagzeuger aus dem Fränkischen, Dejan Terzic, Wolfgang Haffner und Yogo Pausch, mit Wunschbesetzungen einem begeisterungsfähigen Publikum vor. Alle drei überzeugten mit eigenen Konzepten, wobei Haffner mit Christof Lauer (sax) und Dieter Ilg (b) die emotional aufregendste Vorstellung beisteuerte. Trotz gesundheitlicher Einschränkung unterstrich Lauer seine Bedeutung, als einer der beeindruckendsten Saxophonisten der europäischen Szene. Ganz anders Pausch mit Leo Gmelch (tb) und Joe Fonda, einem knurrigen New Yorker Bassisten. Zwischen Klangcollage, freier Improvisation, originellem Klamauk und knappen Motiven angesiedelt, war das sessionartige Konzert des Trios ein erfrischendes Pendant zum Post-Bop von Terzics European Assembly, der wenig Überraschendes zu bieten hatte. Ohne inhaltliche Verbiegungen wurde die ursprüngliche Ost-West-Programmatik, die vor zehn Jahren eingesetzt hat, zum weltoffenen, pluralistischen Festival heuer fortgeschrieben. Besonderen Anteil hatten die erfrischend unbekümmerte schweizamerikanische Sängerin Erica Stu-cky, das arabische Trio des virtuosen Oudspielers Anouar Brahem und das lärmend-parodistische Blues Collective des englischen Gitarristen Billy Jenkins daran. Ein Höhepunkt des Festivals war der Auftritt von Charmes Of The Night Sky. Zwischen wild-erregender osteuropäischer Balkanfolklore und experimenteller Geräuschcollage bot das Quartett des amerikanischen Trompeters Dave Douglas einen akustischen Rausch zwischen Askese und Ekstase. Personell haben die Nürnberger das gemeinsame Konzept von Stadt (als Veranstalter) und Jazzstudio (künstlerische Leitung) ebenfalls erfolgreich weiterentwickelt. Gelingt es ihnen, das nächste Festival in zwei Jahren terminlich besser abzustimmen, gehört Jazz Ost-West auch weiterhin zu einer führenden Stimme im ständig wachsenden Festivalmarkt. Dazu trägt auch der heuer zum zweiten Mal verliehene Internationale Jazzpreis bei. Den erhielt Pianist Jens Thomas, der mit seinem aktuellen Album auf sehr eigenständige und eigenwillige Weise Filmmelodien des italienischen Komponisten Ennio Morricone interpretierte und diese bei einem bejubelten Preisträgerkonzert zusammen mit Paolo Fresu (tp) und Antonello Salis (acc) vorstellte. Michael Scheiner
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