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Zwischen Lyrik & Jazz, Gospel, Folk und Blues bot das letztmalig von Albert Mangelsdorff geleitete JazzFest Berlin einen Überblick über den illustren Jahrmarkt Jazz. Steve Turre zelebrierte die hohe Kunst des Ensemblespiels: Mit seinem Sextett bewahrte der Posaunist und Muschelhorn-Bläser die Musik von Roland Kirk für die Gegenwart. Einen Schritt in die Zukunft bereits getan hat dagegen die Pianistin Aki Takase: Die klar strukturierten, weitgehend auskomponierten Stücke lassen ihrer Band (Terri Lyne Carrington (dr), Anne Mette Iversen (b), Ingrid Jensen (tp), Silke Eberhard (as), immensen, virtuos genutzten Raum für den individuellen Ausdruck. Die in den USA aufgewachsene, heute wieder in ihrer Heimat lebende Schweizer Sängerin und Schauspielerin Erika Stucky lieferte mit ihrer irrwitzigen Performance aus Musik, Videos, Conferencen und extemporierten Boshaftigkeiten den originellsten Beitrag des Festivals. Im Wettstreit der Big Bands gab das überzeugendere Konzept den Ausschlag. Mit einer Hommage an Louis Armstrong war die WDR Big Band angereist. Dank Satchmo wurde in den 20ern der Jazz zur Kunst: durch die Befreiung dieser Musik von ihrem volksmusikalischen Kontext, durch die Emanzipation des Kornetts zum Solo-Instrument, durch die Entwicklung des Solo-Spiels überhaupt. Das zu würdigen, hatten die Kölner zwei Gäste geladen. Der australische Arrangeur James Morrison schlug einen furiosen Bogen zwischen Armstrongs gebrochener New-Orleans-Ästhetik, Bebop und modernem Big Band-Sound. Gegen Morrisons Arrangements wirkten die des zweiten Gastes, des Trompeters Nicholas Payton, geradezu bieder. Dafür wirkt der 29-Jährige aus New Orleans wie eine Reinkarnation. In Intonation und Phrasierung, selbst in Statur und Aussehen kommt er Satchmo irritierend nahe. Gegen dieses konventionelle Programm stellte die NDR Bigband unter Colin Towns Musiken aus Mahagonny, der Dreigroschenoper, Happy End und The Theatre of Kurt Weill. Die NDR Bigband hatte bei Towns rasanten und verschmitzten Arrangements eine Sternstunde; Saxophonist Christof Lauer festigte den Ruf, der beste deutsche Tenorist zu sein. Fraglich ist, wie es künftig weitergeht. Zunächst ist das Berliner JazzFest mit der Übernahme der Berliner Festspiele durch den Bund gerettet. 2001 findet es im neuen Domizil der Festspiele statt, der Freien Volksbühne. Wer dann das JazzFest leitet, ob es konzeptionelle Änderungen gibt, das ist noch ungewiss. Der Nachfolger von Albert Mangelsdorff wird frühestens im Januar bestimmt. Wolfgang Platzeck |
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