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Hausaufgaben gemacht? Mehr als das! Die Organisatoren der Ingolstädter Jazztage haben bei ihrer 17. Auflage tatsächlich etwas geschafft, was Skeptiker noch vor Jahren für fast unmöglich hielten: nicht bloß zu den wichtigsten deutschen Jazzfestivals (wobei der Terminus Jazz in diesem Zusammenhang, ähnlich wie bei anderen traditionellen Events dieser Art längst zum Anachronismus verkommen ist) aufzuschließen, sondern sogar im oberen Drittel mitzumischen. Während anderswo ein vermeintlich erlesenes Programm oft nur vor dem üblichen Inner Circle inklusive einiger versprengter Zaungäste abläuft und allenfalls frustierten Feuilletonisten als wehrlose Verriss-Beute dient, finden die Menschen in Ingolstadt zunehmend Spaß am Jazz (oder dem, was von ihm übrig geblieben ist), strömen in Konzerte, erleben große sowie kleine, geschmacklich fein aufeinander abgestimmte Highlights und sogar einige echte Sternstunden.
Trotz des gleichzeitig stattfindenden Jazz Ost-West-Gipfels
in Nürnberg zufriedene Gesichter allerorten bei Musikern wie beim
Publikum, sei es bei der obligatorischen Jazz-in-den-Kneipen-Tour,
die vom traditionellen Mainstream (Max Greger junior mit dem fabelhaften
Tenorsaxophonisten Tony Lakatos), über filigranen Fusion (Alain Caron,
Klaus Doldingers Passport), Bluesn Swing (Martin
Schmitt und Stephan Holstein), einer improvisierenden Harfe (Park Stickney),
bis hin zu Boogie Woogie (Al Copley) und sogar lupenreinen Rock`n` Roll
(Rick Vito) nahezu jeden Publikumsgeschmack bediente oder den Jazzpartys
als Herzstück des Ingolstädter Veranstaltungszirkels. Dort tummelten
sich ausgemachte Stimmungskanonen wie Maceo Parker, introvertierte Ästheten
wie Mike Stern und vor allem jede Menge generationsverbindender Projekte
wie Doop Troop mit Sigi Finkel und Joseph Bowie, Karizma
sowie die (nicht immer ganz glücklich zusammengewürfelten) Late
Night Musicans. Den gewachsenen Stellenwert der Ingolstädter
Jazztage verdeutlichte aber vor allem der Besuch einer namhaften Delegation
der Macher des Jazz & Heritage-Festivals in New Orleans,
die neben einer Brassband, den beiden brillanten Trompetern Terence Blanchard
und Irvin Mayfield und zwei Stipendien für Ingolstädter Musiker
für das Louis Armstrong Memorial Summer Camp noch die
Bereitschaft zu einer langfristigen Kooperation mit an die Donau brachten.
Schon im kommenden Jahr soll dem Vernehmen nach das gesamte Ingolstädter
Festival mit prominenten Künstlern aus dem Big Easy bestritten
werden. Selten hatten die beiden Direktoren Jan Rottau und Walter Haber auch solches Glück mit ihren Highlight-Konzerten: Fourplay, die zuvor ihr Gastspiel in München abgesagt hatten, aus der Abteilung Virtuoser Light-Jazz, James Brown als Show-Perfektionist und geläuterter 70-Jähriger vor 1.800 begeisterten (Jazz-?)Fans, und als das bislang vielleicht wertvollste Konzert in der Geschichte der Jazztage der Doppelauftritt von Dee Dee Bridgewater und Holly Cole. Eine in dieser Form noch nie dagewesene Ballung von Kreativität, Entertainment, Emotionen und Feminität, ein zeitversetztes Duell um die Gunst des Publikums. Reinhard Köchl |
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