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Timme Rosenkrantz with Fradley Hamilton Garner: Harlem Jazz Adventures – A European Baron’s Memoir. 1934-1969, The Scarecrow Press, Inc., Lanham USA, 297 Seiten Wenn man sich näher mit der Jazzgeschichte befasst, stößt man gelegentlich auf einen dänischen Baron namens Timme Rosenkrantz, der in den 30er- und 40er-Jahren in New York gelebt haben soll, als Ieidenschaftlicher Jazzfan, der zeitweilig als Journalist, als Produzent (Platten, Konzerte), als Fotograf, als Moderator einer Radio Show und als Besitzer eines Schallplattenladens tätig war. Klingt rätselhaft. Gab’s den wirklich oder hat er nur in der Fantasie einfallsreicher Menschen gelebt wie Opa Hirchleitner und Blind Orange Adams? Nun – es gab ihn tatsächlich, und er erzählt in diesem Buch, das auf der dänischen Erstausgabe basiert, sehr anschaulich und witzig von seinen Erlebnissen. Geboren wurde er am 6. Juli 1911 in Kopenhagen. Er entstammte einem alten dänischen Adelsgeschlecht, das bis auf das 14. Jahrhundert zurückgeht. 1934 kam er erstmals in die USA; von da an lebte er abwechselnd in New York und in Dänemark. Er lernte schon bald viele der großen Jazzmusiker kennen, die ihn voll akzeptierten. Harlem wurde sein bevorzugter Aufenthaltsort. 1937 traf er die Sängerin und Journalistin Inez Cavanaugh (1909–1980), mit der er fortan zusammenlebte. Während des 2. Weltkriegs blieb er in New York. Das Buch bietet wertvolle Einblicke in die New Yorker Jazzszene jener Zeit, erzählt von einem Mann, der selbst kein Musiker war, der aber die Musik verstand und dem die Musiker vertrauten .Dabei ist bemerkenswert, weil damals keineswegs selbstverständlich, dass er sich für Dixieland, Swing und Bebop gleichermaßen begeisterte. Schade nur, dass er nicht viel über seine spätere Zeit erzählt. Ted Gioia: The Jazz Standards – A guide to the repertoire,Oxford University Press, New York, 527 Seiten Das Buch von Hans-Jürgen Schaal u.a. (Jazz Standards. Das Lexikon) von 2001 (siehe JazzZeitung Nov. 2001) hat Konkurrenz bekommen, sehr gewichtige sogar, denn Ted Gioia bietet überaus viele Informationen und dazu Anregungen, die er aus seiner Arbeit als Pianist gewonnen hat. Wie gut, dass sich im Jazz immer mehr aktive Musiker zu Wort melden. Wie in jeder Musikform gibt es auch im Jazz ein Standardrepertoire, das aus hunderten von Stücken (Standards) besteht, die häufig gespielt werden, insbesonders bei Jam Sessions – weil sie viel Substanz enthalten und in vielfältiger Hinsicht gestaltet und verändert werden können, ohne an Wert zu verlieren. Im Gegenteil: Standards aus dem Great American Songbook haben durch große Jazzmusiker oft sogar erheblich gewonnen, sodass diese genaugenommen als zusätzliche Urheber gelten können. Viele Auftritte im Jazz erfolgen durch ad hoc zusammengestellte Gruppen ohne Proben und ohne Noten auf der Bühne. Das ginge ohne Standards nicht. Wer keine solchen auswendig (!) kann, ist daher von vielen Spiel- und damit auch Verdienstmöglichkeiten ausgeschlossen und wird überdies von erfahrenen Profimusikern oft nicht recht ernst genommen. Die Beherrschung einer größeren Zahl von Standards ist daher im Jazz gewissermaßen lebensnotwendig, die Auseinandersetzung mit ihnen fördert überdies das Verständnis der musikalischen Elemente und Strukturen des Jazz und den spielerischen Umgang mit ihnen sehr. Manche Stücke brauchten lange, bis sie Jazz Standards wurden, beispielsweise „Bye bye blackbird“ von 1926, das im Jazz kaum beachtet wurde, bis es Miles Davis 1956 aufnahm. Seine Fassung – weit weg vom Original – war so überzeugend, dass dieses Stück von da an von immer mehr Musikern gespielt wurde und der Weg zum Standard sozusagen vorgegeben war. Die Auswahl der 252 Titel ist sehr überzeugend. Nur bei „Alfie“, „Bemhsa Swing“, „Good morning heartache“ und „The Peacocks“ zweifle ich ihre Eigenschaft als Standards stark an, denn ich habe sie beispielsweise nie auf Jam Sessions gehört. Dagegen fehlen auf jeden Fall „It’s you or no one“ und „Recorda-me“. Joe Viera |
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