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„Seit einigen Jahren beschäftigen mich die Idee zur Gründung einer europäischen Senioren Jazz Bigband und zur gleichen Zeit einer europäischen Jugend Jazz Bigband. Grundgedanke war, die unselige Trennung zwischen Jung und Alt zu beenden, aber auch gleichzeitig grenzüberschreitend innerhalb Europas zu agieren.“ Peter Herbolzheimer sprach´s und alsbald war seine European Jazz Academy gegründet. 2007 zählte zum organisatorischen Einmann-Betrieb eine Auswahl junger Jazzmusiker aus ganz Europa, eine Band aus älteren, überwiegend nicht professionellen Musikern und ein Close-Harmony-Vokal-Ensemble. Seitdem treffen sich in regelmäßigen Workshops drei Formationen, die sich zusammensetzen aus der European MasterClass Big Band mit jungen Jazzern, der Greyhair Convention mit älteren Semestern ohne Altersgrenzen nach unten und nach oben sowie den Master Birds, einem mehrstimmigen Vokalensemble. Organisatorisch betreut wird das Ganze ehrenamtlich. Ohne Detlev Oelfke, der von Anfang an als Trompeter und Sänger dabei war, läuft längst nichts mehr. Der Hannoveraner Rechtsanwalt denkt daran, die Academy unter das organisatorische Dach der neuen Bundesakademie Wolfenbüttel zu bringen. Doch zunächst traf man sich letzten Herbst in der Bundesakademie Trossingen, der badischen Hohner-Stadt, der schon Peter Herbolzheimer durch die frühjährlichen Arbeitsphasen des Bujazzo vertraut war. Von John Ruocco und Erik van Lier, langjährigen Gefährten Herbolzheimers, und sechs für die einzelnen Sections zuständigen Dozenten angeleitet, hatten sich jetzt 44 Teilnehmer aus 5 Ländern versammelt. Bemerkenswert, dass die Perkussion ganz in weiblicher Hand lag, wie überhaupt ein Viertel der Versammelten weiblich war. Streng getrennt liefen die Workshops ohnehin nicht ab. So viele Überschneidungen wie möglich sollten vorkommen, das heißt dass die beiden Bands auch gemischt wurden, ganz im Geiste Herbolzheimers. „Die einen sollen die Begeisterung, die anderen die Lebenserfahrung weitergeben“, lautete einst sein Motto. Die Arrangements und Kompositionen des 2010 verstorbenen Meisters sowie andere Standards und Originals – insgesamt ein Repertoire von 19 Stücken – wurden in viertägigen Workshops erarbeitet. Neben der Arbeit mit einzelnen Sections stand regelmäßig auch die mit Bigband an. Nach intensiver Probenphase wurden die Ergebnisse in drei gut besuchten öffentlichen Konzerten präsentiert. Neben der lokalen Bundesakademie wurden Konzerte noch im 60 Kilometer entfernten Hohenzollernschloss Sigmaringen und im nahen Münsterzentrum Villingen gegeben. Es zeigte sich, dass die Peter Herbolzheimer European Jazz Academy seinen unverwechselbaren Sound weiterzutragen in der Lage ist. Mit sattem Klang und messerscharfen Bläsersätzen kamen Bigband-Fans voll auf ihre Kosten. Den Anfang machte die Greyhair Convention mit einem stürmischen „Begin the Beguine“ und dem Ohrwurm „Mambo pa ti“, die beide in die Karibik führten, einem starken „Heartland“ und dem diffizilen „Filibuster“. Knapp angeleitet von John Ruocco („gut spielen reicht nicht, man muss perfekt sein“), der mit murmelnder Moderation und buntem Hawaiihemd für Heiterkeit sorgte. Im zweiten Teil zeigte die junge MasterClass, ebenfalls eine Bigband, ihr Können. Hier gab Erik van Lier („Der Drummer ist der Boss“), der zuvor noch bei den Grey-hairs die Posaune blies, den Takt an. Der ekstatische „Blues in John“ kam an, was auch für den packenden „Blues in Latin“ galt. Der geballten Ladung Bigband setzten die Master Birds Zurückhaltenderes entgegen. Die fünf jungen Vokalisten summten, scatteten und trällerten Oldies wie „Hallo, kleines Fräulein“ und „My funny Valentine“. A capella erklang dann noch, Tribut an die weihnachtlichen Zeitläufte, „A child is born“. Was die Peter Herbolzheimer European Jazz Academy unter der Leitung von John Ruocco und Erik van Lier insgesamt zustande brachte, war virtuos und wuchtig, wenn auch die Soli nicht immer professionellen Glanz hatten. Ein zupackender Gesamtklang, der sich aus dem Blech von fünf Trompeten und vier Posaunen sowie dem Holz von fünf Saxophonisten speiste, konnte überzeugen. Peter Herbolzheimers Klangideen leben weiter, sein orches-trales Schaffen wirkt. Von der European Jazz Academy wird man weiterhin hören. Reiner Kobe |
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