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Das 2. Birdland Radio Jazz Festival fasste auf hohem Niveau und in gro-ßer Bandbreite wie in einem Brennglas zusammen, was hier das ganze Jahr über erlebt werden kann. Das Festival ist umso höher einzuschätzen, als es nicht als einsamer Event veranstaltet wurde, sondern in den ohnehin prall gefüllten Veranstaltungskalender des Neuburger Jazzclubs integriert war. Kaum einer Band dürfte die Integration von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Jazz so exorbitant gewitzt, spielfreudig und unverkopft gelingen wie dem Ray Anderson/Marty Ehrlich Quartet. Ray Anderson spielt die Posaune explosiv, schöpferisch, voller Energie, Spielwitz und Humor. Marty Ehrlich steht an Virtuosität, auch an Eindringlichkeit, trockener Ironie und lakonischem Witz nicht nach, während Brad Jones am Bass und Matt Wilson am Schlagzeug eines der frappantesten Rhythmusgespanne bieten, die der Keller unter der Hofapotheke je gesehen hat. Der junge Ingolstädter Pianist Simon Seidl hat sich seit seiner Auszeichnung mit dem Ingolstädter Jazzförderpreis 2007 in beachtlicher Weise weiter entwickelt. Erstaunlich war vor allem das perfekte und abgeklärte Zusammenspiel mit Robert Landfermann am Bass und Fabian Arends am Schlagzeug, zumal das Trio in dieser Besetzung das allererste Konzert bestritt. Wie Helmut Kagerer das Intro seines „Waltz for Jim“ spielte, klar, intim, verletzlich, das war große Kunst, erinnerte gleichermaßen an Jim Hall wie an Attila Zoller, war selbstredend zugleich unverkennbar Kagerer, neben Bernd Reiter am Schlagzeug, Renato Chicco an der Orgel und Stepháne Belmondo an Trompete und Flügelhorn einer der vier „European Leaders“, die in respektvollem Traditionsbewusstsein, lebendiger Improvisation und lockerem, selbstbewusstem Ensemblespiel mitreißen konnten. Der 52-jährige Saxophon-Star Kenny Garrett vertiefte sich mit einem erlesen besetzten Quintett – Vernell Brown am Piano, Corcoran Holt am Bass, Rudy Bird an der Percussion und McClenty Hunter am Schlagzeug – in weit ausufernde, intensive Improvisationen, deren dichte Spannungsbögen über weite Strecken reichten, die Zuhörer fast bis zur Atemlosigkeit mitnahmen, schier unauflöslich schienen, um schließlich nach kaum enden wollenden Soli auf den Punkt zu kommen. Star des Festivals und auch im verwöhnten Neuburg ein Gast mit hohem Seltenheitswert: Dee Dee Bridgewater samt Quartett mit einem fulminanten Auftritt im geradezu intimen Rahmen des rund 250 Zuschauer fassenden Stadttheaters. Dass sie das zunächst merkwürdig reserviert wirkende Publikum nicht aufgab und keinen Routineabend absolvierte, sondern alle Register ihres Könnens zog, um die „naughty Neuburgers“ für sich zu gewinnen, spricht umso mehr für eine der größten Jazzsängerinnen unserer Tage. Mit einem an Selbstbewusstsein, Variabilität, sprühender Spielfreude und unschlagbarer Bühnenpräsenz nicht zu überbietenden Konzert riss die Diva in kurzer Zeit alle mit und feierte einen mehr als denkwürdigen Abend. Mit einem leisen, aber umso intensiveren Konzert voller Poesie schließlich endete das 2. Birdland Radio Jazz Festival. Der holländische Pianist Wolfert Brederode eröffnete in überwiegend leisen, zarten Tönen gemeinsam mit Claudio Puntin an den Klarinetten, Mats Eilertsen am Bass und Samuel Rohrer am Schlagzeug eindringliche Klangwelten von ganz besonderem Reiz, meist in ruhigen, nuancenreichen Tönen, zeitweise fast sphärisch an einem Konzertabend, dessen zweiten Teil der BR im Rahmen der vierstündigen „Radio Jazz Nacht“ live in seinem zweiten Programm übertrug. Tobias Böcker/Christian Wurm |
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