|
|
|
|
Jazzzeitung
2013/01 ::: seite 10
Jazzförderung in Bayern
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Jazz als Kulturgut begreifen
BR-Jazz-Redakteurin Beate Sampson im Gespräch über Jazzförderung
|
|
|
|
|
JazzZeitung: Der Bayerische Rundfunk (BR) betätigt sich nicht nur journalistisch und als Produzent im Bereich Jazz, sondern fördert diese Musikrichtung auch. Wie sieht diese Förderung konkret aus?
Beate Sampson: Bands und Musiker aus Bayern sind in unseren Sendungen – der „Jazztime“ auf BR-KLASSIK und der „radioJazznacht“ auf Bayern 2 – regelmäßig vertreten, mit Neuerscheinungen und in Interviews. Speziell ein Format wie „Jazz auf Reisen“ fördert die bay-erische Musikszene seit Jahrzehnten, da sowohl die Künstler als auch die Spielstätten durch die gezahlten Mitschnittpauschalen von den Konzertmitschnitten profitieren. Aber auch die regelmäßigen CD-Koproduktionen sehe ich als Förderung.
JazzZeitung: Jazz wird augenscheinlich nicht so sehr gefördert wie andere Musikstile oder kulturelle Einrichtungen. Wie stehst Du zum Thema Jazzsubvention?
Sampson: Das ist mit Sicherheit Teil des aktuellen Diskurses. Jazzmusik hat sich über die Jahrzehnte von Unterhaltungsmusik hin zu einer auch akademisch geprägten Musik und damit einhergehend auch zur Kunstform entwickelt. Sie kann also beides: im Club unterhalten und als Kunst im Umfeld der sogenannten „Hochkultur“ wahrgenommen werden. Die „Spitzenkräfte“ im Jazz sind oft hervorragende Notisten, die auch klassisch spielen könnten, dazu noch improvisieren und zum Teil aufwändig und komplex komponieren. Daher hat Jazz durchaus die Berechtigung, gefördert und auch als Kulturgut begriffen zu werden.
JazzZeitung: NDR, SWR und WDR unterhalten jeweils eine eigene Bigband. Was tut der BR?
Sampson: Wir engagieren freie Big-bands für Konzerte und CD-Koproduktionen und schneiden natürlich Konzerte mit. Aus Bayern etwa die Al Porcino Big Band, das Würzburg Jazz Orchester, das ICI Ensemble, die Thomas Bendzko Bigband, das Harald-Rüschenbaum-Orchester und das Sunday-Night-Orchestra. Hätte der BR eine eigene Bigband, wäre der Jazz-Etat darin weitestgehend gebunden und wir könnten nicht mehr so flächendeckend die ganze Vielfalt mitschneiden und produzieren.
JazzZeitung: Sind in den verschiedenen Schienen – Radio, Mitschnitte, Produktionen und Auftritte – hauptsächlich bayerische oder internationale Musiker vertreten?
Sampson: Bei den Mitschnitten sind etwa ein Viertel bis zur Hälfte der Aufnahmen von bayerischen Bands und Musikern. Aber viele international arbeitende, bayerische Musiker leben inzwischen anderswo, sodass hier nicht immer eine klare Trennung vollzogen werden kann. Michael Wollny, Matthias Schriefl und Christian Elsässer zum Beispiel. Bei „Bühne frei“, der Jazzkonzert-reihe im Münchner Funkhaus des BR, werden dieses Jahr neun von elf Veranstaltungen mit Musikern aus Bayern stattfinden. Bayerische Jazzclubs, auch und gerade an kleineren Standorten wie Murnau, Pfaffenhofen, Weiden werden durch die „Jazz auf Reisen“-Mitschnitte gefördert. In der „radioJazznacht“ sind regelmäßig bayerische Studiogäste bei Marcus Woelfle zu Gast – wie Claus Raib-le, Hermann Breuer oder Naomi Isaacs.
JazzZeitung: Die deutsche Jazzförderung ist föderal organisiert: Kommune, Land und Bund bilden eine Pyramide. Die Landesarbeitsgemeinschaft Jazz in Bayern (LAG) hat einen neuen Vorstand gewählt. Welche Förderung von Seiten des Freistaates wünscht Du Dir für den Jazz?
Sampson: Zunächst muss die LAG als förderungswürdig wahrgenommen werden. Durch das jetzt herrschende Konstrukt, in dem offenbar die Fördermittel zum großen Teil an das Jazzinstitut in Regensburg und das Landesjugendjazzorchester fließen, besteht in den politischen Gremien wahrscheinlich der Eindruck, dass der Jazz schon ausreichend gefördert wird. Hier muss die LAG herausfinden, wie die eigene Bedarfslage aussieht und wer die Ansprechpartner dafür sind.
JazzZeitung: Welcher Maßnahmen bedarf es, damit die LAG strukturell und finanziell gut aufgestellt ist?
Sampson: Den finanziellen Aspekt kann ich aus meiner Warte nicht beurteilen. Wichtig ist, dass die LAG zunächst einmal wächst und ihr so viele Musiker beitreten wie möglich. Die LAG würde sicherlich auch davon profitieren, eng verzahnt mit der UdJ zusammen zu arbeiten, die ab diesem Jahr auf Bundesebene eine echte Verbesserung der Spielstättenförderung erreicht hat. Die Forderung nach Mindestgagen steht im Raum, und man muss sich überlegen, wie man sie sinnvoll umsetzen kann, und wie man sich auf solidarische Weise – auch mit den oftmals ehrenamtlich arbeitenden Clubbetreibern – auf gemeinsame Ziele und die Verteilung der Ressourcen einigen kann. Strategien, um den Jazz populärer zu machen, ein größeres Publikum mit ihm zu erreichen, sollten erdacht werden. Und eine gute Außendarstellung mittels einer übersichtlichen Website und Links zu den Internetseiten der Künstler ist wichtig, übrigens auch für unsere Arbeit im BR.
JazzZeitung: Was sagst Du zum Trägerwechsel des Jazzinstituts in Regensburg (es geht zum Verband Bayerischer Sing- und Musikschulen, wo auch schon das Landesjugendjazzorchester angesiedelt ist)?
Sampson: Wenn die LAG dadurch auf politischer Ebene zu der Adresse für die Belange der Jazzförderung in Bay-ern wird, fein! Aber auch, wenn ich befürchte, dass es bis zu dieser Anerkennung noch ein weiter Weg für die LAG sein wird, erscheint mir die klare Trennung unter den gegebenen Umständen die einzige Möglichkeit für einen wirklichen Neuanfang – während das Bayerische Jazzinstitut nun noch mehr Gefahr läuft, in die völlige Bedeutungslosigkeit abzudriften.
Interview: Andreas Kolb
|