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Ein begeistertes Publikum in der Universität von Palermo, jubelnde und tanzende Passanten bei einer Jamsession im Bergdorf Erice, ein ganzer Platz singt aus voller Kehle beim Open-Air-Konzert in Trapani – so etwas haben die jungen Musiker vom Landes-Jugendjazzorchester Bayern (LJJB) noch nicht erlebt. Open-Air-Konzert in Trapani. Foto: LJJB Und auch so eine Band dürfte auf dieser größten Insel des Mittelmeers eher eine Seltenheit sein. Unter der künstlerischen Leitung von Harald Rüschenbaum und mit Unterstützung des Goethe-Instituts München reiste das LJJB vom 7. bis 14. November 2012 nach Sizilien, um mehrere öffentliche Konzerte sowie eine Schulvorstellung in Palermo und Trapani zu spielen. Neben der Bigband-Konzertbesetzung war auch das erst vor kurzem gegründete Vokalensemble „Minoo“ mit dabei. Auf dem Programm standen zum einen Werke großer Arrangeure der Jazzgeschichte wie Sammy Nestico, Quincy Jones, Bill Holman und Bob Mintzer. Zum anderen wurden Stücke für Bigband plus Gesangsensemble gespielt, welche unter der Leitung von Karsten Gorzel in einem Kompositions-, Arrangement- und Improvisationskurs für fortgeschrittene Teilnehmer des Landes-Jugendjazzorchesters eigens für die Sizilien-Tour arrangiert worden waren. Mit bekannten italienischen Liedern wie „Volare“ und „O Sole Mio“, neu verpackt im Jazzgewand, spielte man sich in die Herzen der Sizilianer. Alles begann bei einem Auftritt der Bigband in Füssen im Frühsommer 2011. Es war ein heißer Tag und das Orchester spielte Open-Air in der prallen Sonne. Der Allgäuer Benno Osowski war unter den Zuhörern und sofort begeistert von der Energie und Spielfreude der jungen Jazzer. Er hatte die Idee, das Landes-Jugendjazzorchester in seine zweite Heimat Sizilien einzuladen. „Wenn sie es bei dieser Hitze aushalten, dann bestimmt auch in Sizilien!“, muss er sich gedacht haben. Es entstand der Kontakt zum Deutsch-Italienischen Kulturinstitut und zu den Amici Della Musica Trapani, es fanden sich zahlreiche Unterstützer. Im Herbst des 25-jährigen Jubiläumsjahres des LJJB war es schließlich so weit. Mit dem Bus ging es nach Genua, mit dem Schiff nach Sizilien. Das Gesangsensemble absolvierte einen Crashkurs Italienisch und den ersten Auftritt vor sizilianischem Publikum in der Lobby der Fähre, und nach einem gigantischen Sonnenuntergang erreichte man schließlich Palermo. Die Hauptstadt der Insel war voll von starken Eindrücken: beeindruckende Bauten aus einer anderen Zeit, elegant gekleidete Menschen, Palmen-bewachsene Piazzas, Kakteen in Töpfen am Straßenrand, der größte Gummibaum Europas, dicht gedrängte Gassen bis in den Morgen hinein, eine Mensa mit Holzofenpizza bis 22 Uhr, Milz im Brot als Spezialität und eine schockierende Wegwerfmentalität – keine Mahlzeit ohne Berge von Plastik. Der Zuschauerraum beim ersten Konzert im Palazzo Steri, einem historischen Gebäude der Universität, war bis auf den letzten Platz besetzt und das Publikum euphorisch. „So etwas hat Palermo noch nicht gesehen!“, war zu vernehmen, und ein alter Mann sang bei „O Sole Mio“ von den ersten Tönen an gerührt mit. Harald Rüschenbaum bedankte sich für einen so herzlichen Empfang: „Mille, mille grazie, mein Herz ist berührt. Wie schön kann diese Welt sein!“ Der Präsident der Universität sprach von einem „europäischen Abend“: „Es geht hier nicht um ein Europa der Finanzen oder ein Europa der Politik – das hier ist ein Europa der Kultur, ein Europa der Menschen.“ Mit einem Zwischenstopp bei den antiken Tempelanlagen von Segesta ging es weiter in die Küstenstadt Trapani, zum „Week End In Jazz“. Am Abend spielten die bayerischen Musiker dort in mehreren kleinen Ensembles auf verschiedenen Bühnen in der Altstadt. Die Zuhörer freuten sich – nach manch einem Auftritt standen sie Schlange, um sich persönlich zu bedanken und zu gratulieren. Tags darauf folgte ein Besuch in Erice, einem magischen Ort in den Bergen, und ein großes Abschlusskonzert der Bigband im Zentrum von Trapani. Vor der Heimreise spielten die jungen Jazzmusiker noch in einer Schule, wurden dort gefeiert wie Popstars und fanden auf dem Weg zurück nach Palermo sogar die Zeit für ein Bad im Meer. Diese Woche werden sie so schnell nicht wieder vergessen. Alessandro De Santis, Vorsitzender des Kulturvereins Amici della Musica Trapani, fand freundliche Worte zum Abschied: „Ihr kamt als Jugendorchester, heute verlasst ihr uns auch als Freunde. Ich hoffe, dass wir euch als solche bald wieder hier begrüßen dürfen.“ Julian Schunter |
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