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Ein kleines Team mit viel Output – das Jazzinstitut Darmstadt hat sich zur internationalen Anlaufstelle für Service und wissenschaftliches Arbeiten rund um den Jazz entwickelt. Es ist ein idyllisches Plätzchen. Das Bessunger Kavaliershaus wurde ursprünglich als Jagdschlösschen gebaut, damit der barocke Landgraf Ernst Ludwig seine Gesellschaften zum Rasten einladen konnte. Heute finden sich dort noch immer Jäger und Sammler ein, nur dass sie nicht mehr auf Wildbret, sondern auf Vinyl aus sind, Informationen horten, Forschungsprojekte vorbereiten. Denn seit 1997 hat in dem schmucken Bau das Jazzinstitut Darmstadt seinen Sitz, das bereits sieben Jahre zuvor im John-F.-Kennedy-Haus der Stadt die Arbeit aufgenommen hatte. Rund 50.000 LPs, 17.000 CDs, Tausende Schellacks und Bücher, außerdem etwa 60.000 Einzelhefte von 1.000 verschiedenen Zeitschriftentiteln kann man dort durchforsten, ein Paradies für Enzyklopäden, Wissens- und Musikhungrige. Drei SäulenVor allem aber kann man sich in allen Fragen beraten lassen, die irgendwie mit Jazz zu tun haben. „Letztlich arbeiten wir auf drei Ebenen, die sich aber in vieler Hinsicht überschneiden“, erklärt Wolfram Knauer, promovierter Leiter des Jazzinstituts und von Anfang an dabei, die Grundlagen der Aktivitäten. „Archiv, Dokumentation und Information ist das eine. Der zweite Bereich ist die wissenschaftliche Arbeit, vor allem die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung des Jazzforums. Als drittes gehört auch die Vor-Ort-Arbeit dazu, also die Veranstaltung von Konzerten, Workshops, Lobbyarbeit und Ähnliches. Die Schwerpunkte ändern sich laufend. Ich weiß morgens nicht genau, wie mein Tagesablauf sein wird. Manches ist Routine, aber dann bestimmen Telefonate, E-Mails oder Anfragen unsere Arbeit.“ Fragen & AntwortenNeben Wolfram Knauer sorgen Doris Schröder und Arndt Weidler als wissenschaftliche Mitarbeiter und eine Handvoll ehrenamtliche Überzeugungstäter dafür, dass das Jazzinstitut effektiv arbeiten kann. Sie systematisieren und katalogisieren gewaltige Mengen von Informationen und geben sie auf Anfrage beispielsweise in Form von Bibliografien, dem sogenannten Jazz-Index, weiter. Das hat ein bisschen etwas von Sisyphos, allerdings dem glücklichen, für den der Berg eine Herausforderung ist: „Wir versuchen, auf jede Frage eine Antwort zu haben, egal wie klug oder unpassend sie ist. Ob das ein Student ist, der eine Bibliografie über einen Musiker braucht, ob das Kopien sind oder Kontaktanfragen, überhaupt Verknüpfungen vieler Art – wir versuchen, da zu helfen. Und es ist so, dass auch im Internetzeitalter durchaus nicht jeder so gut vernetzt ist, dass er selbst das findet, was er sucht.“ Arbeitgeber DarmstadtMit dieser Haltung hat sich das Jazzinstitut Darmstadt über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg national und international einen Namen gemacht. Projekte wie der Wegweiser Jazz, eine zentrale Datensammlung zur Infrastruktur der Musik in Deutschland, aber auch Mailings wie der zweisprachige Zeitungsservice, der als eine Art „Perlentaucher“ für Jazz wichtige News zusammenfasst und kommentiert, werden umfassend und nicht nur von deutschen Spezialisten genützt. Möglich wird diese Kontinuität aber nur, weil das Jazzinstitut als städtische Einrichtung nicht jedes Jahr Energien auf die Akquise von Fördergeldern verschwenden muss. Rund 200.000 Euro lässt Darmstadt sich diese Kultureinrichtung kosten, alle zwei Jahre mit weiterem Zuschuss von bis zu 50.000 Euro für die Ausrichtung des Darmstädter Jazzforums. „Das ist einmalig in Deutschland und hat eine Tradition in der Stadt. Dazu muss man wissen, dass der Vater von dem Oberbürgermeister, der das Jazzinstitut durchgesetzt hat, die Ferienkurse für Neue Musik gegründet hat. Wahrscheinlich ist das auch nur in einer Gemeinde dieser Größe möglich und einer Stadt, die noch immer unter dem Trauma leidet, dass sie einst Landeshauptstadt war und im Krieg so zerstört wurde, dass die Landeshauptstadt nach Wiesbaden abgegeben wurde.“ Fazit: Mit einem sicheren städtischen Etat, zweieinviertel bestmöglich ausgenützten Planstellen, reichlich ehrenamtlichem Engagement, einer gut genutzten Immobilie und einem zumeist durch Stiftungen und Spenden gewachsenen Archiv kann man für den Jazz viel bewegen. Und doch gibt es noch reichlich zu tun. „Es ist ein echtes Manko“, meint Wolfram Knauer, „dass wir an keine Hochschule angebunden sind. So können wir nicht beeinflussen, welche Themen wissenschaftlich beispielsweise in Form von Hausarbeiten von Studenten bearbeitet werden.“ Der Berg der Aufgaben wird also nicht kleiner. Das Jazzinstitut Darmstadt aber ist eine gut aufgestellte Bodenstation, von der aus sich manches erklimmen lässt. Ralf Dombrowski
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