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Gary Giddins: Bing Crosby – a pocketful of dreams/The early years 1903–1940, Little, Brown and Company/Boston-New York-London, 728 SeitenBing Crosby war weit mehr als ein großer Sänger, der mit seiner sehr intonationssicheren Baritonstimme und seiner elegant-subtilen Phrasierungskunst die populäre Musik seiner Zeit auf eine neue Qualitätsebene gehoben hat, und er war weit mehr als ein bemerkenswerter Schauspieler – er war ein Symbol für das Lebensgefühl der USA in der erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Wer diese Zeit verstehen will, muss Bing Crosby studieren, seine Musik, seine Filme, seine Radiosendungen und ihren Einfluss auf die amerikanische Kultur („Bing was quintessentially American, cool and upbeat, never pompous, belligerent, or saccharine, never smug or superior. He looked down on no one and up to no one. In an age when other nations invested everything in despots, America could feel proud not only of Bing but of its pride in Bing.“ (S. 298). Das erstaunliche Buch von Gary Giddins – vielleicht sein bestes und wichtigstes bisher – bietet dazu einen idealen Einstieg. Es beruht auf einer unglaublichen Fülle von Daten und Fakten, die der Autor mit großer Akribie zusammengetragen und zu einem spannend zu lesenden Ganzen eingeschmolzen hat. Dazu trugen unter anderem 234 (!) Interviews bei, die er selbst führte. Ein Anmerkungsapparat von 49 Seiten im Kleindruck verdeutlicht die enorme Arbeit, die hinter diesem Buch steckt. Eine Diskographie (leider ohne CD-Angaben) und eine Filmographie ergänzen den flüssig geschriebenen Text. Er behandelt genau die erste Hälfte von Bing Crosbys Leben (er starb 1977) und vermittelt zugleich ein anschauliches, farbiges Bild von Gesellschaft und Kultur dieser Zeit. War Bing Crosby ein Jazzsänger? Die Antwort ist:
ja, unter anderem. Er wuchs mit dem Jazz auf und machte genügend
Aufnahmen mit Jazzgruppen und sang swingende Scatsolos, die seine Zugehörigkeit
zum Jazz belegen. Der erste große Jazzgitarrist Eddie Lang war sein
bester Freund und für ihn bis zu seinem Tod 1933 ähnlich wichtig
wie Joe Pass für Ella Fitzgerald.
Richard M. Sudhalter: Stardust Melody – The life and music of Hoagy Carmichael, Oxford University Press, New York, 432 SeitenEin hübscher Zufall (oder keiner?), dass zeitgleich mit Gary Giddins Biographie über Bing Crosby jetzt auch eine über Hoagy Carmichael erscheint, den Gentleman und Romantiker aus Bloomington/Indiana, der als Pianist und vor allem als Songkomponist einen speziellen Platz in der Musikgeschichte einnimmt. Mit „Rockin Chair“, „Georgia on my mind“, „Lazy River“ (zusammen mit Sidney Arodin), „The nearness of you“, „Skylark“ und vor allem mit „Star Dust“ hat er das Great American Songbook um Stücke ganz eigener Prägung und Qualität bereichert, in denen Erinnerungen an seine jungen Jahre in den 20er-Jahren und an seine Freundschaft mit Bix Beiderbecke anklingen. Über sein Verhältnis zum Jazz sagte er einmal: „None of my songs could have been written without a jazz background.“ Richard Sudhalter hat sich mit diesem Buch endgültig in die erste Garnitur der amerikanischen Jazzautoren „hineinge- schrieben“. Er bringt freilich für sein Thema auch besondere Voraussetzungen mit, denn sein Vater Al Sudhalter spielte als Altsaxophonist noch mit Bix Beiderbecke (keine Aufnahmen). Er selbst befasste sich schon früh als Kornettist eingehend mit der Bix‘schen Musik und schrieb 1974 sein erstes Buch unter dem Titel „Bix – Man & Legend“ (zusammen mit Philip R. Evans) Die Lebensgeschichte Carmichaels (1899–1981) erzählt er mit großem Einfühlungsvermögen und analysiert seine Songs und Texte mit feinem Gespür für Nuancen. Hoagy war wie Eddie Condon ein Meister der Selbstdarstellung, was in seinen beiden Büchern „The Stardust Road“ und „Sometimes I wonder“ sowie in einem weiteren, bisher unveröffentlichten Buchmanuskript deutlich zum Ausdruck kommt. Richard Sudhalter hat manches ein bisschen zurechtgerückt und ihm ein Denkmal gesetzt, auf das er sicher stolz wäre. Joe Viera |
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