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Seit etlichen Jahren gelten sie als Aushängeschild des Kultursponsorings der in Ingolstadt ansässigen AUDI AG. Die in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Rundfunk veranstalteten Sommerkonzerte zwischen Donau und Altmühl räumen in zunehmendem Maß neben vorsichtig dosierter zeitgenössischer „E“-Musik und der Reihe „Musik der Welt“ auch dem Jazz ein Plätzchen ein. Mit James Levine, Zubin Metha und Semyon Bychkov, dem Symphonieorchester des BR, den Münchener Philharmonikern und den Bamberger Symphonikern, dem Fine Arts Quartet, Daniel Barenboim, Waltraut Meier und anderen gaben sich in diesem Jahr etliche Stars der Klassikszene in Ingolstadt, Neuburg und Eichstätt die Klinke in die Hand. Das sorgte auch heuer wieder für die fast hundertprozentige Auslastung des Festivals, über die man in Ingolstadt seit Jahren so stolz ist. Man freut sich besonders darüber, dass ein großer Teil der Besucher aus der Region kommt und dass mit sehr preisgünstigen Eintritten Kultur auf hohem Niveau erschwinglich werde. Das Programm des Festivals geht schon seit Jahren weit über die Puristen-Klassik hinaus. „Wir versuchen unser Publikum mit einzigartigen und außergewöhnlichen Darbietungen zu begeistern“, so die Philosophie des Festivals. Das „überlegte Nicht-Konzept“ und eine bewusste Breite des Programms bewähren sich. „Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen und jeder geht zufrieden aus dem Haus.“ Die Resonanz gibt den Veranstaltern recht. In der Reihe Musik der Welt präsentierte man heuer ein breites Spektrum musikalischer Impulse und Impressionen von Ungarn und Georgien über Israel bis hin zu Japan und Afghanistan. Zeitgenössische „Klangspuren“ fanden sich in diesem Jahr in der Uraufführung der eigens für das Ingolstädter AUDI-Forum in Auftrag gegebenen „Toposonic Lines N`Rooms With Instruments“ des Künstlerpaares <sabine schäfer // joachim krebs>. Die beiden stellten in einem von Siegfried Mauser moderierten Gesprächskonzert mit dem Ensemble TrioLog dem Publikum ihre Komposition selbst vor. Im Mittelpunkt des differenzierten Werkes für vier im Raum frei positionierte Instrumentalisten und Raumklangkörper stand die Auseinandersetzung komponierter Musik mit dem digitalisiert „mikroskopierten“ Innenklang von Tierlauten und Naturgeräuschen. Seit einiger Zeit findet auch die improvisierte Musik Beachtung im Programm der Sommerkonzerte. Nach Oscar Peterson 2000 und der Begegnung von Dave Brubeck und Jaques Loussier auf der Bühne des Ingolstädter Stadttheaters 2001 konnte nun in Zusammenarbeit mit dem Birdland Jazzclub aus Neuburg an der Donau das Leadertrio Herbie Hancock, Michael Brecker und Roy Hargrove verpflichtet werden. Gemeinsam mit George Mraz am Bass und Willie Jones am Schlagzeug loteten die drei Superstars im Festsaal des Ingolstädter Stadttheaters ihre „Directions in Music“ aus. Inspiriert vom Genius Miles Davis wie John Coltranes gelang eine kaum zu überbietende Demonstration des modern Mainstream. Die intellektuelle Differenzierung von Oscar-Preisträger Herbie Hancock vollzieht sich in offenkundiger Spiellaune. Sein unverkennbarer Anschlag trägt die Spontaneität im Umgang mit dem Material zur Synthese von Intelligenz und Intuition. „The Sorcerer“, der Hexenmeister, als den er dereinst seinen Bandleader Miles Davis bezeichnet hatte, ist Hancock heute selbst. Michael Brecker schwärmt förmlich, als im Interview die Rede auf ihn kommt: „Er ist so ein genialer Freak, er hat eine ganz starke Verbindung zwischen rechter und linker Gehirnhälfte und er ist auf beiden Seiten brillant.“ Breckers so flüssig-geschmeidiges wie drive-betontes Spiel macht aus seiner Liebe zu John Coltrane keinen Hehl. „Seine Musik hat mich überhaupt erst auf den Trichter gebracht. Sie hat mich richtiggehend dazu katapultiert, Musik als Lebensaufgabe zu verfolgen. Beide, Miles und Trane hatten diesen Pioniergeist, waren sehr mutig, ließen sich durch die öffentliche Meinung nicht irre machen. Sie wurden beide ganz schön unter Druck gesetzt damals, wurden kritisiert dafür, dass sie Chancen wahrgenommen haben, aber sie haben sich beide aufgemacht auf ihre eigene Reise ins Unbekannte. Das hat meine Phantasie beflügelt und meine Neugier angespitzt, ich hab immer versucht rauszufinden, was das ist. Bis heute.“ Mit „Naima“, Coltranes Liebeserklärung an seine erste Ehefrau, lässt Michael Brecker – in blaues Licht getaucht allein auf der Bühne – Liebe und Klage, Sehnsucht und Zärtlichkeit in eins fließen. „Das ist ein Markenzeichen von Trane, eine wirklich schöne lyrische Komposition von ihm. Wie die Akkorde sich bewegen, das ist eine gute Sache für ein Solostück, eine sehr bewegliche Melodie. Ich liebe viele seiner Kompositionen, aber ‚Naima‘ ist eines meiner Lieblingsstücke.“ Während des gut achtminütigen unbegleiteten Solos hält das Publikum förmlich den Atem an. Als Dritter im Bunde des drei – „na ja, eher zweieinhalb“ – Generationen übergreifenden All-Star-Projekts verströmt Roy Hargrove an der Trompete explosive Energie, Attacke und spannungsgeladene Kreativität, trägt bei zu einer Hommage, die mitnichten dem Epigonentum, sondern vielmehr der Fortführung des Begonnenen mit eigenen Mitteln verpflichtet ist. „Roy spielt mit einer Reife, die weit über seine Jahre hinausgeht. Er ist sicher kein Youngster mehr, aber er spielt mit der Reife des Alters – er ist wie ein älterer Mann in einem jungen Körper.“ Das Publikum im restlos ausverkauften Festsaal des Ingolstädter Stadttheaters war hellauf begeistert. Nach solchem Erfolg sind die Organisatoren der Sommerkonzerte zwischen Donau und Altmühl gut beraten, wenn sie auch in Zukunft einen Jazz-Schwerpunkt bieten. Tobias Böcker |
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