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BlondSie ist blond (meistens) und singt Jazz. Nein, sie heißt nicht Diana Krall, kommt nie in die Pop-Charts und hat kein Management, das mit Sponsoren um Millionen feilscht. Natürlich kann sie auch überhaupt nicht Klavier spielen. Dennoch ist sie ziemlich omnipräsent: auf französischen Gala-Veranstaltungen, deutschen Open-Air-Bühnen, holländischen Straßenfesten und sonstwo. Sie jammt da mit jedem, kennt auf der Bühne keine Hemmungen mehr, scattet alle Saxophonisten nieder und ist immer nervig gut drauf. Worum es im Jazz geht, glaubt sie schon früh begriffen zu haben: Mit ihrer vor allem lauten Stimme stellt sie die tollsten Sachen an, verschleift Rhythmen und Worte, kreischt und jubiliert ihre Silben in den Himmel, und dazu springt sie noch wie ein fröhliches Rumpelstilzchen über die Bühne. In ihren Sternstunden bringt sie es sogar fertig, mit so sanften Worten wie „Softly, as in a morning sunrise“ oder „Why do you haunt me so?“ eine ganze Big Band zu überschreien. Immerhin fällt in diesen Momenten ihr europäischer Akzent weniger auf. Ihr „S“ zischt nämlich, ihr „L“ ist immer hart (das wirkt ja viel authentischer amerikanisch) und jeder beliebige Vokal der englischen Sprache ist bei ihr beliebig lange dehnbar. Ach ja: Ihr Timing entspricht in etwa der Geschmackssicherheit ihrer Garderobe. Natürlich duzt sie ihr Publikum, findet alles „ganz, ganz toll“, lacht zu viel und stellt dann noch den alternden Lokalmatador als den weltbesten Bassisten vor. (Was, Entschuldigung, versteht diese Frau vom Bass-Spielen?) OK, ich weiß, Sensibilität ist ein Fremdwort. Aber in jeder Sprache. Womit ich nur sagen will: Es gibt eine Menge Gründe, stattdessen Diana Krall zu mögen. Trotz Pop-Charts und Millionen. Und das Blond der Kanadierin ist auch noch echt. Rainer Wein
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