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Seit vielen Jahren kommt er immer wieder an die Donau, der Flensburger Martin Wind, der jüngst seine dritte CD unter eigenem Namen veröffentlicht hat: „The Soccerball“ mit Peter Weniger, Bill Mays und Matt Wilson. Für den seit 1995 in New York lebenden Bassisten ist die Sommerakademie in Neuburg ein Termin, auf den er sich immer wieder freut. Mit großem Engagement ist er bei der Sache, hat sich im Laufe der Jahre eine richtiggehende Fangemeinde erarbeitet, die regelmäßig an seinen Kursen teilnimmt. Die Neuburger Sommerakademie fand heuer bereits zum 24. Mal statt, 14 produktive Tage, die den Teilnehmer/-innen kreative Fortbildungsmöglichkeiten eröffnen. Zunächst bot die Sommerakademie in der Donaustadt „nur“ Malerei, seit sechzehn Jahren gibt es neben klassischer Musik auch Jazzkurse. Christian Willisohn, Gabriele Hasler, Jörn Schipper, Matthias Dörsam, Gustavo Bergalli, Hans Dekker und andere stehen auf der Dozentenliste der letzten Jahre. Im laufenden Jahr sind es neben Martin Wind noch Klaus Ignatzek, p, Wolf Mayer, p, Hugo Read, sax, Stephan Schmolck, b, Dirik Schilgen, dr, Charly Böck, perc, und Joseph Matare, Trommeln. Mehr als dreißig Kurse aus den Bereichen Musik, bildende Kunst und Theater und nicht nur so bekannte Namen wie Gisela May (Chanson), Jan Burdinski (Theater) oder Philippe Loli (klassische Gitarre) lockten bei der 24. Auflage gut 300 Teilnehmer/ -innen in die Donaustadt.
Die Neuburger Sommerakademie kann stolz darauf sein, dass sie die größte und eine der ältesten ihrer Art in Deutschland ist. Entstanden ist sie aus einer Privatinitiative der Neuburger Malerin Inge Schneider, die bis heute als „Mutter der Kompanie“ gilt. Seit 1987 hat Kulturamtsleiter Dr. Dieter Distl die Verantwortung für die umfangreiche Organisation. Für die musikalische Leitung zuständig ist der Berliner Klavierprofessor Herbert Wiedemann. Teilnehmer- und Dozentenkonzerte zeigen das hohe Niveau des Lehrangebots. Eine kleine Premiere bot sich heuer beim Dozentenkonzert von Klaus Ignatzek und Martin Wind mit Arrangements, die eigens für den Kurs entstanden waren. So fanden sich unversehens drei Geigenelevinnen und eine Flötistin auf der Bühne und integrierten sich in die improvisatorische Kreativität der beiden Meister. Die hatten ihrerseits sichtliche Freude am Zusammenspiel mit den Kursteilnehmerinnen. Während der Sommerakademie sprach Tobias Böcker mit Martin Wind. Jazzzeitung: Was bedeutet es für dich als Dozent tätig zu sein? Du bist ja sonst eher ein spielender Musiker. Martin Wind: Ich bin spielender Musiker, aber ich unterrichte auch wöchentlich zwei Tage in New York an der NY University. Ich bin 1995 rüber mit einem Stipendium des DAAD, hab da meinen Masters Degree gemacht. Die haben mich schon während des Studiums gefragt, ob ich auch unterrichten möchte. Das mache ich jetzt seit fünf Jahren: Einzelunterricht, E-Bass, Kontrabass, Klassik, Jazz und Betreuung von Combos. Ich bin auch regelmäßig als Dozent beim BuJazzO, seit ich da aktiv ausgeschieden bin. Am Anfang war das wie beim Spielen, man lernt erst mal durch’s Machen, wie’s läuft. Die Anfänge meiner Unterrichtstätigkeit waren wirklich hier in Neuburg. Als Dozent bin ich jetzt das fünfte oder sechste Mal hier. So langsam hab ich mir einen Stamm von Leuten aufgebaut, die regelmäßig kommen, nicht nur etliche Bassisten, sondern auch Streicher, sogar eine Flötistin. Neuburg ist auch fast die einzige Möglichkeit für Klaus Ignatzek und mich mal wieder zusammenzuspielen, und so etwas wie das Duokonzert im Stadttheater, da freue ich mich drauf. Jazzzeitung: Mir hat gut gefallen, dass ihr im Konzert die Kursteilnehmer mit einbezogen habt. Wind: Ja, das ist einfach das Flair dieser Sommerakademie, dass so was geht. Natürlich war das nicht 100%ig perfekt. Das muss auch nicht zur ständigen Einrichtung werden, aber es ist einfach mal was anderes. Außerdem wollten wir zeigen, dass es sich wirklich lohnt, hierher zu kommen. Jazzzeitung: Du lebst seit etlichen Jahren in New York. Gibt es eine gegenseitige Inspiration zwischen dem deutschen und dem amerikanischen Martin Wind? Wind: Ich weiß auf jeden Fall, dass ich hier Dinge gelernt habe, die ich da nicht gelernt hätte. Allein schon meine klassische Ausbildung ist mir sehr von Nutzen da drüben. Zum Beispiel kann ich gut mit dem Bogen umgehen. Das macht mich vielseitig. Außerdem bringe ich deutsche Tugenden mit: Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit. Das ist ein unschätzbarer Vorteil. Andererseits habe ich hier auch vieles vermisst, deshalb bin ich ja nach New York gegangen. Die Musiker kennen unglaublich viele Standards, die sind damit groß geworden. Auch das Aufeinander-Hören ist eine Kunst, die auf unglaublich hohem Niveau betrieben wird, egal wo und wann man spielt. Und die Kameradschaft ist eine andere in den Staaten. Es wird sich wirklich gegenseitig geholfen, auch wenn man eigentlich konkurriert. Jazzzeitung: Du bist inzwischen als Jazzmusiker gut etabliert. Was würdest du einem jungen Jazzmusiker sagen, worauf es ankommt? Wind: Ich nehme an, du meinst einen mit 18 oder 19, der vielleicht
gerade die Schule abgeschlossen hat. Der muss wissen, dass es jetzt um
die Wurst geht, dass eine ganz entscheidende Phase eintritt. Er muss sehen,
dass er einen guten Lehrer findet, er muss mit Hingabe und Zurückhaltung
arbeiten, muss versuchen, jede Quelle zu nutzen. Wenn jemand durch den
Ort kommt, ein Konzert spielt: hingehen, ansprechen. Respektvoll ansprechen.
Also ich hab zum Beispiel bei Rufus Reid oder Marc Johnson viel gelernt.
Die haben gemerkt, der meint’s ernst. Wir haben zwei oder drei Stunden
im Hotel uns mit Musik beschäftigt. Ich habe nie versucht, etwas
zu beweisen oder zu zeigen, was ich alles kann. Ich hab immer versucht,
einen Rat anzunehmen. Man muss auch Schwächen eingestehen können
und dazu lernen. Das hört nie auf. |
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