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Eine Reihe von überwiegend negativen, meist wirtschaftlichen Rahmenbedingungen begleiten seit Jahren die Veranstalter und Musiker in der Jazzszene in Deutschland. Die öffentliche Förderung lässt mehr als zu wünschen übrig und das nicht nur in den konjunkturbedingt schlechten Zeiten, die im Augenblick die Kommunen als in erster Linie verantwortliche Kulturträger treffen. Gerade im Bewusstsein von öffentlichen wie privaten Sponsoren wird der Jazz auch in seinen aktuellen Spielformen immer noch zu Unrecht mit der Kellermusik früherer Jahre identifiziert, wird vergessen, dass er in der Kulturlandschaft längst einen gleichberechtigten und wichtigen Platz unter den Künsten eingenommen hat. Erschwerend kommen besondere Belastungseffekte wie die Ausländereinkommenssteuer hinzu, die die meist kleineren Spielorte, wenn sie Wert auf ein internationales Programm legen, an den Rand der Existenz bringen. Die gerade verabschiedete Reform auf Bundesebene ändert daran nur Unwesentliches. Auf der anderen Seite bilden die Ausbildungsstätten immer mehr hochqualifizierte Musiker aus, die nach erfolgreichem Studienabschluss meist nicht ausreichend Gelegenheit haben, ihre musikalischen Ideen mit einem Publikum zu realisieren. Alle diese Gründe waren ursächlich dafür, dass sich in den letzten Jahren die wichtigsten Spielorte am Rhein in Nordrhein-Westfalen zusammengetan haben, um die Probleme gemeinsam zum Nutzen der Musik zu meistern. Begünstigt wurden sie bisher bei diesem Vorhaben von dem Förderkonzept der regionalen Kulturpolitik des Landes, das die Schaffung von kulturellen Netzwerken fordert und nachdrücklich fördert. Unter anderem führte dies auch dazu, dass sich die vier Großstädte Bonn, Köln, Düsseldorf und Duisburg zu einer Arbeitsgemeinschaft, der „Rheinland AG“, zusammengeschlossen haben. Damit soll das Kulturgeschehen effektiver im Sinn einer europäischen Kulturmetropole, die diese Region seit langem darstellt, gestaltet werden. Der Bonner Jazz-Zirkel e.V., die Initiative Kölner Jazz Haus e.V., Jazz in Düsseldorf e.V. und das Festivalbüro der Stadt Duisburg taten sich zusammen und fanden dabei die nachdrückliche Unterstützung der „Rheinland AG“ und des Kulturministeriums, wozu sich noch die Stiftung Kunst und Kultur des Landes NRW gesellte. Im Herbst 1999 hatte es zunächst in Bonn, Köln und Düsseldorf unter dem Titel „Jazzstream“ ein kleines mehrtägiges Festival gegeben, bei dem man sich auf ein gemeinsames Programm mit internationalen und regionalen Künstlern und mit einer übergreifenden Öffentlichkeitsarbeit beschränkte. In der Nachschau genügte dies den Beteiligten nicht, um das Ziel
einer effektiveren Gestaltung des Musikgeschehens zu erreichen. Man besann
sich auf die Idee der Stadtmusik aus den 80er Jahren, bei der gemeinsam
mit dem WDR versucht worden war, neue Ideen zutage zu fördern. In
etlichen Gesprächsrunden in der Federführung der Initiative
Kölner Jazz Haus entstand schließlich, inzwischen auch hier
gemeinsam mit dem WDR, eine Konzeptidee, die gleichermaßen den Musikern,
den Spielorten, den Hörern und vor allem der Musik zugute kommen
sollte. Es wurde der Name „Jazz Art“ wie auch ein passendes
Layout („jazza r t“) gefunden, das den Anspruch der improvisierten
Musik, Teil der Künste zu sein, unterstreichen sollte. In allen einschlägigen
Fach- wie allgemeinen örtlichen, regionalen und überregionalen
Zeitschriften und Zeitungen fand im Sommer 2001 eine Ausschreibung statt,
mit der Vorschläge für einige ausgewählte Musiksparten
gefunden werden sollten. Wie bei der „Stadtmusik“ sollten
die Begriffe Jazz und aktuelle Musik nicht zu eng gesehen werden. Möglichst
viele kreative Strömungen, auch in Grenzbereichen zur Rockmusik,
zur Elektronik oder Neuen Musik sollten nicht ausgeschlossen, sondern
vielmehr gezielt angesprochen werden. In der Kategorie „Working Bands“ sollten die kleineren Ensembles im Jazz erreicht werden, die erwähnten Grenzbereiche schließlich mit den Sparten „The Art of Turntablism“ und „New Media & Performing“. Außerdem wurde ein persönlicher Bezug der beteiligten Musiker zum Rheinland vorausgesetzt, ging es doch um die eigene Szene, die sonst bei großen Festivals im eigenen Land immer zu kurz kommt. Die Reaktion auf die mit wenigen Wochen sehr kurzfristig angelegte Ausschreibung war riesig. Die mit Huub van Riel (Bimhuis Amsterdam), Django Bates, Nils Petter Molvaer und Ulrich Kurth (WDR) überwiegend international und zur Hälfte mit Musikern besetzte Jury musste aus über zweihundert Einsendungen auswählen. Der Etat von ungefähr einer Viertel Million Mark, finanziert aus Mitteln der Städte, des Landes, der Landesstiftung, des WDR und von Eigenmitteln der Veranstalter, machte dann ein Festival möglich, das in zwei Tranchen aufgeteilt an fünf Tagen im Januar und drei Tagen im Februar die Preisträger an mindestens zwei der vier Spielorte präsentierte. Die Spielorte waren die Harmonie in Bonn, der Stadtgarten in Köln, die Jazzschmiede in Düsseldorf und das Kulturzentrum HundertMeister in Duisburg. Als „jazza r t“ Orchester wurde das United Women Orchestra unter der Leitung von Christina Fuchs und Hazel Leach ausgewählt. Als beste „Working Bands“ stellten das Achim Kaufmann Quartett, das Stefan Heidtmann Project, das Duo Thomas Heberer und Dieter Manderscheid, das Nils Wogram Sextett, Céline Rudolph und ihre Gruppe „Fabula“, das Matthias Schubert Quartett und Christopher Dells „D.R.A.“ vor. Die Sparte „Turntablism“, jene DJ-bestimmte Musik, blieb unbesetzt, eine erste Erkenntnis zu der Frage, was man mit einer Ausschreibung zur Zeit an aktueller Qualität erreichen kann. Interessante Ergebnisse aus der Branche „New Media“ brachten schließlich Haden Chisholms „New Movement Exercises“, Frank Schultes „Projektionen“ und Norbert Schollys „Box of Toads“. Ob im Ergebnis wirklich neue Produktionen, Ideen, vielleicht Visionen bei dieser ersten „jazza r t“-Runde herausgekommen sind, bleibt der Reflektion und sorgfältigen Auswertung aller Beteiligten überlassen. Selbst wenn es nicht nur „neuer Wein“ war, den die Jury völlig unabhängig ausgewählt hat, ist schon heute festzustellen, dass es am Rhein noch nie eine so komprimierte Präsentation der aktuellen Musik aus der eigenen Region gab, die fernab von den großen internationalen Namen, aber unter professionellen Bedingungen aufgearbeitet und vom WDR aufgezeichnet und gesendet wurde. Interessant ist auch, dass die Jury glaubte, einen ganz eigenen „Rhine-Style“ aus den Projekten herausgehört zu haben. Nach Django Bates soll es sich dabei um etwas „Dunkles, Geheimnisvolles, aber auch Kraftvolles“ handeln. Hans-Jürgen von Osterhausen |
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