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Jazzzeitung
2008/02 ::: seite 10
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Wein, Berge, Jazz
Das Südtirol Jazzfestival Alto Adige im Juni 2008
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Das 26. Südtirol Jazzfestival Alto Adige hat am 6. Juni auf Schloss
Sigmundskron bei Bozen Premiere. Über die neue Ausrichtung und das
Programm sprach die jazzzeitung mit Klaus Widmann, dem Präsidenten
des Festivals.
jazzzeitung: Dieses Jahr steht vor allem die Gitarre im Zentrum des
Südtirol Jazzfestivals. Kann man das so sagen?
Widmann: Das stimmt nur teilweise. Ich bin ein Fan von Jazzgitarre und
deswegen gibt es immer ein paar Gitarristen. Auch heuer kommt Bireli
Lagrene, der schon oft bei uns zu Gast war. Er wird mit Freunden die
Eröffnung des Festivals auf Schloss Sigmundskron, dem Zentrum von
Reinhold Messners Museumsprojekt MMM, gestalten. Allerdings nicht im
Gypsy-Style, sondern modern. Weitere Gitarristen sind der Sarde Paolo
Angeli, der Ungar Ferenc Snetberger und der Österreicher Helmut
Jasbar.
jazzzeitung: Schloss Sigmundskron ist ein Ort
mit einer unglaublichen Atmosphäre, ein Ort, der tausend Möglichkeiten
bietet, ihn zu bespielen. Was haben Sie 2008 dort vor?
Widmann: Im ersten Hof entstehen kleinere Konzertsituationen,
mit einer Einleitung, Trompeten auf den Mauern, Gitarrenmusik solo, Ansprachen.
Es folgt eine ausgiebige Pause, wo man im Ambiente von Ruine und Museum
sich unterhalten kann, herumgehen, etwas trinken oder essen und so weiter.
Danach tritt auf der großen Bühne eine regionale Big Band
auf mit dem argentinischen Saxophonisten Javier Girotto, Bireli Lagrene
kommt als guest dazu. Später dann eine französische Gruppe
und schließlich die Elektrik Band von Bireli mit Hadrien Feraud.
Eine lange Nacht der Musik unter freiem Himmel und mit manchen Überraschungen.
jazzzeitung: Das Jazzfestival ist zum zweiten
Mal auf Schloss Sigmundskron. Kann man sagen, Reinhold Messner ist ein
Jazz-Fan?
Widmann: Ich glaube nicht, dass er ein Jazz-Fan ist.
Aber ich glaube, dass Reinhold Messner jemand ist, der allem gegenüber offen ist,
der gerne neue Wege beschreitet. Und neue Wege will auch das Südtirol
Jazzfestival beschreiten.
Jazzzeitung: Wer kommt noch aufs Südtirol Jazzfest?
Widmann: Neben Hadrien Feraud, dem jungen französischen E-Bassisten,
auch italienische Musiker wie Giovanni Guidi ein von Musica Jazz prämierter
Nachwuchsmusiker, Francesco Bearzatti, Luciano Biondini, Aldo Romano,
Riccardo Arrighini und Barbara Casini. Sonst internationale Stars wie
Tania Maria, Martial Solal, Trilok Gurtu, Evelina Petrova mit Alexander
Balanescu, Roswell Rudd und Roberto Fonseca. Während des ganzen
Festivals sorgt die portugiesische Straßenband Farra Fanfarra für
Stimmung in den Straßen und Plätzen der Südtiroler Städte
und im Innenhof des Campofranco im Stadtzentrum von Bozen feiern Musiker
aus Südtirol mit sardischen und palästinensischen Rappern.
Eine tolle Sache ist auch das Konzert mit Silvana Deluigi in Sterzing.
Sie kommt mit einer Quartettbesetzung, die sie extra für unser Festival
zusammengestellt hat.
Jazzzeitung: Wird das Jazzfestival zum Bürgerfest, zum touristischen
Event? Welche Rolle spielt das Programm für den Kenner überhaupt
noch?
Widmann: Ich möchte aus dem Südtirol Jazzfestival Alto Adige
ein großes Festival mit nationalem und internationalem Publikum
machen, Musik mit den Besonderheiten Südtirols verbinden. Auch das
Zusammentreffen verschiedener Kulturen kann befruchtend wirken. So wird
zum Beispiel an einem Abend mit Paolo Fresu, Stefano Bollani, Gian Maria
Testa und der Sängerin Petra Magoni italienisches Liedgut und Jazz
vermischt. Damit bedienen wir die Italianitá in Südtirol.
Und zwar auf hohem und internationalem Niveau.
Jazzzeitung: Ihr bespielt inzwischen ganz Südtirol. Warum ?
Widmann: Ich habe den Anspruch, den Jazz in Südtirol populärer
zu machen und erhoffe mir dann auch mehr Unterstützung. Wir spielen
außer in Bozen auch in Meran, Gröden, Sterzing, Brixen, im
Grödner Tal. Dass Südtirol so stark einbezogen wird, die Berge,
die Schlösser, der Wein und so weiter, das macht unser Festival
besonders attraktiv.
Jazzzeitung: Also ein Festival, wo man nicht
nur Musik entdecken kann, sondern auch Stadtkultur und Landkultur?
Widmann: Die Idee ist, dass sich Südtirol hier mit einem musikalischen,
internationalen und modernen Kulturprodukt darstellt. Das ist für
Südtirol etwas Neues, weil wir uns im kulturellen ganz stark über
Tradition und oft leider auch über Kitsch dargestellt haben. Jetzt
stellen wir uns mit etwas dar, was nicht typisch Südtirol ist, aber
was in Verbindung mit Südtiroler Eigenheiten, Traditionen, Kulturen
wieder eine interessante Mischung geben kann.
Jazzzeitung: Wie finanziert sich das Südtirol Jazzfestival?
Widmann: Wir erhalten eine ordentliche öffentliche Unterstützung
von Land, Region, Kommune, die über 60 Prozent des Gesamtbudgets
liegt. Den Rest bestreiten wir mit Sponsorengeld und Einnahmen. Diesen
Bereich wollen wir noch ausbauen. Man darf nicht vergessen, unser Festival
ist 25 Jahre alt. Aber erst in den letzten sechs Jahren ist es mir gelungen,
das Budget zu vervielfachen. Somit ist da schon sehr, sehr viel gewachsen.
Jazzzeitung: Auch in diesem Jahr gibt es eingeflochten ins Festivalprogramm
ein Symposium. Was ist das Thema?
Widmann: Das Symposium, das letztes Jahr von uns initiiert wurde und
von der europäischen Akademie in Zusammenarbeit mit der Uni Bozen
organisiert wurde, beleuchtete die Zusammenhänge zwischen Kultur,
Wirtschaft und Tourismus. In diesem Jahr geht es um die Auswirkung von
Kultur über Kreativität und Innovation auf den Standort. Jazzzeitung: In Meran steht ein Frauenmuseum,
das zeitgleich eine Tagung durchführt. Da habt ihr ganz interessant darauf reagiert.
Widmann: Das Meraner Musik Projekt läuft unter dem Titel „Frauen
im Jazz“. Die vier Konzerte, die in Meran stattfinden, sind dieses
Jahr ausschließlich mit Frauen als Leader-Musikerinnen. Es kommen
die französische Sängerin Anne Ducros mit ihrem Quartett plus
die amerikanische Saxophonistin Ada Rovatti. Helga Plankensteiner, eine
Südtiroler Saxophonistin, trifft in einem eigenen Projekt ebenso
auf Ada Rovatti. Unser Festival korrespondiert mit einer Tagung über
Frauenmuseen, die vom 11 bis 13 Juni 2008 in Meran stattfindet. Unter
anderem ist auch die iranische Nobelpreisträgerin Irin Shebadi präsent.
Jazzzeitung: Es gibt erstmals vier Weinbauernhöfe als Spielstätten
und zwei Termine am Berg: Kränzelhof in Tscherms bei Meran, Messnershof,
Thurnhof und Nusserhof bei Bozen, Konzerte am Kohlerer Berg und auf der
Comici Hütte in Gröden. Da darf man aber keinen Dixieland-Frühschoppen
erwarten, sondern wirklich modernen Jazz?
Widmann: Moderner Jazz, natürlich, auch Workshops für Gesang
und Klavier, sogar Puccini im Jazz wird es da geben. Interview: Andreas Kolb
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