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Jazzzeitung

2008/02  ::: seite 3

berichte

 

Inhalt 2008/02

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig / Die Abenteuer des Werner Steinmälzl, Teil 2


TITEL - With a little help
Die Münchner Unterfahrt feiert 30-jähriges Bestehen


DOSSIER
- Die Abstraktion des Blues
Die Bebopper komponierten die Zukunft • Von Hans-Jürgen Schaal

Berichte
39. Internationale Jazzwoche Burghausen // Sidsel Endresen trifft bei „Humcrush“ auf ein Duo der Extreme // „Women in Jazz“ in Halle (Saale) 2008 // Klima Kalima gewinnt den MVV Energie Bandpreis 2008 // Die 7. Cologne Jazz Night der Hochschule für Musik Köln // Stimmenfang Festival Nürnberg 2007 // Südtirol Jazzfestival Alto Adige im Juni 2008


Portraits

Das Schulprojekt „Bluestrings“ // Der Gitarrist Andreas Dombert // Der Klarinettist Lajos Dudas // Benjamin Schaefer // Sänger Michael Schiefel in New York


Jazz heute und Education
Manfred Schoof im Interview zu Jazzförderung und Urheberrecht // Newburgh, USA: der Percussionist Jeff Haynes unterrichtet Senioren //
Oscar Petersons Solo über „Alice In Wonderland“

… und mehr im Inhaltsverzeichnis

 

Paulchen, Brad & Pop

Die 39. Internationale Jazzwoche Burghausen

Manchmal ist es gleich in doppelter Hinsicht schade, wenn ein eigentlich gutes Veranstaltungskonzept nur zum Teil aufgeht. In doppelter Hinsicht deshalb, weil eine solche Situation sowohl den Veranstalter als auch die Künstler in gleichem Maße trifft. So konnte sich das Konzept der Burghausener IG Jazz, mit überwiegend nicht ganz so bekannten, aber dadurch erschwinglicheren Ensembles – das in den letzten Jahren beim Publikum aufgrund der moderaten Eintrittspreise durchaus ankam – im Rahmen der diesjährigen und damit 39. Internationalen Jazzwoche nur zum Teil durchsetzen.

Foto: Georg Willmerdinger

Bild vergrößernFoto: Georg Willmerdinger

Beim Auftakt-Doppelkonzert des „Brad Mehldau Trios“ und der Big Band um Vokalist Tom Gaebel war am Mittwoch abend die Burghausener Wackerhalle nur gut zur Hälfte gefüllt. Das war zwar für den farblos und oberflächlich agierenden Sinatra-Verschnitt Tom Gaebel durchaus angemessen, für die hohe künstlerische Reife des Mehldau-Trios aber schade. Noch mehr trifft das auf die faszinierend virtuos aber auch bestechend einfühlsam agierenden Mitglieder des „Michel Camilo Trios“ zu, das am Donnerstag abend zusammen mit dem ebenfalls überzeugenden Nachwuchsquartett der Wasserfuhr-Brüder vor einer nur zu einem Drittel gefüllten Wackerhalle auf der Bühne stand.

Was der erst 20-jährige Trompeter Julian Wasserfuhr an künstlerischer Reife in dem teils Chet Baker gewidmeten Programm vorzuweisen hatte, konnte sich zweifelsohne hören lassen. Neben einem sensiblen Gespür für Spannungsbögen bestach er durch eine Zirkulationsatemtechnik vom feinsten. Lob gebührt auch der kreativen Machart der Eigenkompositionen dieser Formation, der neben Julians Bruder Roman Wasserfuhr am Klavier auch der Kontrabassist Dietmar Fuhr und der Drummer Jonas Burgwinkel angehörten. Der später hinzugezogene Gitarrist und Vokalist sang dann noch ganz unterhaltsam einige Standards wie „Love For Sale“ und spielte fingertechnisch anspruchsvolle Soli, die allerdings manchmal etwas mehr Gefühl vertragen hätten können.

Die unglaubliche Virtuosität, mit welcher Pianist Michel Camilo (unser Foto), aber auch Kontrabassist Charles Flores und Schlagzeuger Danfis Prieto zu Werke gingen, machte den Auftritt des „Michel Camilo Trios“ zusammen mit einem innigen Gespür für emotionale Tiefen in den Balladen zu einem Klangerlebnis der höchsten Kategorie. Diese Weltklasse-Vorstellung hätte wirklich mehr Publikum verdient gehabt.

Am Wochenende war die Bude dann allerdings voll, und gerade das wäre beim Auftritt der Damen und Herren der Soul- und Weltmusikformation „Zap Mama“ nicht nötig gewesen. Denn im Gegensatz zu früher zeigte die nun siebenköpfige Gruppe, was aus der einst anspruchsvollen A-cappella-Verarbeitung von afrikanischen Vokalklängen geworden ist, nämlich ein Show-Event, bei dem kurze Röcke, netzbestrumpfte Beine, überflüssige Bühnenrequisiten und eine zu oft von sich selbst fabulierende Front-Lady wichtiger zu sein scheinen als die musikalische Darbietung. Letztere erschöpfte sich leider viel zu oft in einer großen Nähe zum oberflächlichen Pop.

Das hinterher in der Wackerhalle auftretende „The Big 3 Palladium Orchestra“ hatte den Publikumszuspruch allerdings verdient. Denn die mitreißende Big Band ließ die legendären Mambo-Nächte des New Yorker „Palladium Ballroom“ aus den fünfziger Jahren fesselnd wieder auferstehen und brachte mit dem Santana-Dauerbrenner „Oye Como Va“ aus der Feder von Tito Puente in der Zugabe die kochende Halle auch noch zum Tanzen.

Beim traditionellen samstäglichen Bluesnachmittag beeindruckte vor allem die Combo um Altmeister Ernest Lane durch knackige Bläsersätze, mitreißende Soli und packende Grooves.

Während am Samstag abend in der prall gefüllten Wackerhalle die „Dirty Dozen Brass Band“ sowie Paul Kuhn mit „The Best“ und dem Filmorchester Babelsberg auftraten, gab sich mit Rashied Ali, Charles Gayle und Sirone einerseits und dem indischen Perkussionisten Trilok Gurtu zusammen mit dem „Arkè String Quartet“ andererseits, im ebenfalls vollen Burghausener Stadtsaal die experimentelle Szene die Ehre.

Besonders das Trio aus Ali, Gayle und Sirone konnte durch eine faszinierend lebendige Bühnenkommunikation fesseln. Der schwarz gekleidete Charles Gayle erzählte Geschichten auf seinem weißen Altsaxophon, die fernab von jeglicher Schwarz-Weiß-Malerei anzusiedeln waren und auch die filigransten Zwischentöne der zwischenmenschlichen Gefühlspalette miteinbezogen. Mal aggressiv, mal weinend, dann wieder in der Dialektik zwischen selbstbewusst und schüchtern pendelnd und auch schon mal einen Standard wie Coltranes „Naima“ verarbeitend, gab Gayle so ziemlich alles, was man sich an Tönen auf einem Saxophon vorstellen kann.

Sirone stand ihm in nichts nach, agierte und reagierte mit Einfühlungsvermögen, setzte passende Orgelpunkte in hohen Lagen, glitt stufenlos auch in Doppelgriffen und durchlebte emotionale Ausbrüche in wilden perkussiven Tremoli, die er spontan pizzicato oder mit dem Bogen ausführte.

Interessant war die Rolle des Schlagzeugers Rashied Ali, der zwar selten durch einen Beat, aber fast immer durch einen durchlaufenden Puls die Ausführungen des Trios in der kollektiven Improvisation zusammenhielt. Am Sonntag nachmittag erlebte man zum dritten Mal die 2006 eingeführte Reihe „Next Generation Day“, welche dem Nachwuchs im Stadtsaal ein Forum bietet. Erfreulicherweise war der Publikumszuspruch hier beachtlich und das völlig zu recht. Denn Nachwuchs-Formationen wie das „Lorenz Hargassner Quartett“ oder das „Adrian Reiter Quartett“ boten schon eine beeindruckende künstlerische Reife.

Im Jazzkeller sorgte als Sessionband das „Lafayette Harris Jr. Trio“ wie schon 2005 mit diversen Gastmusikern täglich bis in den frühen Morgen für Stimmung, und am Samstag wurden die Kneipen der Altstadt im Rahmen der traditionellen Jazznight wieder zum Forum für unbekanntere und regionale Größen. Insgesamt gesehen erlebte man somit auch in diesem Jahr eine gelungene Jazzwoche, sieht man einmal vom spärlichen Publikumszuspruch der beiden Anfangstage ab.

Stefan Rimek

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