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Im Februar hat die IG-Jazz Rhein-Neckar in Mannheim zum dritten Mal den Neuen Deutschen Jazzpreis ausgerichtet. Bei ihrer diesjährigen Ausgabe hat der Wettbewerb sein „Problemkind-Image“ abgestreift und sich als wichtiges Schaufenster für Jazzbands aus Deutschland präsentiert. Die diesjährigen Gewinner des Preises sind Klima Kalima aus Berlin.
Nach einer sehr schlecht besuchten Veranstaltung im vergangenen Jahr hatten die Verantwortlichen der IG Jazz alle Mühe, Sponsoren und Förderer bei der Stange zu halten. Durch die Vermittlung von Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz gelang es schließlich, die Förderung auch für dieses Jahr zu sichern. Der Verlauf des diesjährigen Wettbewerbs dürfte schließlich zur Zufriedenheit aller geführt haben, denn die zweitägige Veranstaltung in der Mannheimer Feuerwache entpuppte sich als Publikumsmagnet, und am Wettbewerbsabend mussten die Helfer noch jede Menge Extra-Stühle für die unerwartet zahlreich erschienenen Gäste aufstellen. Die Besonderheit des Neuen Deutschen Jazzpreises besteht abgesehen von seiner Höhe, er ist mit 10.000 Euro der höchstdotierte Jazzpreis in Deutschland, in seiner ungewöhnlichen Jury. In Mannheim entscheidet kein Konglomerat aus Profis über die Vergabe des Preises, sondern das Publikum. Die Eintrittskarte ist auch gleichzeitig der Stimmzettel. Allerdings schaffen es nur drei Bands in die letzte Runde auf die Bühne der Alten Feuerwache, denn die Vorauswahl liegt dann doch in den Händen einer professionellen Jury. Sie reduziert die eingereichten Bewerbungen, in diesem Jahr waren es 175, auf zwölf Bands, aus denen ein Kurator dann die drei Finalisten auswählt. Diese Aufgabe sollte in diesem Jahr der bald 85-jährige Charlie Mariano übernehmen, doch der musste aus gesundheitlichen Gründen im Vorfeld der Veranstaltung absagen. Kurzfristig sprang für ihn sein Kollege der Pianist Jasper van‘t Hof ein und wählte Klima Kalima, Lars Dupplers „Alliance Urbaine“ und Spaniol 4 ins Finale. Ein Wermutstropfen blieb jedoch, denn Charlie Mariano sollte beim Jazzpreis nicht nur die Rolle des Kurators übernehmen, sondern am Eröffnungsabend zusammen mit Jasper van‘t Hof und dem Gitarristen Philip Catherine ein Reunionkonzert der legendären 70er-Formation „Pork Pie“ geben. Diesen Eröffnungsabend bestritten Catherine und van’t Hof dann stattdessen mit dem jungen belgischen Geiger Alexandre Cavalière. Schnell war klar, dass die Akteure sich nicht mit langen Proben aufgehalten hatten, was aber nichts ausmachte, denn es war eines dieser Konzerte, bei denen zwar einiges daneben geht, man sich aber nie langweilt. Die Themen der Stücke von van’t Hof und Catherine mochten gewöhnungsbedürftig sein, der Groove jedoch war unwiderstehlich, und der junge Alexandre Cavalière brauchte nicht lange, um mit seinen wilden, technisch aber immer exakt ausgeführten Improvisationen das Publikum zu gewinnen. So machte der Eröffnungsabend Lust auf die drei Finalisten. Die durften sich zunächst an einer rappelvollen Feuerwache erfreuen, denn zum Wettbewerb kam das Publikum noch zahlreicher als am Abend zuvor. Und es bekam drei Bands zu sehen, die vor allem durch die Qualität ihrer eigenen Stücke überzeugen konnten. Besonders Lars Dupplers oft ruhige Impressionen hatten kompositorisch einiges zu bieten. Spaniol 4 bestachen durch einen sehr homogenen und transparenten Ensembleklang. Rein energetisch konnten aber beide Bands dem dritten Mitbewerber Klima Kalima nicht das Wasser reichen, deren Auftritt einen dampfwalzenartig überrollte. Kompositorisch weniger ausgefeilt als bei den anderen Bands, zeigten die Stücke mehr Bandbreite und stießen auch in gitarrenorientierte Bereiche wie Bluegrass und Bluesrock vor. Kalle Kalima spielt seine Gitarre bewusst rockig und gibt damit dem Trio einen ungewöhnlich dichten Sound. Ob es dieser Sound war, der das abstimmende Publikum überzeugte, oder die knallig bunten Anzüge und die fulminante Bühnenpräsenz, Klima Kalima wurde am Ende des Abends zum Gewinner des MVV Energie Bandpreises gewählt und durfte die 10.000 Euro mit nach Hause nehmen. Der mit 1.000 Euro dotierte Maritim-Solistenpreis ging an den Klima-Kalima-Schlagzeuger Olli Steidle. Kleiner Schönheitsfehler bei diesem Wettbewerb bleibt weiterhin, dass zwei der Finalisten mit dem sprichwörtlichen feuchten Händedruck nach Hause fahren müssen, da sich für einen zweiten und dritten Preis noch keine Sponsoren gefunden haben. Ein Umstand, der sich vielleicht schon im nächsten Jahr ändern kann, nachdem die IG-Jazz diesen Publikumserfolg verzeichnen konnte. Klima Kalima braucht sich darüber keine Gedanken zu machen. Die Band schmiedet schon Pläne: Mit dem Preisgeld soll natürlich erst einmal eine neue CD aufgenommen werden, und wenn dann noch etwas übrig bleibt, wollen die Musiker einen extravaganten Bandausflug unternehmen: ein Segelboot mieten und damit über einen See schippern. Jörg Lichtinger |
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