Seinem Ruf als Bartóks Großneffe in New York hat der New Yorker Jazzpianist Richie Beirach
zuletzt vor einem Jahr mit Round about Bartók alle Ehre gemacht, seiner ersten Einspielung für
Sigi Lochs ACT-Label. Im Trio mit George Mraz am Bass und dem deutschen Geiger Gregor Huebner versenkte er sich in
die klassische Moderne Osteuropas von Bartók bis zu Kodály und Skrjabin. In derselben Besetzung realisierte
er nun ein noch weit ausgefalleneres Projekt: Round about Federico Mompou heißt die ebenfalls auf
ACT erscheinende, spannende Auseinandersetzung mit einem fast vergessenen Komponisten. Aus Mompous Hauptwerk Musica
Callada Schweigende Musik hat Beirach acht Miniaturen ausgesucht und im Trio bearbeitet. Oliver
Hochkeppel sprach mit ihm darüber.
Jazzzeitung: Kaum jemandem ist bislang der Name Federico Mompou ein Begriff. Wie sind sie auf ihn gestoßen?
Richie Beirach: Eine meiner Schülerinnen hatte eine Mompou-Platte für 99 Cents in einem Secondhand-Laden
gekauft. Sie hörte sie sich an, war begeistert, rief mich an und kam auch gleich damit vorbei. Unglaubliche
Musik: Sehr kurz, sehr nah am Jazz, aber ohne Virtuosität, irgendwie im Stil des frühen Bill
Evans oder Keith Jarrett. Perfekt.
Jazzzeitung: Und Sie beschlossen sofort, etwas daraus zu machen?
Beirach: Ja, ich besorgte mir sofort Noten und fing an, die Musik zu spielen und auch gleich dazu zu improvisieren.
Das war 1990. Seitdem habe ich immer wieder mal ein oder zwei Stücke eingespielt, aber dieses Album ist das
erste nur mit Mompous Musik.
Jazzzeitung: Vorab haben sie ihr Album bei einem Konzert beim Montreux Jazz Festival vorgestellt. Wie waren
die Reaktionen?
Beirach: Fantastisch. Das Publikum war begeistert, und das liegt sicher auch an Mompou. Wir haben ja überhaupt
nicht versucht, einen Hit, einen kommerziellen Erfolg zu kreieren, aber es scheint irgendetwas in Mompous Musik
zu liegen, das die Leute sehr anspricht. Sie ist eben einfach, aber nicht dumm. Es steckt Tiefe drin, wie bei Mozart
oder Haydn.
Jazzzeitung: A propos frisch. Sie sind seit Juli frisch gebackener Professor in Leipzig.
Beirach: Ja, ich habe jetzt 35 Jahre in New York gelebt, das reicht. Außerdem ist das Klima für
den Jazz, den ich spiele, dort nicht mehr sehr günstig. Man denke nur ans Lincoln Center, wie unglaublich konservativ
es da zugeht. Nur Bebop, das ist idiotisch. Ich musste entdecken, dass es in den Vereinigten Staaten kaum mehr Arbeit
für mich gibt, das meiste habe ich zuletzt in Europa oder Japan gemacht. Meine Musik wird in Europa besser
verstanden als in meinem eigenen Land, es tut mir leid, das zu sagen, aber es ist wahr. Also habe ich die Professur
an der Musikhochschule Leipzig angenommen. Ich hatte noch nie vorher eine feste Stellung, wusste also nicht, ob
mir das behagt. Aber es hat sich herausgestellt, dass es ein wirklich toller Job ist. Ich gebe 18 Stunden die Woche,
und ich liebe es. Ich liebe das Lehren, genau wie die Stadt.
Aktuelle CD:
Richie Beirach, Gregor Huebner, George Mraz: Round about Federico Mompou. ACT 9296-2.
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