Victor Bailey ist ein gefragter Bassist: Er spielte für und mit Weather Report, Steps Ahead, Bill Evans und
Madonna. Matthias Schmidt sprach anlässlich Baileys neuer CD Thats Right (ESC Records 2001)
mit dem Künstler.
Jazzzeitung: Erinnern Sie sich an Ihre Anfänge, die erste Band, die ersten Konzerte...?
Victor Bailey: Meine ganze Familie ist musikalisch. Wir spielten immer zusammen. Das Haus war voller Instrumente.
Ich fing mit sieben Jahren an, Klavier zu spielen. Mit zehn nahm ich Schlagzeugunterricht und spielte schon in einer
Funkband namens Electric Son. Mit dieser Band bestritt ich auch meine ersten Auftritte. Zum Bass-Spielen
kam ich erst später.
Jazzzeitung: Sind Sie zufrieden mit Ihrer musikalischen Laufbahn bis heute?
Bailey: Ich bin sehr zufrieden mit meiner Karriere. Ich habe immer Musik gemacht und musste nie mit irgendwelchen
Jobs mein Geld verdienen. Ich habe mit vielen großartigen Musikern gespielt, doch jetzt möchte ich als
Solomusiker weitermachen. Ich möchte einfach besser werden, sowohl am Bass als auch beim Komponieren, indem
ich mich auf meine musikalischen Vorstellungen konzentriere und nicht nur die Vorstellungen anderer Leute verwirkliche.
Jazzzeitung: Zurzeit verwirklichen Sie ja noch die Vorstellungen von Madonna...
Bailey: Ich mag diesen Job sehr, es ist großartig, mit Madonna zu spielen! Es hat meinen Status in
der Musikindustrie gefestigt das ist immer von Vorteil. Parallel läuft auch noch meine Tour. Im Musikgeschäft
hast du die Spitze erst erreicht, wenn du nur noch deine eigene Musik machst und sie sich auch verkauft.
Jazzzeitung: Ist das Stück Black on the Bach auf Ihrer neuen CD tatsächlich eine Hommage
an Bach?
Bailey: Der Titel ist eher zufällig entstanden: Vor zehn Jahren hatte Quincy Jones ein Album namens
Back on the Block. Als ich mich einmal darüber unterhielt, versprach ich mich und anstatt Back
on the Block sagte ich Black on the Bach! Das schrieb ich sofort auf und sagte mir, dass ich irgendwann
mal ein Stück schreiben müsste, wo Bach auf den Blues traf. Das heißt aber nicht, dass ich mich
jetzt mit klassischer Musik beschäftigen werde. Dieses Stück ist eine einmalige Sache. Es gibt definitiv
bessere Klassiker als ich.
Jazzzeitung: Wie würden Sie die Musik auf Thats right beschreiben?
Bailey: Ich befinde mich in einem Prozess der musikalischen Selbstfindung. Natürlich besitze ich eine
musikalische Identität: Wenn du meine Aufnahmen hörst, weißt du, dass ich es bin und kein anderer;
doch diese Identität basiert immer noch auf meinen Einflüssen. Ich bin immer noch dabei, verschiedene
Einflüsse wie Jazz, Funk, RnB, Blues und Fusion zu sortieren. Im Moment fühle ich mich wie
ein kleines Kind, das mit einer Hand voll Buchstaben spielt und versucht, daraus ein Wort zu bilden. Ich habe das
Wort noch nicht gefunden. Aber es ist Zeit für neue Musik.
Jazzzeitung: Wo fühlen Sie sich mehr zu Hause, im Studio oder auf der Bühne?
Bailey: Ich mag beides. Live drückst du dich unmittelbarer aus, im Studio ist es wie mit einem Gemälde:
Du kannst deine Farben immer wieder austauschen. Ein Album entwickelt sich jedoch auf der Bühne, nicht im Studio.
Es war in jeder Band das Gleiche, egal wie gut die Scheibe war; die Stücke veränderten sich jeden Abend
auf der Bühne und reiften zu etwas anderem heran.
Jazzzeitung: Was ist Ihr größter Traum?
Bailey: Ich lebe meinen Traum hier und jetzt! Ich habe einen Plattenvertrag, ich bin mit ausgezeichneten
Musikern auf Tour, 8.000 Meilen weit weg von zu Hause und gebe Interviews für Musikzeitungen! Thats my
dream, man!
|