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Jazzzeitung

2012/01 ::: seite 5

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Inhalt 2012/01

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig no chaser: Totenkult Farewell: Frank Foster Paul Motian

TITELSTORY: Töne, Schweiß und Ohrenkitzel
Warum der Jazz wieder Kritiker braucht, die über Augenblicke schreiben

GESCHICHTE - Basies Weggefährten (2)
Am 2. März wäre Eddie „Lockjaw“ Davis 90 Jahre alt geworden...

Berichte
20 Jahre ACT // Zum Deutschen Jazzfestival Frankfurt 2011 // Martin Schmitt startet mit „Aufbassn“ neu durch // 10 Jahre Unerhört Festival – die aktuelle Musik in Zürich

Portraits
Eva Cottin // Jutta Hipp // Alexandra Lehmler // Lizzy Loeb // Jens Thomas

Jazz heute und Education
Hans Lüdemann – ein Jahr Unterricht an einem US-College und die Folgeng // Nachrichten // Fortbildungskalender 2012 (pdf) // Abgehört: Fusion goes Bebop: Larry Coryells Gitarrensolo auf „Tadd‘s Delight“ von Tadd Dameron

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

Leises Comeback

Der Pianist Jens Thomas singt jetzt auch

Vor gut einem Jahrzehnt hat Jens Thomas eine der steilsten Karrieren der deutschen Jazzgeschichte hingelegt. Damals wurde er europaweit mit Preisen überhäuft. Nach acht Jahren Plattenpause hat sich der Pianist nun die australischen Hardrocker AC/DC vorgenommen, deren Songs er zu intimen, lyrischen Stimmungsbildern herunterdimmt. Elegische Farbtupfer setzt der Trompeter Verneri Pohjola; das Singen übernimmt Jens Thomas selbst. Antje Rößler traf den Musiker in seinem Wohnort Berlin.

Foto: Steven Haberland/ACT

Bild vergrößernFoto: Steven Haberland/ACT

JazzZeitung: Herr Thomas, vor einem Jahrzehnt wurden Sie als Jazz-Newcomer gefeiert. Ihre letzte Platte erschien 2003. Was haben Sie inzwischen gemacht?
Jens Thomas: Ich war am „Othello“ in der Regie von Luk Perceval an den Münchner Kammerspielen beteiligt; dort begann ich übrigens auch, mit meiner Stimme zu arbeiten. Danach gab es eine Einladung des Bayerischen Staatsschauspiels für „Clavigo“; da wurde ich sogar ausschließlich als Stimm-Performer eingeladen. Dann war ich zwei Jahre „Artist in Residence“ am Bochumer Schauspielhaus. Dort konnte ich alles ausprobieren, was mir so durch den Kopf ging; und dabei kam mir auch die AC/DC-Idee.

JazzZeitung: Warum gerade AC/DC?
Thomas: Ich bin schon lange Fan. Mein älterer Bruder hat immer AC/DC gehört. Ich war etwa zehn, als die Songs erschienen, die ich jetzt auf der Platte verwende. Die Stücke stammen von drei Alben. Das wichtigste ist „Highway to Hell“; das letzte mit Bon Scott als Sänger. Dann „Back in Black“, das erste mit dem neuen Sänger Brian Johnson. Beide wurden so 1979/80 veröffentlicht. Und schließlich „High Voltage“ von 1976.

JazzZeitung: Warum sind Ihre Versionen so ruhig?
Thomas: Von den musikalischen Motiven her ähneln sich viele AC/DC-Stücke. Die Songs leben von der Energie dieser Band. Ich konzentrierte mich auf Stimme, Klavier und Trompete, um zu schauen, ob es auch eine „andere Seite“ in diesen Stücken gibt. Irgendwann war klar, dass das nur funktioniert, wenn man das Gegenteil von dem macht, was AC/DC macht.
Deswegen habe ich mich vor allem auf die Texte konzentriert, um die ich dann zum Teil sehr frei drumherum komponiert oder improvisiert habe.

JazzZeitung: Geben die Texte das inhaltlich her?
Thomas: Hauptsächlich geht es natürlich um Sex, Drugs and Rock’n’Roll und um das harte Tourleben. Etliche Texte sind aber vieldeutig. Zum Beispiel „Life Wire“, also der „Lebensdraht“. Viele Texte haben auch etwas Verzweifeltes. Bei „TNT“ ist mir aufgefallen: Das könnte fast die Story eines Selbstmordattentäters sein. Trotzdem sind solche Deutungen kein Ausgangspunkt gewesen. Ich empfinde die Texte als Klang- und Assoziationsmaterial, die Räume für die Musik und manchmal auch für die Stille öffnen.

JazzZeitung: Warum haben Sie den finnischen Trompeter Verneri Pohjola mit in dieses Projekt genommen?
Thomas: Ich kannte Verneri anfangs gar nicht. Siggi Loch hat mich auf ihn aufmerksam gemacht, und ich fand seine Musik total überzeugend. Dann haben wir uns getroffen, um ein paar Stücke aufzunehmen. Wir brauchten gar nicht zu proben. Er hat sich gleich so in meine Musik reingefunden, dass ich sein Spiel so spontan wie möglich auf der Platte haben wollte.

JazzZeitung: Woher stammt das merkwürdige Cover?
Thomas: Das ist ein Kunstwerk des polnischen Künstlers Gregor Gaida. Es passt gut zu AC/DC, finde ich, denn für mich hat die Band so etwas Schamanistisches und extrem Ekstatisches. Das Cover zeigt dieses Archaische, Tierische, leicht Eklige. Wenn Sie die Platte hören, dann gucken Sie mal auf den Typen: Es sieht so aus, als würde er singen… (lacht).

JazzZeitung: Ihre früheren Alben waren sehr erfolgreich. Fühlen Sie jetzt einen Erwartungsdruck?
Thomas: Natürlich wünsche ich mir, dass das Album Erfolg hat. Aber inzwischen weiß ich auch, dass man das nur zu einem gewissen Grade in der Hand hat. Ich selbst bin einfach froh, dass es diese Platte jetzt gibt.

JazzZeitung: Können Sie eigentlich vom Klavierspiel leben?
Thomas: Ab und zu mache ich Theaterprojekte, jetzt zum Beispiel den „Hamlet“ am Thalia-Theater. Und der „Othello“ läuft nun schon seit acht Jahren. Manchmal mache ich Filmmusik und zunehmend auch Workshops mit der Stimme. Die Teilnehmer sind meistens Laien, die nicht Noten und Technik lernen wollen, sondern Lust haben, ihre eigene Stimme zu entdecken und damit wilde Sachen zu machen.

JazzZeitung: Haben die Erfahrungen mit der Stimme Ihr Klavierspiel beeinflusst?
Thomas: Schon früher hatte ich daran gearbeitet, mit immer weniger Tönen eine Aussage zu machen. Das hat sich jetzt noch verstärkt. Wenn ich selbst singe, reduziere ich das Klavierspiel noch mehr. Es ist mir wichtig, dass ein Song – auf welche Art auch immer – dem Zuhörer etwas erzählt und nicht nur Musik als Selbstzweck ist.

Jens Thomas: Speed Of Grace
ACT/edel

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