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Er hat gerade eine ziemlich erfolgreiche Tour hinter sich, sogar den Circus Krone in München hat er voll bekommen. Es war eine Art Heimkehr für Martin Schmitt, ein Zurück-zu-den-Wurzeln – und auch Balsam für seine Seele. Denn die vergangenen Jahre waren unerwartet hart für den einstigen Gaudiburschen unter den hiesigen Jazzpianisten: Erstmals nach 20 Wachstumsjahren musste er einen Karriereknick verkraften. Was wohl vor allem damit zu tun hatte, dass Schmitt nicht mehr sich selbst vertraute, sondern fremden Rat suchte. Er, der ursprünglich an die klassischen Pianojazz-Entertainer wie Jelly Roll Morton oder Fats Waller angeknüpft hatte, war nun vom deutschen Crooner-Virus infiziert, wie ihn Roger Cicero mit seinem Texter Frank Ramond so erfolgreich in die Welt gesetzt hatte. Also umgab sich auch Schmitt mit einem Hamburger Management, mit einer großen Band und mit hochdeutschen Texten – alles, um die Jazzclubs hinter sich zu lassen und bundesweit die Hallen zu erobern. Abhanden kam ihm dabei die Authentizität. Was erst das Publikum spürte, und dann auch er selbst: „Im Nachhinein kann man zu dieser Stilsuche sagen, dass das nicht das Ding war, das zu mir passt. Aber man muss eben auch etwas ausprobieren, um zu merken, dass es nicht geht.“ Es ist nun also Rückbesinnung und Neustart zugleich, was Martin Schmitt mit seiner neuen CD „Aufbassn“ versucht. Zum einen, weil er wieder solo unterwegs ist, und dabei wieder seine größte Qualität im Mittelpunkt steht: Klavier spielen. Der heute 43-Jährige entdeckte zwar erst mit zwölf die Tasten (zuvor hatte er Tuba gelernt), umso schneller wurde seine außergewöhnliche Begabung klar. Als Blues- und Boogie-Woogie-Pianist begann er, und rasch bewegte er sich am obersten Rand des spieltechnisch Machbaren, in einer Reihe mit (und oft an der Seite von) Größen wie Axel Zwingenberger, Vince Weber, Joja Wendt oder Gottfried Böttcher. Anders als den Spezialisten war ihm freilich die Vorstellung ein Graus, sein Leben lang immer dasselbe zu spielen. Zunächst nahm er die diversen Stile des Early Jazz dazu, vom Harlem Stride bis zum Swing eines Teddy Wilson, dann jonglierte er mit Vorlagen aus der Klassik, traute sich an den Soul eines Ray Charles, wandte sich modernen Songwritern wie Randy Newman oder Billy Joel zu und fing schließlich an, eigene Songs zu schreiben. Pianistisch war das alles international satisfaktionsfähig, doch auch das reichte Schmitt nicht mehr, und so begann neben der fast kabarettistischen Conference der Gesang eine immer wichtigere Rolle zu spielen – schließlich mit dem erwähnten, in gewisser Weise fatalen Schwenk ins Hochdeutsche. Auch das hat Schmitt korrigiert: Jetzt singt er bairische Texte. „Ich habe ja immer bairisch geredet, insofern ist das einfach schlüssig. Was ich aber erst beim Schreiben gemerkt habe. Das Bairische ist so rund und weich, es ist toll zum Singen. Und ich muss mich nicht verstellen.“ Weg vom Zeitgeist, zurück zu seinen Wurzeln, dazu gehört auch, dass er nun alle Texte selbst schreibt: Lustige wie das Titelstück oder „Da Mada wa da“, mit denen er schon eine veritable Promo-Tour durch die lokalen Funk- und Fernsehstudios hinter sich hat; ein Boogie Woogie wie „Schmittish Airways“; und ernsthafte, emotionale, für die er durchaus einen Konstantin Wecker als Inspirationsquelle nennt. „Ich bin wieder bei mir angekommen“, sagt Schmitt. Nicht nur sein altes Publikum dürfte ihm dahin gerne folgen. Oliver Hochkeppel |
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