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Er müsste nicht. Niemand zwingt Siggi Loch dazu, ein Jazzlabel zu führen, noch dazu in Zeiten, da von den Flagellanten des Geschäfts nachdrücklich die Mantras des Untergangs gemurmelt werden. Aber er will nicht anders, kann nicht anders. Der Kopf, Motor und Eigner von ACT Music & Vision hat es sich zur Aufgabe gemacht, Musik, an die er glaubt, unter die Leute zu bringen. Und deshalb feiert die Plattenfirma aus dem Süden Deutschlands anno 2012 mit Konzertreihen, Sonder- editionen und ungewöhnlichen Veröffentlichungen ihr zwanzigjähriges Bestehen. Ein paar Falten sind über die Jahre aber doch hinzu gekommen. Denn Siggi Loch ist ein Produzent alter Schule. Das heißt, er überlässt ungern etwas dem Zufall oder dem Schlendrian. Je mehr sich nach den ersten Produktionen 1992 abzeichnete, dass aus dem Unternehmen ein Erfolg werden könnte, desto klarer wurde das inhaltliche, akus- tische und optische Erscheinungsbild des Labels. Der Fokus von ACT lag von Anfang an auf europäischen Projekten, nicht als Ausschlusskriterium gegenüber afroamerikanischer Dominanz im Jazz, sondern als Perspektive für Musiker von Stockholm bis Istanbul, die zumindest während der 1990er-Jahre noch um internationale Anerkennung kämpften. Siggi Loch behauptete deren Konkurrenzfähigkeit und führte mit Künstlern wie Esbjörn Svensson, Nils Landgren oder Nguyên Lê den Beweis, dass zumindest in der Alten Welt nicht jeder schwarz sein und Saxophon spielen muss, der auf großen Bühnen spielen will. Er beobachtete auch aufmerksam die einheimische Entwicklung und bot deutschen Musikern wie Jens Thomas, Michael Wollny oder Wolfgang Haffner ein Forum. Manchem verkannten Saurier der Szene wie Heinz Sauer oder Richie Beirach verhalf er gar zu einem späten Comeback. Vor allem aber tappte er nicht in die Anfängerfallen der Überzeugungstäter, sondern stellte als erfahrener Labelmanager, der über Jahrzehnte hinweg in der Führungsspitze von Firmen wie Philips, United Artists, WEA und Warner agiert hatte, sein eigenes Projekt auf solide Business-Fundamente. ACT wurde vom Newcomer zum Markennamen. Reflektiertes Marketing, offensive Promotion und ein zunehmend wiedererkennbares Coverprofil mit Schwerpunkt moderne Kunst und ansprechender Haptik sorgen über die Qualität der Musik hinaus dafür, dass über die lange zeitliche Dis-tanz hinweg Lochs Label nicht nur Jazz verkauft, sondern in der Ära der Unken sogar Wege weist, wie man der Krise mit Qualität und professioneller Umsicht begegnen kann. So hat ACT allen Grund zum Feiern. Im Februar stehen daher zwei Konzertpakete in den Startlöchern, mit dem die Künstler das Label hochleben lassen. Vom 2. bis 5. Februar bringen die „ACT Jubilee Nights“ ein beachtliches Nonett um Stars wie Nils Landgren, Michael Wollny und Nguyên Lê in die großen Hallen von Berlin bis Hamburg. Im Anschluss daran gastieren im Rahmen der „Piano Club Tour“ vom 6. bis 12. Februar Leszek Mozdzer, Jens Thomas, aber auch Bands von Ida Sand oder Verneri Pohjola abwechselnd im Berliner A-Trane, der Dresdener Tonne, dem Dortmunder Domicil, dem Alten Pfandhaus in Köln und der Münchner Unterfahrt. Dazu kommen demnächst neue Alben von Koryphäen wie Vijay Iyer, [em] oder auch Ulf Wakenius. Das dritte ACT-Jahrzehnt beginnt vielversprechend. Ralf Dombrowski |
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