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Oscar Peterson: A Jazz Odyssey (Editor and Consultant: Richard Palmer), Continuum/London-New York, 382 Seiten Man ist sofort „drin“ in diesem Buch. Oscar Peterson erzählt aus seinem Leben, als ob er mit dem Leser irgendwo an einem Tisch sitzen würde. Mit Jahreszahlen hat er es nicht so; ein paar mehr hätten es allerdings dem Verständnis mancher Ereignisse gut getan. Also keine systematisch aufgebaute Autobiografie, dafür aber eine hochinteressante Sammlung von Erinnerungen und Charakterisierungen. Vor allem letztere machen dieses Buch so wertvoll. Meines Wissens hat noch nie ein großer Jazzmusiker über so viele seiner Freunde und Kollegen geschrieben: freundlich, respektvoll, nicht unkritisch. In einem Fall scheint mir aber seine Kritik unangebracht, und sie wirft zudem eine interessante Frage auf: Ist ein Musiker nur dann groß, wenn er alle Möglichkeiten seines Instruments in sein Spiel einbringt? Über Bud Powell sagt er nämlich: „…for my taste there was too much what he didn’t do with the instrument.““ (S. 195). Dann dürfte er aber auch Count Basie nicht so schätzen wie er es tut. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, über welche Pianisten der 50er-Jahre er nichts schreibt: Thelonious Monk, Red Garland, Bobby Timmons. Bill Evans erwähnt er nur einmal, erstaunlicherweise, denn niemand anderer hat es bis heute so wie dieser verstanden, Klassik (im weitesten Sinne) und Jazz derart zusammenzubringen, dass des Jazzmäßige nie darunter litt, sondern um eine ganze Dimension erweitert wurde. Peterson hat auch rassistische Demütigungen erlebt, selbst in Kanada, über die er auch berichtet. Sie haben aber seine Freundschaft zu Norman Grantz nie beeinträchtigt, was für ihn ein Glücksfall war und weit mehr als nur sein überaus erfolgreicher Agent während 52 (!) Jahren ohne schriftlichen Vertrag (!). Diesem Buch ist eine baldige deutsche Übersetzung sehr zu wünschen. Joe Viera |
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