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einmal im Monat bekomme ich eine grafische Übersicht über die Zahl der Jazzzeitungen, die bundesweit über eine Bahnhofskiosktheke gegangen sind. Im Schnitt bin ich mit den Verkaufszahlen zufrieden, dennoch, die Kurven gehen auf und ab. Die Ursachen dieser Ausschläge bringen mich immer wieder zum Grübeln. Diana Krall, die Klaviergöttin, war im Februar 2002 auf dem Titel. Damals gab es noch keinen Kioskverkauf, folglich auch keine Zahlen. Im März folgte Les McCann, ebenfalls ein Mythos am Klavier: eine unserer bestverkauften Ausgaben. Die Ausgabe mit Terri Lyne Carrington als Titelmädchen verkauft sich um 70 Prozent (!) schlechter. Im April steigerte Mathias Rüegg den Abverkauf um sage und schreibe 197 Prozent. Die Nachwuchsstars des Bundesjazzorchesters schlagen sich im Juni 2002 wacker, fallen aber gegenüber Rüegg um 35 Prozent ab. Tomasz Stanko bekommt zu seinem Sechzigsten im Juli den Titel und lässt die Kurve wieder um 95 Prozent nach oben schnellen. Joe Zawinul legt als 70-Jähriger im September noch 14 Prozent drauf. Herbe Einbrüche folgen: die jungen Musiker von Jazzanova, und die preisgekrönte Sängerin Lisa Wahlandt lassen die Kurve wieder nach unter ausschlagen. Coco Schumann ziert den Titel im Dezember: Steigerung 54 Prozent. Attila Zoller kann das Niveau in etwa halten. Mit Rebekka Bakken (März 2003), deren Auftritte großes mediales Echo bewirkten und dem Posaunisten Nils Wogram (April 2003) kann die Zahl der verkauften Hefte gehalten aber nicht gesteigert werden.
Was sagen uns diese Zahlen? Blondinen und Nachwuchsbands sind nicht a priori absatzfördernd, ältere, anerkannte Musiker dagegen steigern den Verkauf. Und: Nicht der Charts-Status eines Musikers oder der Sex-Appeal einer „neu entdeckten“ Sängerin zählen bei unseren Lesern, sondern deren musikalische Aussage. Der Kiosk als Index ist aufschlussreich und sorgt in der Redaktion für Diskussionen. Letztlich aber verdanken wir es unseren treuen Abonnenten, dass die Jazzzeitung nicht allein vom Kioskverkauf lebt, sondern unabhängig davon die Themen setzen kann. Ein Ansporn für uns, weiterhin qualitätsbewusste Jazzberichterstatter für Sie zu sein. Andreas Kolb |
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