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Von himmelhoch jauchzend über das humorvolle und herrlich leicht agierende Bass-Posaune-Duo Joelle Leandre und Sebi Tramontana bis (fast) zu Tode betrübt reichte die Stimmung beim gut besuchten Ulrichsberger Kaleidophon. Immerhin ist das internationale Musikfestival im Grenzbereich zwischen Jazz, improvisierter Musik und elektronischer Musik auch schon 18 Jahre alt und damit fast ein Veteran. Frische Ideen und interessante Funde präsentierte es trotzdem wieder: AACM-Legende George Lewis stellte mit dem „ICI Ensemble Munich“ die Uraufführung eines teils programmierten Programms vor, das als „composer in residence“-Projekt in München entstanden ist. Pianistin Irene Schweizer ist auch nach 30-jähriger Zusammenarbeit mit Schlagwerker Pierre Favre ein absoluter Hochgenuss: Viel pulsierende Townshipanklänge, jauchzend rollender Ragtime, romantische Poetik – ein überwältigendes Feuerwerk ohnegleichen. Inspiriert, freudvoll und voller Elan tändeln die beiden wie alte Eheleute, die sich bei aller Vertrautheit das Moment der Überraschung und Irritation bewahrt haben. Von der Energie Taylor´scher Clustertechnik bis zur tänzelnden Virtuosität der „singenden Perkussion“ Favres ist diese Musik sinnlich bis in Finger- und Zehenspitzen. Fade Kost bot das deutsch-amerikanische Trio „Three October Meetings“. Hier wurde nach musikalischen Körnchen gescharrt, überblasen, gegluckert, geackert, ohne wirklich fündig zu werden. Aufgeregte Wildheit und dynamische Entschlossenheit zelebrierte das mit Mark Dresser zum Trio erweiterte italieni-sche Gespann Sandro Satta (altsax) und Antonello Salis (piano) so lange und in-tensiv bis sich vermutlich auch der letzte wohlwollende Zuhörer innerlich abgewandt hatte. Aus der ganz anderen, der leisen, klangsensiblen, sachten Ecke kam das Lissaboner Quartett Assemblage. Zwischen furchtlosem Gekratze, geräuschhaftem Geschabe und gehauchten Blechtönen verlor es sich letztlich in einer ungreifbaren „Ästhetik der Stille“, die manchmal den Eindruck eines Stillstands machte. Eine Entdeckung, die noch etwas Zeit braucht, ist der blutjunge Lehmann mit hochkomplexen, vielschichtigen Kompositionen. Ein weiterer Höhepunkt, neben Schweizer & Favre, war das Performanceprojekt Gokan mit der Tänzerin Fine Kwiatkowski und dem Künstler Helge Leiberg. Während Leiberg über Overheadprojektoren live gezeichnete Figuren auf eine Leinwand projizierte, agierte Kwiatkowski mit bizarren Windungen und improvisa-torischen Schattenspielen auf den Ironiker Dietmar Diesner am Saxophon und Lo-thar Fiedler, der E-Gitarre und Live-Elektronik spielte. Ein spannungs- und effektreiches Tableau aus optischen und akustischen Bildern, Farben und Schatten. Michael Scheiner |
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