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Hier wurden wirklich Schiffe gebaut, mitten in Zürich, ohne Zugang zum See. Jahrzehnte lag die Anlage brach, bis vor wenigen Jahren die Kultur den Schiffbau entdeckte. In die instand gesetzte Halle zog Marthalers Theater ein und vor zwei Jahren das „Moods“, Zürichs Jazz-Club Nummer Eins. Mit einem Schlag war der Stadtteil Westend trendy das Schmuddel-Image weg. Dorthin zogen Anfang September nicht nur die Protestanten der gerade verkündeten Entlassung des Theater-Intendanten Marthaler, sondern zahlreiche Jazzfans, da das zehnjährige Bestehen des Clubs „Moods“ gefeiert wurde. 1992 öffnete er seine Pforten in einem Lokal nahe dem Bahnhof Selnau, mitten in der City. Unter der Obhut des neu gegründeten Trägervereins, den die Stadt Zürich unterstützte, wuchs das „Moods“ schnell zur Schaltstelle zwischen Schweizer und internationalem Jazz. Das Publikum war dankbar für die neue Spielstätte und besuchte eifrig die fast täglichen Konzerte. Doch die beengten Verhältnisse und der ständige Ärger mit der Polizei und unwilligen Nachbarn wegen Lärmbelästigung machten dem „Moods“ das Leben schwer. Ende Februar 2000 wurde im Schiffbau eine neue Spielstätte gefunden. Dort entstand das neue „Moods“. An Atmosphäre und Ausstattung kann es mit den alten Räumen allemal mithalten, auch hat sich die Zahl der Sitzplätze auf 350 verdreifacht. Dies und die Tatsache, dass die Nähe zur Szene nicht mehr so eng ist wie vorher, machte die Suche nach neuem Publikum erforderlich. So mancher Anzugträger, der sich aus der unmittelbaren Nachbarschaft mit dem Schauspielhaus rekrutierte, wurde im „Moods“ schon gesichtet. „Was ich jetzt feststelle“, bestätigt Moods-Chef Jörg Süssenbach, „ist ein ziemlich vorbehaltloses Aufeinanderzugehen – auch vom normalen Theaterpublikum in Richtung Moods“. 280 Konzerte jährlich wollen organisiert und vor allem finanziert sein. Das Jahres-Budget des Trägervereins beläuft sich auf stolze 2,5 Millionen Franken, zu denen die Stadt Zürich einen Zuschuss von 400 000 Franken gewährt. Der Rest der Summe wird durch den Verkauf von Tickets, die Gastronomie und Sponsorengelder erwirtschaftet. Und was wird im „Moods“ geboten? „Wir wollen improvisierte Musik jeglicher Couleur zeigen“, so Süssenbach. „Dazu gehört in einem kleinen Teil auch: Wo kommt der Jazz her? Das betrifft Musiker, die eher traditionell orientiert sind und den Jazz nicht unbedingt weiterentwickeln. Genauso wollen wir aber schauen, wo kann’s mit dem Jazz hingehen, wenn man ihn weiterzuentwickeln versucht? Zum Beispiel an Schnittstellen zu anderen Musikstilen wie Weltmusik, elektronische Musik oder E-Musik. Da finden Annäherungen statt – und das möchten wir zeigen. Uns interessiert auch Musik, die Spaß macht und den Hörer direkt anspricht: das geht oft über den Groove.“ Die Öffnung hat dem „Moods“ gut getan und den Horizont der Jazzfans erweitert. So hat sich der Club einen festen Platz im Zürcher Musikleben erobert. 160 Besucher im Schnitt reichen aus, um ein drohendes Defizit abzuwenden. Zwar war das Jubiläumsprogramm nicht ausverkauft, obwohl es einige Highlights bot. Die Saxofonisten Benny Golson und Johnny Griffin bliesen um die Wette, George Gruntz stellte sein Trio vor, Erik Truffaz brachte Sphärenklänge mit und Dave Liebman und Marc Copland ergingen sich im kammermusikalischen Zwiegespräch. Eine interessante Mischung an drei Abenden, die durch mitternächtliche Stimmungskonzerte aufgelockert wurde. Reiner Kobe
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