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Werner Steinmälzl ist Trompeter und studierte vier Jahre Jazztrompete an den Hochschulen Köln und München. Bislang spielte er an der 2. Trompete des Landes-Jugendjazzorchesters Bayern, überlebte zwei Arbeitsphasen mit dem Bundesjugendjazzorchester und spielt zum Geldverdienen, wie er gegenüber seinen Kommilitonen immer wieder bekräftigt, in der Party- und Bierzelt-Combo „HauRock!“. Ebenso hat er eine Zwei-Tages-Stelle an der Kreismusikschule Forchheim auf Lohnsteuerkarte, wo er neun Trompetenschüler unterrichtet und aus Ermangelung an Lehrpersonal den Kurs „Rhythmische Früherziehung für Vier- bis Fünfjährige“ von Musikschulleiter Bruno Pfaff aufs Auge gedrückt bekommen hat. Werner lebt mit seiner Freundin Maria in Nürnberg. Anstatt eines Sommerurlaubs mit ihr leistete sich Werner letzten Sommer zwei Tage in den „Musicpole“-Studios“ in Forchheim zum „Summerspecial“-Preis von 750 Euro und nahm dort mit drei Mitstudenten aus seiner Kölner Studienzeit zehn Titel auf: drei Eigenkompositionen („Blue’s delight“, „Enhance“ und „Maria’s Dream“), einige Standards sowie eine eigene Bearbeitung des Beatles-Klassikers „Let It Be“ im Siebenviertel-Takt. Sehr stolz auf das Werk, brannte er in fleißiger Heimarbeit 25 CDs und versandte dieselben an 25 ihm bekannte Jazzlabels, deren Adressen er im Internet ergoogelt hatte. Nach einer Woche bereits, verspürte Werner eine gewisse Spannung bei jedem Klingeln seines Handys und auch der morgendliche Gang zum Postkasten war eher von einer gewissen Vorfreude geprägt als von der Angst vor unerwarteten Rechnungen. Als er nach zwei Monaten wieder einmal auf dem Weg zur Musikschule Forchheim im Zug saß, klingelte sein Handy mit einer unbekannten Münchner Nummer im Display. „Steinmälzl.“
„Ja, der ist dran.
„Ja, hallo.“ (Werner versucht cool zu klingen.)
„Ja, äh, super, freut mich.“
Werner, aufgeregt und uncool schwindelnd: „Nein, ich meine, es haben sich ein paar gerührt, also ich verhandel’ da noch, aber so richtig ist da noch nichts, also eher nein.“
Werner ist innerlich aufgebracht und begeistert darüber, fein und introvertiert zu sein: „Ja, echt?“
„Ja ja, klar, super, wann, äh, ich meine, wie würde es ihnen denn so passen?“
„Mittwoch, der 21.?“
„Ja klar, Mittwoch ist perfekt, und wo?“
„Ja wunderbar.“
Natürlich war Mittwoch ein denkbar ungünstiger Termin für Werner. Er musste die „Musikalische Früherziehung für Vier- bis Fünfjährige“ verlegen und ebenso sechs seiner Trompetenschüler. Was eine Telefonaktion von bis zu einem halben Tag zwecks eines Nachholtermins bedeutete. Aber in Anbetracht eines Plattendeals mit „Edition fromage“, diesem Wegbereiter zukünftiger Jazzlegenden, musste man halt Opfer bringen. Und sei es die Sisyphusarbeit, die Terminkalender von 16 hysterischen, sexuell unbefriedigten Nervensägen und ihren völlig unbegabten, hyperaktiven und psychopathischen Monstern zu koordinieren. So nannte Werner seine Schüler und deren Mütter in solchen Zeiten. Das Treffen am Mittwoch mit Hans-Peter lief nicht hundertprozentig,
wie Werner sich die Sache vorgestellt hatte. Anstatt eines mehrstelligen
Vorschusses auf die zu erwartenden Einnahmen aus nationalen und internationalen
Verkäufen nebst Tantiemen aus Weiterverkäufen von Verlagsrechten,
war der Deal mit „Edition fromage“ im Wesentlichen so beschaffen:
Die Firma würde eine erste Auflage von 1.000 Exemplaren produzieren
und natürlich alle wichtigen Rundfunk- und Sendeanstalten bemustern. Darüber hinaus gäbe es natürlich eine Präsentation auf der Homepage von „Edition fromage“. Und diese Seite wäre derzeit sensationell frequentiert. Im Gegenzug musste Werner sich verpflichten, von der ersten Auflage 300 CDs zum Stückpreis von 6,50 Euro plus Steuer abzunehmen. „Um das Risiko für die Plattenfirma kalkulierbarer zu machen“, wie ihm Hans-Peter erklärte. „Es ist ja so, dass wir hier erst mal investieren, obwohl wir uns, und das hat Heike auch gesagt, eigentlich ziemlich sicher sind, dass wir hier einen neuen Wallace Rooney im Hause haben“. Bis heute weiß niemand, wer Heike ist. Egal. Das gefiel Werner und auch, dass „Edition fromage“ die Rechnung
im HaVaDan bezahlte. Ja, so würden zukünftige Jazzstars behandelt. Doch nicht alles blieb so einfach. So war die Gestaltung des Covers mit allerlei Schwierigkeiten verbunden. Gerwin Eisenhauer
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