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Jazzzeitung

2008/01  ::: seite 2

news

 

Inhalt 2008/01

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig


TITEL - Musikerschicksal
Die Geschichte des Jazztrompeters Werner Steinmälzl – Teil 1


DOSSIER
- Musikbücher
Die wilden Zwanziger
Robert Nippoldt und Hans-Jürgen Schaal und ihr opulentes Buch über New York

Jazz-Visionen aus 40 Jahren
Ein Bildband von Siggi Loch

Drei Wünsche frei
Pannonica de Koenigswinter und ihre Labour of Love

Ein kleines Meisterwerk
Der Fotograf Jimmy Katz und seine Musikerporträts


Portraits

Stéphane Grappelli, Sabine Kühlich, Gilad Atzmon, Hyperactive Kid, Soulsängerin Ledisi, Daniel Glatzel

… und mehr im Inhaltsverzeichnis

Nachrichten

Unterfahrt aktuell
Bayerischer Jazzpreis 2007 für Christiane Böhnke-Geisse
„Es kommt in der Welt auf die Helfer an – und auf die Helfer der Helfer“, dessen war sich schon Albert Schweitzer bewusst. Deshalb wird mit dem Bayerischen Jazzpreis jährlich eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens geehrt, die sich in Politik, Wirtschaft oder Gesellschaft nachdrücklich für die Belange des Jazz eingesetzt hat. Bayerisches Jazzinstitut, Landesarbeitsgemeinschaft Jazz in Bayern e.V., Landes-Jugendjazzorchester Bayern und „Jugend jazzt“ Bayern bitten 2007 um Applaus für eine Person im Hintergrund, die verantwortlich dafür zeichnet, dass vielen talentierten Jazzmusikern überhaupt erst der Weg auf eine renommierte Bühne geebnet wurde: Christiane Böhnke-Geisse, Programmverantwortliche des Jazzclubs Unterfahrt in München. Als sie bei ihrem ersten Besuch in München 1984 noch als Touristin den Bluesgitarristen Louisiana Red in der Unterfahrt hörte, hätte sich die damalige Krankenschwesterschülerin wohl nicht träumen lassen, einmal selbst die Entscheidungen darüber zu treffen, wer dort spielt und wer nicht. Nach ihrem Umzug nach München machte sie ab 1986 zunächst quasi nebenbei im Service und als Aushilfe im Büro des Jazzclubs Unterfahrt die Begegnung mit der Management-Seite des Jazzlebens. Am 1. Dezember 1989 begann sie, die Konzerte für die Unterfahrt zu buchen. Zehn Jahre später verabschiedete sie sich, um die Batterien wieder aufzutanken, doch schon Anfang 2001 zog es sie zumindest für die Pressearbeit zurück in den Club. Seit Mitte 2003 widmet sie sich wieder voll und ganz der Aufgabe, das Publikum mit einer Mischung aus Stars und Newcomern zu begeistern. Heute ist Böhnke-Geisse eine der erfolgreichsten Programmgestalterinnen Bayerns und eine unersetzliche „Helfershelferin“, gerade für die junge Jazzszene. Deshalb ist es wohl nicht zuletzt ihr zu verdanken, dass der Jazzclub Unterfahrt inzwischen international einen so hervorragenden Ruf genießt. Dass Böhnke-Geisse diesen Preis unmittelbar vor dem Jahr zugesprochen bekommt, in dem die Unterfahrt ihr 30. Jubiläum feiern kann, ist kein Zufall. Ralf Dombrowksi wird in der Aprilausgabe der Jazzzeitung die Arbeit dieses international etablierten Clubs würdigen und auch einen Überblick geben, was sich die Programmmacher um Böhnke-Geisse und Michael Stückl für 2008 haben einfallen lassen. Zum Redaktionsschluss stand fest: den Jubiläumsmonat April eröffnet das Klaus Doldinger Quartett. Vorher gibt es eine Vernissage mit Fotos von Siggi Loch, „Love of my Live“ (siehe auch unser Dossier Seiten 10 und 11). Mit einem Doppelkonzert feiert man dann am 3. April im Carl-Orff-Saal im Gasteig weiter: Zu Gast sind das Thärichen Tentett sowie Stacey Kent & Band.

Keine Jazztage 2008
Nach 22 Jahren wird das traditionsreiche Jazzfestival an Ostern nicht stattfinden. Nachdem die Stadt Stuttgart dem Theaterhaus Stuttgart Zuschüsse in Höhe von 323.000 Euro vorläufig sperrte, sagte Werner Schretzmeier, Chef des Theaterhauses die Jazztage ab. Auch andere Produktionen seien gefährdet Seit dem Umzug des Theaterhauses in die Rheinstahlhallen vor sechs Jahren gibt es Streit zwischen Stadt und Theaterhaus. Dabei geht es vor allem um die Immobilie Theaterhaus. Sie wurde ursprünglich der Stíftung übereignet, die nach dem Umzug wieder aufgelöst werden sollte. Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) sagte, sobald die Stiftung aufgelöst sei, würde man diese Mittel sofort freigeben. Die Entscheidung fällt Mitte Februar: vermutlich zu spät, um die Jazztage 2008 noch zu retten.

Ulrich Beckerhoff 60
Manchmal passieren Dinge, die man wohl nur Schicksal nennen kann. Im Jahr 1962 verfiel ein Jugendlicher, angesteckt von seinem älteren Bruder, dem Jazz. Den Wunsch, selbst ein Instrument zu erlernen, unterstützten die Eltern gern, nur war das eigentlich Gewünschte – die Klarinette – zu teuer. Dafür kam der damals 15-Jährige vergleichsweise günstig an eine Trompete. Am 6. Dezember 2007 feierte dieser Junge seinen 60. Geburtstag und gehört mittlerweile zu den führenden Trompetern Europas, ist Professor für Jazztrompete und Ensembleleitung und künstlerischer Leiter der internationalen Jazzmesse jazzahead!: Ulrich Beckerhoff.
Außergewöhnlich sensibel, kraftvoll, glasklar und positiv besessen sei er, so liest man in den Kritiken über sein Spiel. Und gespielt hat er mit vielen namhaften Künstlern. Wenn man ihn fragt, ob es noch jemanden gäbe, mit dem er gerne einmal auf der Bühne stehen würde, antwortet er nach kurzem Nachdenken: „Ich hatte ja schon das Glück, mit so vielen Künstlern arbeiten zu können.” Klar, wenn man sich so etwas wünschen könnte, wären es die großen Legenden wie John Coltrane oder Miles Davis. „Und was sich leider nie ergeben hat, war einmal mit Joe Zawinul zu spielen. Wir waren zwar oft auf den selben Festivals, aber nie gemeinsam auf der Bühne.” Über 30 LPs und CDs veröffentlichte Beckerhoff bisher mit eigenen Projekten oder als Sideman und machte sich zudem als Komponist für Hörspiel-, Film-, Fernseh- und Bühnenmusiken einen Namen. Auch am Theater arbeitete er als Komponist und Solist mit den Regisseuren wie Werner Schroeter und Hans Kresnik. 1979 tourte er im Auftrag des Goethe-Institutes durch elf afrikanische Staaten und 1999 war er künstlerischer Berater für Europas Kulturhauptstadt Weimar. In die Schublade vom grüblerischen Musiker, der als Einzelgänger durch die Welt geht, passt Beckerhoff nicht. Vernetzung untereinander und Einsatz für die Kultur sind ihm wichtig. Kommt das Gespräch auf politische Entscheidungen, merkt man schnell, dass ihn das Thema nicht kalt lässt. Ein Beispiel ist die strikte Hochschulpolitik in Bezug auf die europäischen Abschlüsse Bachelor und Master an Kunsthochschulen. „Das ist doch keine artgerechte Haltung des Künstlers.” Für wissenschaftliche Studiengänge mögen Standardmuster sinnvoll sein, für alles Kreative seien diese aber geradezu kontraproduktiv. „Da wird ohne Rücksicht auf Inhalte jede kulturelle Besonderheit glattgebügelt, alles im Namen der Vergleichbarkeit.“ Er selbst arbeitet seit Anfang der 70er als Pädagoge und seit 1991 als Professor an der Folkwang Hochschule Essen, wo er den Studiengang Jazz mit aufbaute. Ulrich Beckerhoff wurde 1947 in Münster geboren und lebt seit über 30 Jahren in Bremen. Er studierte zunächst Jura, dann Musik in Münster und Köln. Seine künstlerische Leistung wurde mit diversen Auszeichnungen gewürdigt, etwa mit dem ersten Preis des Jazzfestivals Loosdrecht in den Niederlanden und dem Förderpreis Musik der Freien Hansestadt Bremen.

Niescier Improviser in Residence
Zum ersten Mal in der Geschichte der Stadt Moers wird es 2008 mit der Saxophonistin Angelika Niescier einen „Improviser in Residence“ geben. Vergleichbar einem „Stadtschreiber“ oder „Stadtmusikanten“ wird Niescier ein Jahr lang ihren Arbeits- und Lebensmittelpunkt nach Moers verlegen, um auf vielfältige Weise das kulturelle Leben der Stadt zu bereichern. Die aus Polen stammende und zurzeit in Köln lebende Saxophonistin gehört zu den führenden kreativen Köpfen der deutschen Jazzszene. Als mehrfache Preisträgerin tourte sie unter anderem 2007 im Auftrag des Goethe Institutes durch Zentralasien. Ermöglicht wird die Einrichtung des „Impoviser in Residence“ durch die Kunststiftung NRW und das Netzwerk Neue Musik, eine Initiative der Kulturstiftung des Bundes. Der „Improviser in Residence“ ist wichtiger Bestandteil des Netzwerk Improvisierte Musik Moers „nimm!“, ein Projekt, welches über einen Zeitraum von insgesamt vier Jahren neue und experimentelle Formen improvisierter Musik im Kulturleben der Stadt Moers verankern soll. Anfang November 2007 hatte sich das Kuratorium des Netzwerk Neue Musik für die Förderung des Moerser Projektes aus den Mitteln Kulturstiftung des Bundes ausgesprochen.
Infos: www.angelika-niescier.de
www.n1mm.de
www.kulturstiftung-des-bundes.de

22. Jazz Festival St. Ingbert
Zum zehnten Mal zeichnet Peter Kleiß 2008 für das Internationale Jazz Festival St. Ingbert verantwortlich. Grund genug, das bislang erfolgreiche Konzept zu überdenken und gründlich zu überarbeiten. Herausgekommen ist nicht nur eine ganze Woche des Jazz mit sechs Veranstaltungstagen, sondern auch eine neue Spielstätte: die Mechanische Werkstatt auf der Alten Schmelz. Dorthin zieht es vom 29. Februar bis 9. März 2008 Musiker aus unterschiedlichsten Generationen. „Die Mechanische Werkstatt ist ein reizvoller Spielort. Nicht nur für Klassik,“ bekennt Festivalleiter Peter Kleiß, im Hauptberuf Jazzredakteur bei SR2 Kulturradio. Den Auftakt machen beispielsweise zwei Tage experimenteller Jazz. Zunächst am Freitag, 29. Februar, ab 20 Uhr die Verleihung des 1. St. Ingberter Jazzförderpreises an eine noch zu benennende Formation, die anschließend ein Konzert geben wird. Dann folgt das Chris-Gall-Trio, feat. Enik und schließlich zeigt „Panzerballett“, welche Möglichkeiten der Fusion zwischen Jazz und Rock bestehen. Am Samstag, 1.3. wird das Markus Stockhausen Quartett seine „Klangvisionen“ vorstellen. Wichtiger Bestandteil sind dabei die Lichtkunstinstallationen von Rolf Zavelberg aus Bonn, welche die musikalischen Experimente der Musiker begleiten. Ein paar Tage macht der Jazz Pause, um am Donnerstag, 6.3., mit der HR-Bigband unter dem Motto „Mediterrana“ wieder aufzuleben. Am 7.3. kommt mit der Kristin Asbjörnsen-Band Besuch aus Norwegen, um weltberühmte „Spirituals“ neu zu interpretieren. Den Abschluss am Freitag gibt eine Formation, die eine Hommage an Art Blakey feiert, wobei einige der Musiker tatsächlich Mitglieder der legendären „Jazz Messengers“ waren. Am 8.2. kommt aus Köln das Blue Art Orchestra unter Leitung von Georg Ruby. Anschließend wird das Publikum mit Eddie Palmieri und seinen „Afro-Caribbean Jazz All-Stars“ ins heiße Cuba entführt. Dieses Konzert wird ab 20.04 Uhr bis Mitternacht live auf SR2 Kulturradio übertragen. Der Höhepunkt des 22. Internationalen Jazz Festivals St. Ingbert wird am Sonntag, 9.3.2008 eine ganz besondere Geburtstagsfeier sein: die deutsche Swinglegende Paul Kuhn wird 80 und hat dazu nicht nur die Allstar-Band „The Best“, sondern auch das Filmorchester Babelsberg mitgebracht.
Ticket-Bestellung: www.proticket.de. Weitere Infos unter www.st-ingbert.de

folkBALTICA 2008 – Estland
Vom 9. bis 13. April 2008 läuft in Flensburg und der deutsch-dänischen Region Sønderjylland-Schleswig das 4. Festival folkBALTICA und präsentiert auf 24 Bühnen mit über 100 Künstlern Musikkultur aus den Ländern rund um die Ostsee. Nach Norwegen, Schweden und Finnland fiel für 2008 der Länderschwerpunkt auf Estland, das als kleinstes der drei baltischen Länder im nächsten Jahr sein 90-jähriges Jubiläum als Republik feien wird.
„ Die estnische Gesellschaft hat in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung genommen. Estland ist ein modernes Land mit einer ungemein spannenden, aber weitestgehend unbekannten Musikkultur, die für Überraschungen sorgen wird,“ begründet der künstlerische Leiter des Festivals, Jens-Peter Müller, die Entscheidung. FolkBALTICA steht für Überraschungen, in 2008 noch mehr als bisher, denn die Musikszene Estlands gilt als ausgesprochen experimentierfreudig und stützt sich dabei auf eine reiche volksmusikalische Tradition. Estlands Kampf um die Loslösung von der Sowjetunion, der 1991 zur Unabhängigkeit führte, ging als „Singende Revolution“ in die Geschichte ein.
Zwei Kirchenkonzerte in Flensburg und Sønderborg mit zeitgenössischer Chormusik von Veljo Tormis und der Folk-Jazzgruppe „Elletuse“ mit der Sängerin Liisi Koikson werden sich der großen Vokaltradition im „Land der Sänger“ widmen. Neben jungen estnischen Künstlern und etablierten Namen wie dem Familien-Ensemble „The Johansons“ und dem Quintett „Ro:toro“ werden auch wieder Gruppen aus Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland und Polen zu Gast sein. Auf der Hauptbühne „Alte Post“ in Flensburg wird die international erfolgreiche Schäl Sick Brass Band aus Köln mit der schwedischen Sängerin Anna Lindblom auftreten. Infos: www.folkbaltica.de

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