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Jazzzeitung

2008/01  ::: seite 13

rezensionen

 

Inhalt 2008/01

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig


TITEL - Musikerschicksal
Die Geschichte des Jazztrompeters Werner Steinmälzl – Teil 1


DOSSIER
- Musikbücher
Die wilden Zwanziger
Robert Nippoldt und Hans-Jürgen Schaal und ihr opulentes Buch über New York

Jazz-Visionen aus 40 Jahren
Ein Bildband von Siggi Loch

Drei Wünsche frei
Pannonica de Koenigswinter und ihre Labour of Love

Ein kleines Meisterwerk
Der Fotograf Jimmy Katz und seine Musikerporträts


Portraits

Stéphane Grappelli, Sabine Kühlich, Gilad Atzmon, Hyperactive Kid, Soulsängerin Ledisi, Daniel Glatzel

… und mehr im Inhaltsverzeichnis

Zwischen Kuss und Kuss

Norah Jones spielt die Hauptrolle in Wong Kar-Wais Film „My Blueberry Nights“

Am Anfang steht ein Kuss mit Blaubeerkuchen-Krümeln. Elizabeth – Norah Jones in ihrer ersten Filmrolle – hat Liebeskummer. Ihre Zuflucht ist ein kleiner Coffee-Shop. Nach einem leisen Flirt mit dessen verständnisvollem Besitzer Jeremy (Jude Law) verschwindet Elizabeth und reist quer durch Amerika. Zurück in New York, gibt es noch einen Blaubeer-Kuss von Jeremy.

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„My Blueberry Nights“ ist der erste Film von Wong Kar-Wai, der in den USA spielt. Der aus Hongkong stammende Regisseur zeigt hier seine Version des klassischen amerikanischen Roadmovie. Norah Jones spielt die Hauptrolle und leitet mit ihrem schlichten Song „The Story“ den Film und auch das Album ein.

Ü ber Norah Jones` schauspielerische Fähigkeiten decke man lieber den Mantel des Schweigens. Auch wenn Wong Kar-Wai ihr eine „natürliche Kamerapräsenz“ zuschreibt – ihr gleichförmig sanftmütiger Gesichtsausdruck wirkt auf die Dauer schlicht langweilig. Da hinterlässt der kurze Gastauftritt der Folk-Rock-Sängerin Cat Power einen weitaus tieferen Eindruck. Ihre bittersüße, piano-umstickte Variante des Memphis-Soul „Living Proof“ gehört zu den Perlen des Albums.

Die Tonspur von „My Blueberry Nights“ lässt das amerikanische Erbe aufleben. Der Soundtrack vereint so ur-amerikanische Genres wie Jazz, R&B, Soul, Rock und Folk. „Alle Szenen sind getragen von der Stimmung der Musik. Sie gibt das Tempo und den Rhythmus vor“, meint der Regisseur.

Dennoch, eine ebenso tragende Rolle wie in seinen früheren Filmen hat die Musik hier nicht. Man denke an „Chungking Express“, wo der amerikanische Hit „California Dreamin‘“ eine Kontrastfolie gegenüber den Aufnahmen von Hongkong bildete. Oder an „In The Mood For Love“, wo die kammermusikalischen Klänge die Bilder überhaupt erst hervorzurufen scheinen. In „My Blueberry Nights“ hingegen funktioniert die Musik wie ein gewöhnlicher Soundtracks; sie untermalt Landschaften und Szenen, bildet jedoch keine eigenständige Dimension.

Ry Cooder war für Zusammenstellung und Arrangements verantwortlich, an der Gitarrenlastigkeit einiger Songs ist das deutlich zu erkennen. Auch drei eigene Roots-Rock-Instrumentals steuerte der amerikanische Komponist und Gitarrist bei, in denen er den Schall seiner E-Gitarre durch einsame Klanglandschaften schwingt.

Insgesamt bildet der Soundtrack eine abwechslungsreiche Mischung von Klassikern und Neukompositionen. Darunter findet sich manches Kleinod, etwa Mavis Staples düstere R&B-Interpretation des Traditionals „Eyes On The Prize“. Auch Otis Reddings Soul-Röhre lebt auf: „Try A Little Tenderness“ mit seiner schlichten Bläser-Intro und der winselnden Hammond-Orgel katapultiert den Hörer schnurstracks in die 60er-Jahre. Von dem argentinischen Komponisten Gustavo Santaolalla stammt „Pajaros“, ein bezaubernd federleichtes Instrumental für Akustik-Gitarre. Schließlich greift Wong Kar-Wai mit dem unendlich melancholischen „Yumeji’s Theme” auf ein schon mehrmals in seinen Filmen verwandtes Motiv zurück; inzwischen wirkt es wie die Signatur eines Malers.

Nicht alle Stücke können ohne die atmosphärischen Filmaufnahmen für sich selbst bestehen. „Devil´s Highway“ von Hello Stranger klingt nach Schlager. Und Cassandra Wilsons Version von Neil Youngs „Harvest Moon“ kommt vor lauter Verträumtheit nicht vom Fleck.

Mein Tipp: Zuerst den Film sehen, dann das Album nebst einem Stück Blaubeerkuchen genießen und Wong Kar-Wais grandiose Bilderwelt im Kopf noch mal aufleben lassen.

Antje Rößler

My Blueberry Nights
Blue Note/EMI, LC: 00110

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