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Nach der erfolgreichen Jubiläums-Ausgabe 2006 musste das Jazz-Festival Willisau wieder etwas kürzer treten. Zehn Prozent Publikum weniger und immer wieder abspringende Sponsoren zehren am Kern des renommierten Festivals inmitten der Schweiz. Nach wie vor gelingt es dem künstlerischen Leiter Niklaus Troxler eine spannende Mischung zu finden, die nie beliebig wirkt, sondern wohldurchdacht die ganze Jazz-Szene in ihrer Vielfalt ablichtet. Im vielseitigen Programm kommen auch die Ränder des Jazz zum Zug. Ansonsten brachte die 33. Ausgabe freie Improvisation, frischen Hardbop, Funk, Brass und Rock. Wem dies noch nicht genug war, der konnte in den vormittäglichen Solo-Konzerten im intimen Rahmen der Stadtmühle oder im Foyer der Festhalle in den mitternächtlichen Late Spots abtanzen. 2007 war in Willisau manch Theatralisches und viel Überflüssiges zu hören, Höhepunkte dagegen kaum. Allenfalls der vielversprechende Auftakt mit Louis Sclavis bleibt in Erinnerung. Unbequemer und bissiger als bisher präsentierte sich der französische Reeds-Spieler. Er umgibt sich nun mit jungen Musikern, um neue Felder zu erkunden. Tatsächlich prägen ungewohnte Rocktöne, die mit freien Improvisationen konfrontiert werden, das Bild. Charakteristisch für die elfteilige Suite sind Kontraste und Brüche, die das Ganze aber spannend machen. Unterschiedliche Stilistiken kommunizieren einträglich miteinander, fügen sich in ein geschlossenes Gesamtkonzept fernab üblicher Fusion-Vorstellungen. Dies ist um so erstaunlicher, als hier ein Quintett zusammentrifft, das sich bislang kaum kannte. Einzig Schlagzeuger Francois Merville ist aus dem alten Sclavis-Team übrig geblieben. Die „Next Waves“ brachten anderntags dann eine abgestandene Bigband im Frack, die der britische Sound-Tüftler Matthew Herbert aufzumischen versuchte. „Goodbye Swingtime“ hieß die Parole mit aufgesetzten Gags und Klamauk der untersten Stufe. Das junge Publikum hatte seinen Spaß, das Festival, da ausverkauft, seine Einnahmen. Hoffen auf den zur Tradition gewordenen Duo-Nachmittag. Er kann am ehesten noch als Glanzpunkt verbucht werden. Misha Mengelberg und Dave Douglas wagten absturzträchtige freie Improvisationen. Die anfänglichen Leerläufe, bei denen kantige Akkorde auf stolpernde Phrasen trafen, wurden mit Monk-Standards gebührend pariert. Hatten sich die beiden dem spontanen Moment verschrieben, so ging das Duo Dave Holland/Chris Potter geplanter vor. Nichts blieb dem Zufall überlassen, so dass die hochkarätigen Instrumentalisten wenig Spannung erzeugten. Dies gilt zweifellos auch für den an Jimi Hendrix angelehnten Elektro-Blues, wie ihn Gitarrist Jean-Paul Bourelly fabriziert. Dieser beliebige Rock wirkte reichlich deplaziert, wenn nicht überholt. Warum sich ein passabler Gitarrist wie Marc Ribot mit lauten, metallischen Klängen anpassen musste, bleibt sein Geheimnis. Gediegen Depart, fahrig Nathanson´s Sotto Voce, gewohnt anders Underground mit Chris Potters zeitgenössischer Fusion. Willisau 2007, ein schwacher Jahrgang. Die einzigartige Atmosphäre aber, sie blieb. Reiner Kobe |
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