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Jazzzeitung

2007/05 ::: seite 6

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Inhalt 2007/05

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig


TITEL - Endzeitstimmung
Wir erleben die Apokalypse des Jazz


DOSSIER

Individualisten aus Chicago
Zum Tod des Pianisten Andrew Hill und des Geigers Johnny Frigo

I like the way you play
Abschied von Joe Zawinul mit Erinnerungen an eine bewegte Zeit


Portraits

Jean-Luc Ponty, Kristin Asbjørnsen, Daniel Smith, Harald Banters Media Band, Besuch bei Richie Beirach

… und mehr im Inhaltsverzeichnis

Das Beste aus zwei Welten

Der Fagottist Daniel Smith zwischen Klassik und Jazz

Von der Klassik zum Jazz und gelegentlich wieder zurück: das ist eine Kurzbeschreibung des Werkens und Wirkens des amerikanischen Musikers Daniel Smith. An sich nichts Ungewöhnliches, könnte man meinen, wäre es nicht ein ziemlich sperriges Instrument, das Smith sich da auserkoren hat: das Fagott. Wobei Smith nicht von Anfang an auf das Fagott festgelegt war, sondern sich in den Jahren davor auch auf Saxophon, Flöte und Klarinette profilierte. Hatte Smith sich einst auf dem Gebiet der Klassik den kompletten Fagott-Konzerten von Vivaldi gewidmet, 37 an der Zahl, und diese alle auf CD eingespielt, so grast er derzeit die Jazzepochen ab: nach „Bebop Bassoon“ erschien jetzt sein neues Album „The Swingin’ Bassoon“ (Zah Zah Records) – den Klängen des Fagotts im Jazzkontext zu lauschen und ihnen nachzuspüren, sei hiermit wärmstens empfohlen.

Daniel Smith

Bild vergrößernDaniel Smith

jazzzeitung: Daniel, du bist gleichermaßen in der Klassik wie im Jazz zuhause. Warum gibt es so wenige anderen Fagottisten, die das ebenso beherrschen?
Daniel Smith: Der Durchschnittshörer und selbst viele Musiker haben keine Ahnung, wie schwierig es ist, das Fagott zu meistern. Ähnlich der Geige gilt es als „Zehn Jahre“-Instrument. So lange nämlich braucht man, bis man es beherrscht – wohingegen man das Saxophon bereits nach zwei Jahren intensiven Übens und mit Hilfe eines guten Lehrers recht anständig spielen kann.
Und selbst dann, wenn man es – in der Klassik, wohl bemerkt! – zum erstrangigen Fagottisten mit professionellem Niveau geschafft hat, bedeutet der Versuch, auf diesem Instrument Jazz zu spielen, einen wahren Albtraum an technischen Problemen. Die gleiche Jazzphrase, die auf dem Saxophon leicht auszuführen ist, wird auf dem Fagott um ein mehrfaches schwieriger. Dabei ist es egal, ob sie aufnotiert wurde, oder ob man improvisiert.

jazzzeitung: Selbst als anerkannter Virtuose im Klassikbereich nützen dir deine Fertigkeiten auf dem Instrument so gut wie gar nichts, wenn du dich in Jazzgefilde begibst. Du musst quasi ein paar Jahre erneut die Schulbank drücken und erst die Grundlagen des Improvisierens auf diesem Instrument erarbeiten. Irgendwann gelingt es dann, auch die klassischen Techniken nutzbringend einzusetzen.
Smith: Hier sehe ich den Grund, warum es so gut wie keine anderen Fagottisten zu geben scheint, die sich in beiden Genres wohl fühlen: Um das zu tun, muss man erst die Leiter zum klassischen Virtuosentum erklimmen und dann, indem man von Null neu anfängt, dasselbe mühsam als improvisierender Jazzmusiker nachvollziehen. Weil das aber Jahre dauert, ist es nicht jedermanns Sache. Ich persönlich bin froh, dass ich mich dieser Herausforderung gestellt habe.

jazzzeitung: Wo der klassische Musiker dem Schauspieler gleicht, der den Noten des Komponisten wie den Bühnenanweisungen des Regisseurs folgt, kann der Jazzmusiker wirklich besser seine Gefühle ausdrücken? Wie stehst du als „Mann der zwei Welten“ dazu?
Smith: Das mit dem Jazz und den Gefühlen würde ich so unterschreiben. Die Improvisation eröffnet dem Spiel aber grundsätzlich Welten, wobei der Reiz darin besteht, dass man nie vorher weiß, wohin es führen mag – weder an einem bestimmten Tag, oder insgesamt über die Jahre. Idealerweise bildet jeder neu erarbeitete Mosaikstein eine Stufe auf der Leiter, von der aus man sich noch weiter nach oben strecken kann. Das gilt auch für die eigene Kreativität – irgendwann stellt man fest, dass man alles, was man in der Lage ist, sich vorzustellen, auch umsetzen kann. Gleichzeitig lernt man, viele Takte vorauszudenken und den Kurs dessen zu bestimmen, was folgen soll. Das wird so intuitiv, wie beim Sprechen einen Satz zu bilden.
Wenn man in diesem „Alpha-Zustand“ ist – so hat Stan Getz das genannt – dann hört man ganze Passagen voraus, während man noch dabei ist, eine bestimmte Phrase erst zu spielen. Die Ideen fliegen einem voraus, scheinbar mühelos. Aber frag mich nicht, wie – ich habe keine Ahnung, ich weiß nur, dass es geht! Es passiert einfach. Das ist ja eines der vielen Mysterien, wie das Gehirn funktioniert. Oder wie die Finger dem folgen…

jazzzeitung: Du hast ja auch Saxophon und Klarinette gelernt und gespielt. Konzentrierst du dich in letzter Zeit auf das Fagott?
Smith: Sogar ausschließlich! Wie Stan Getz zu sagen pflegte, man benötigt sein ganzes Leben, um ein Instrument wirklich zu beherrschen. Und er, Getz, würde nicht im Traum daran denken, irgendein Instrument neben dem Tenorsax auch nur in die Hand zu nehmen! Aber wusstest du schon, dass Getz in der Highschool Fagott gespielt hat und für dieses Instrument sogar ein Stipendium erhalten hatte? Und zwar an der Morris High School in der Bronx. Meine ersten Lektionen am Saxophon erhielt ich dort vom gleichen Lehrer, der seinerzeit auch Stan Getz unterrichtet hatte. Das war Bill Sheiner. Und es war sogar der gleiche Unterrichtsraum, in dem auch Getz das Saxophonspielen gelernt hat – nur eine Generation vor mir…

Interview: Carina Prange

CD-Tipp

Daniel Smith: The Swingin’ Bassoon
(Zah Zah Records ZZCD 9824)
www.danielsmithbassoon.com

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