Der 1930 als Gerd von Wysocki geborene Harald Banter war zunächst
Programmgestalter beim NWDR Köln, wechselte 1952 zum WDR und gründete
dort das Harald Banter-Ensemble, die spätere Media Band. 25 Jahre
nach deren Auflösung ist jetzt eine CD mit Aufnahmen aus den Jahren
1977–81 erschienen (cpo special 777 326-2). Chefredakteur Andreas
Kolb befragte Banter dazu.
jazzzeitung: Welchen Stellenwert hat die Arbeit mit der Media Band heute
für Sie innerhalb Ihres Schaffens?
Harald Banter: Einen ganz außergewöhnlichen. Meine Arbeit
lässt sich in zwei Hauptzweige teilen, die ich beide mit großer
Leidenschaft ausgeübt habe: Der eine ist die Media Band, die 1982
aufgelöst wurde, danach die Tätigkeit als Producer beim WDR.
Diese beiden Tätigkeiten sind herausragend in meinem Leben.
jazzzeitung: Sie haben bestimmte Titel aus
den Jahren 1977 bis 1981 ausgewählt,
warum gerade aus dieser Phase?
Banter: In diesem Zeitraum war die Hochblüte der Media Band, was
die Qualität der Musik und der Musiker anbelangt. Leute wie Jon
Eardley und der Bassist Mike Formaneck waren genauso dabei wie Heiner
Wiberny, der jetzt erster Alt-Saxophonist in der WDR-Bigband ist. Außerdem
war die Media Band in dieser Zeit beim WDR fest angestellt. Von der finanziellen
Seite war die Arbeit also gesichert, so dass ich hervorragende Arrangeure
wie Jerry van Rooyen und Rob Pronk engagieren konnte – im Gegensatz
zu den ersten Jahren, in denen ich mich ziemlich quälen musste.
jazzzeitung: Was waren in dem Vierteljahrhundert
in dem Sie mit der Media Band gearbeitet haben, Ihre Aufgaben beim WDR?
Banter: 1952 kam ich auf die Idee, eine eigene Formation
aufzustellen und meine eigene Musik zu verwirklichen. Die ersten Arrangements
habe
ich fast alle selber geschrieben. Meine Motivation war, selber Musik
zu machen. Bis dahin hatte ich ja nur meine Tonmeisterausbildung und
war redaktionell als Programmgestalter tätig.
jazzzeitung: War das Erlebnis mit George Shearing
der Auslöser?
Banter: Ja, ich habe eine Sendung im EFM gehört, das war das Schlüsselerlebnis.
Ich habe versucht, an eine Platte von George Shearing zu kommen, was
mir nicht gelang. In ganz Deutschland gab es nicht eine einzige Aufnahme
von ihm. Dann erzählte mir jemand, dass es in Paris einen Plattenladen
gebe, der auch exportiert. Also bin ich nach Paris gefahren, habe den
Plattenladen tatsächlich gefunden und fünf Shearing Platten
gekauft. Ich wusste: so was will ich auch machen.
jazzzeitung: Zurück zur Platte: Wie würden Sie die Auswahl
beschreiben?
Banter: Ich habe hauptsächlich Musik aus der letzten Phase der Media
Band ausgewählt. Das hat zwei Gründe: einen musikalischen und
einen juristischen. Bis 1974 waren die AR-Rechte – außer
Rundfunk-Rechte – noch nicht freigegeben. Das heißt, man
musste vor der Veröffentlichung die Genehmigung der einzelnen Mitwirkenden
einholen. Deswegen habe ich Musik aus der Zeit danach ausgesucht, aber
das deckte sich auch mit der musikalischen Seite – in den letzten
Jahren war die Qualität am höchsten. jazzzeitung: Haben Sie Lieblingsstücke?
Banter: Ich finde den ersten Titel toll, „Pennies From Heaven“,
der swingt gut, Die ersten Titel sind alle klasse.
jazzzeitung: Wie entsteht Ihr spezieller Sound?
Durch die besondere Besetzung?
Banter: Die Sätze sind immer gemischt. Eine Big Band hat normalerweise
immer vier Trompeten, vier Posaunen und fünf Saxophone, bei der
Media Band aber hatten wir drei Trompeten, zwei Posaunen und drei Saxophone.
Um einen fünfstimmigen Satz zu setzen haben wir drei Saxophone mit
zwei Posaunen gemischt. Das Typische sind diese Mischsätze. jazzzeitung: Warum Swing, aus thematischen
Gründen?
Banter: Ich musste mich ja für eine Ausrichtung entscheiden. Swing
und Balladen schwebten mir vor. Die zweite CD, die Ende des Jahres erscheint,
ist etwas kommerzieller als die Erste. Darauf werden Evergreens und Tonfilmschlager
mit Greetje Kauffeld zu hören sein.
jazzzeitung: Wie war die Zusammenarbeit mit
Greetje Kauffeld?
Banter: Fantastisch. Eine der nettesten Damen, mit denen
ich in den letzten Jahren zusammen gearbeitet habe. Sie hat toll gesungen
und große
Musik gemacht.
jazzzeitung: Was waren Ihre Vorbilder und Lieblingsarrangeure?
Banter: Es gibt in Deutschland gar nicht so viele, die
im Jazz- und Swingbereich große klasse sind. Aber Jerry van Rooyen oder Rob Pronk sind fabelhaft.
jazzzeitung: Sie sind ehrenamtlich engagiert
bei der GEMA und beim Deutschen Komponistenverband. Wie schätzen Sie die Situation des Jazz heute
ein?
Banter: Ich habe es nie für möglich gehalten, dass der Jazz
in Deutschland eine derartig große kulturelle Bedeutung erlangen
würde. Er wird aber nie eine Massenbelustigung werden, dazu ist
die Musik zu anspruchsvoll. Ob sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk
auch in Zukunft noch eine Bigband leisten kann ist natürlich die
Frage...
Buch-Tipp
Harald Banter: Ton-Folgen, ConBrio Verlagsgesellschaft, Regensburg
www.klassika.info/Komponisten/Banter_Harald/
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