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A life for Jazz. Jean-Luc Ponty lebt es, das Leben für den Jazz.
Mittlerweile ist er 65 und noch immer ständig auf Tour. Obwohl das
Leben mit dem Jazz auch ein Leben aus dem Koffer ist, weiß er,
warum er es nicht anders haben will. „Das Reisen macht mir heute
weniger aus als früher,“ meint Ponty. „Natürlich
genieße ich es nicht unbedingt, dauernd unterwegs zu sein, aber
wenn ich auf der Bühne stehe, tritt das alles in den Hintergrund.
Es gibt für mich auf der Violine noch vieles zu entdecken. Ich konzentriere
mich zum Beispiel wieder mehr auf akustisches Spiel. Das ist so, als
ob sich der Kreis schließen würde zu den Anfangszeiten meiner
Karriere.“ Zu diesen Anfangszeiten war an eine elektrisch verstärkte
Violine, wie sie später sein Markenzeichen werden sollte, noch nicht
zu denken. Als Sohn zweier Musiklehrer wuchs Ponty in Avranches auf,
da wo die Normandie auf die Bretagne stößt, und lernte zunächst
Violine, Klarinette und Klavier, bis ihn seine Eltern ein Hauptinstrument
wählen ließen. So wurde die Violine zu seinem Instrument und
er spielte sie bald so gut, dass er bereits mit 16 Jahren sein Studium
am Pariser Conservatoire National Supérieur de Musique beginnen
konnte. An diesem ehrwürdigen Ort liefen die Studenten in den Nachkriegsjahren
kaum Gefahr, mit so verruchten Dingen wie dem Jazz in Berührung
zu kommen. Dafür sorgten das Pariser Nachtleben und die Studentenparties.
Sie erschlossen dem jungen Geiger aus der Provinz eine völlig neue
Welt: „Ein paar Leute von der Universität spielten auf Parties
Swing und suchten einen Klarinettisten,“ erinnert sich Ponty. „Ich
wusste überhaupt nichts von Jazz, konnte aber sofort zu den Jazztunes
improvisieren, das hat ihnen gefallen und sie haben mich engagiert. Es
ist eine Frage des Gehörs. Manche Musiker können nach Gehör
passende Melodien finden, egal ob sie die Musik kennen oder nicht. Die
Musiker erklärten mir dann die Grundprinzipien des Jazzspielens.
So lernte ich den Jazz kennen.“ Eine Zeit lang bewegte sich Jean-Luc
Ponty so in zwei Welten. Tagsüber mit der Violine in der strengen
Atmosphäre einer klassischen Musikakademie, nachts als Klarinettist
und später Tenorist in den Jazzclubs des existentialistischen Paris,
wo er auf Konzerten von John Coltrane, Dizzy Gillespie, Thelonious Monk
und Cannonball Adderley auch den Modern Jazz entdeckte. Ein technisches Problem galt es für ihn aber zu lösen: „Die Violine war einfach zu leise. Ich hatte damit nicht die Möglichkeiten eines Saxophonisten oder Trompeters. Erst als ich einen Pickup bekam und mir einen Verstärker kaufte, war ich überhaupt in der Lage, mit einer normalen Rhythmusgruppe zu spielen.“ Nach ersten Plattenaufnahmen und viel beachteten Auftritten wie beim
Monterey Jazzfestival wurden Publikum und Kritik schnell aufmerksam auf
den jungen Franzosen. Zahlreiche Engagements und ein Plattenvertrag in
den USA waren die Folge. Ponty zog nach Los Angeles, tourte mit dem Mahavishnu
Orchestra und Frank Zappas Mothers of Invention und fand dadurch schnell
Anschluss zur amerikanischen Fusionszene. Anfang der Siebziger Jahre
entdeckten die Jazzmusiker, die Soundmöglichkeiten elektrischer
Pianos und Synthesizer. Ermuntert durch Frank Zappa begann auch Jean-Luc
Ponty sein Klangspektrum zu erweitern. Er experimentierte mit Gitarreneffekten,
ließ sich eine elektrische Geige bauen, verwendete Wah-Wah-Pedale,
Phaser und andere Effekte. Es gelang ihm, diese so schlüssig in
sein Spiel zu integrieren, dass er damit der Jazz-Violine neue Dimensionen
eröffnete. Ponty wurde allmählich zu einer Gallionsfigur der
Fusionbewegung und Vorreiter einer Musikergeneration, die sich die technischen
Errungenschaften zunutze machte, um dem Jazz neue Klangräume zu
erschließen. Bereut hat Jean-Luc Ponty seine Entscheidung für den Jazz bis heute nicht, obwohl er einer Sache schon ein wenig nachtrauert: „Ich wäre sehr gerne Dirigent geworden. Ich musste am Pariser Konservatorium aber erst eine Instrumentenklasse durchlaufen, bevor ich die Dirigentenausbildung beginnen konnte. Als es dann soweit war, hatte mich schon längst der Jazz in seinen Bann geschlagen. Zum Glück konnte ich mein anderes Ziel, das Komponieren, auch als Jazzmusiker verwirklichen. Und zum Trost kann ich ja immer noch meine Band dirigieren.“ Jörg Lichtinger
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