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Ein Hip Hop-Hitmacher aus Stuttgart begleitet eine junge Deutsch-Spanierin auf der Gitarre und erfindet dabei das Glück – sofern man dem spanischen CD-Titel glauben mag. Für den flexiblen Nachwuchs stehen die Stil-Schubladen derzeit weit offen: Vernetzung liegt im Trend.
Beim zweiten Stimmenfang-Festival in Nürnberg standen dafür beispielhaft Gitarrist und Produzent Don Philippe, Miterfinder der HipHop-Formation Freundeskreis, und Sängerin Laura López Castro mit ihrem kräftig emotionsgeladenen, songwriterhaften Spanish Soul. Um Netzwerkarbeit in Zeiten knapper öffentlicher Kassen ging es am gleichen Ort auch in der vorangestellten Podiumsdiskussion: „Jazz in der Stadt, mit der Stadt und für die Stadt“. Das linke Netzwerk, früher Schlüsselwort der alternativen Szene, ist salonfähig geworden. Kein Wunder: Bestimmen doch knappe öffentliche Fördergelder, Sponsorensuche und Nachwuchssorgen auch den Jazzalltag. Vernetzung heißt da also der neudefinierte, neutralisierte Schlüsselbegriff, der auch bei der Stimmenfang-Podiumsdiskussion mit Vertretern der Stadt, der Politik und Kennern der Jazzszene im Raum stand. Während sich Christine Stahl (Mitglied des Landtags für die Grünen und Schirmfrau des Festivals) mit Michael Frieser (Vorsitzender der CSU-Stadtratsfraktion) und Gebhard Schönfelder (Vorsitzender der SPD-Stadtratsfraktion) über Spar-zwänge und den richtigen Einsatz von Fördermitteln auseinandersetzte, verwies Jazz-Journalist Ralf Dombrowski auf den Modellcharakter eines vitalen Jazz-Stadtfestes – freilich in Montreal. So weit will Yogo Pausch, Vorsitzender des Nürnberger Jazzmusikervereins, gar nicht gehen, schließlich sei die „Jazzszene in Nürnberg seit jeher sehr intakt“. Der Münchner Moderator Dombrowski hingegen kann aus seiner Sicht eine große Außenwirkung nicht recht ausmachen: Man müsse den Bekanntheitsgrad verbessern. Das kann der häufig tourende Mozartband-Drummer Yogo Pausch schwer nachvollziehen und gibt zurück, dass der Münchner Jazz dafür ohne Ellbogenschoner ungesund sei. Dabei gab es dringlichere Fragen zu verhandeln: Was findet Karstadt eigentlich am Jazz? Da fackelte Heinrich Sager, Leiter des Karstadt-Kulturcafés, angesichts überholten Unbehagens nicht erst lange. Das Kulturprogramm – auch in Sachen Jazz – sei eben die preiswerteste Werbung, verglichen mit anderen Möglichkeiten. Dem entstehenden Nürnberger Jazznetzwerk bekommt solche Offenheit nicht schlecht: Karstadts Kulturcafé und der Jazzmusikerverein, die Firma Datev und das Jazzstudio, die Musikhochschule und die vom Kulturamt verwaltete Tafelhalle, die Gostenhofer Dreieinigkeitskirche und das Derag Hotel Maximilian sitzen beim Stimmenfang-Festival mit dem Gostenhofer Jazztage e.V. bereits in einem Boot. Kooperation statt Konkurrenz belebt die lokale Jazzszene: Für Karstadt-Manager Heinrich Sager ist es dennoch keine Frage, dass auch die „Champions-League“ präsent sein muss. „Man muss sich nicht wundern, wenn sich das große Publikum zurückzieht. Wenn die Stars nicht mehr kommen, bleiben die Leute eben irgendwann weg.“ Und Pianist Peter Fulda moniert: „Wir verschwenden den Faktor Qualität.“ Da verweist Helmut Schüler vom Jazzstudio auf Gagen, die mit der Währungsumstellung auf das Doppelte gestiegen seien – im Gegensatz zum Etat. Während nach langjähriger Konkurrenz Aufbruchsstimmung aufkeimt und die Grüne Festival-Schirmherrin Christine Stahl an das Leitbild der kreativen Stadt erinnert, verweist Tafelhallen-Chef und damaliger Jazzstudio-Geschäftsführer Michael Bader noch auf das Ende von Jazz Ost West. Da habe man zuletzt am Publikum vorbeioperiert. Stimmenfang sei derzeit ein spezielles Format. Diesem bescheinigt Beate Sampson vom BR ein durchweg hohes Niveau. Die Bands und Frauenstimmen, die sich unter dem aktuellen Festivalmotto Romance & Soul versammeln, seien hörenswert und ungewöhnlich interessant. Dass junger Jazz aus Nürnberg und der überregionalen Szene dadurch Seite an Seite mit bereits bekannten Größen auch wahrgenommen wird, intendiert Stimmenfang-Programmleiter Reinhold Horn. „Sternförmige und fließende Verbindungen zwischen Partnern“ sieht er auch überregional als Zukunftsmodell. Gleichberechtigter Austausch sei die übliche Kommunikationsform seit dem Modern Jazz, weshalb dem Jazz dabei auch Modellcharakter zukäme, welcher die neue Vernetzung anschieben kann. Das ehemalige Stadtteilfestival, das auf kleinen Kneipenbühnen begann, erobert nach und nach die Stadt. Text und Foto: Anja Barckhausen Ein Bericht über das Festival folgt in der nächsten Ausgabe.
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