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Jazzzeitung
2007/05 ::: seite 21
jazz heute
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Wurde die Eröffnung des Freiburger Jazzhauses vor 20 Jahren noch
mit großen Namen wie Miles Davis bestritten, so wurde diesmal im
Kleinen gefeiert. Mit einer glanzvollen Gala einheimischer Musiker und
einem internationalen Piano-Wettbewerb, dessen Jury George Gruntz vorstand,
wurde das 20-jährige Jubiläum Ende September begangen. Vorsitzender
der „Vereinigung Freiburger Jazzhaus e.V.“, die das Kellergewölbe
in der Nähe des Hauptbahnhofs betreibt, ist Herbert Schiffels, Lehrer
und langjähriger Leiter des Freiburger Schüler-Jazzorchesters.
Mit Schiffels hat Reiner Kobe gesprochen.
Jazzzeitung: Herr Schiffels, wie kam es zur Gründung des Freiburger
Jazzhauses vor 20 Jahren?
Herbert Schiffels: Das war eigentlich eine recht spontane Idee des damaligen
Freiburger Oberbürgermeisters Dr. Rolf Böhme, der ein jazzbegeisterter
Mann ist. Bei langfristig geplanten großen städtebaulichen
Maßnahmen stand ein ehemaliger Weinkeller auf dem Abrissplan, weil
eine Tiefgarage gebaut werden sollte. Bem Ortstermin hatte der OB das
Gefühl: „Das könnte die Location für die Jazzszene
werden.“ Er vermittelte diese Idee an Waldi Heidepriem, den überregional
bekannten Pianisten, mit dem er befreundet war. Dieser verbreitete den
Gedanken in der Szene – das alles war 1985 – die Planungen
für die Tiefgarage wurden geändert – und tatsächlich
eröffnete das Jazzhaus Freiburg am 16.10.1987.
Jazzzeitung: Es wurde ja auch ein Verein gegründet?
Schiffels: Ja, nicht die Stadt sollte der Träger dieses Jazzkellers
sein – z.B. über das Kulturamt – die Szene sollte es
in eigener Verantwortung und Regie machen. Und dazu wurde die „Vereinigung
Freiburger Jazzhaus e.V.“ gegründet. Und in der Satzung steht,
dass es zu den Aufgaben des Vereins gehört, das Jazzhaus zu betreiben.
Jazzzeitung: In den letzten Jahren ist das
Jazzhaus arg in Verruf geraten, weil so viele kommerzielle Veranstaltungen
stattfanden und so wenig Jazz.
Es steht zwar Jazzhaus drauf, doch drinnen ist immer wieder etwas anderes.
Wie erklären Sie das?
Schiffels: Das ist ganz einfach zu erklären: 1985 saß bei
der Gründung des Vereins eine sehr bunt gefächerte Gruppe zusammen.
Da war die Rockszene dabei, die Folkszene und eben die Jazzszene. Und
Waldi Heidepriem hat das Charisma und die Autorität, das nicht nur
zusammen zu bringen, sondern auch zusammen zu halten. Im Nachhinein wundert
man sich, dass es über die Namensgebung „Jazzhaus“ keinen
Streit gab. Denn von Anfang an war klar, dass alle oben genannten Stilrichtungen
in dem Keller Heimrecht haben sollten. Auch das ist in der Satzung verankert.
Das ist auch nicht das wirkliche Problem des Vereins geworden. Zum Problem
wurde, dass es zum Betreiben eines solch großen Hauses mit dem
Anspruch, an sieben Tagen der Woche Programm zu machen, einer professionellen
Betreuung bedurft hätte. Dass da jeden Tag ein anderes Vereinsmitglied
für das Programm verantwortlich war, dass es keine wirklich koordinierte
Finanzverantwortung gab, dass man sich rasch im komplizierten Regelwerk
des Steuerrechts verhedderte – das alles führte zu ernsthaften
Problemen schon zu Lebzeiten von Waldi Heidpriem. Das wahre Ausmaß der
Probleme wurde aber erst nach seinem Tod deutlich. Nach langen Debatten
hat man dann den Weg gefunden, über eine vom Verein initiierte und
gegründete Betreiber-GmbH das Haus professionell zu führen
und zu versuchen, den aufgelaufenen Schuldenberg wieder abzutragen. Und
dass das mit Jazzkonzerten nicht funktionieren kann, geben auch eingefleischte
Jazzfans zu. Es gibt also Freitag- und Samstagnacht (nach den Konzerten!)
Clubveranstaltungen, „die sich rechnen“ und die es überhaupt
erst möglich machen, künstlerisch hochwertige Konzerte (die
sich meist eben „nicht rechnen“) durchzuführen. Das
haben inzwischen alle begriffen und die Kritik ist eigentlich völlig
verstummt. Die Kritik wäre auch leicht zu widerlegen, einfach indem
man die durchgeführten Konzerte der letzten Jahre auflistet – da
sieht man dann schwarz auf weiß eine imponierende Fülle hochwertiger
Konzerte.
Jazzzeitung: Wer macht das Programm?
Schiffels: Wenn wir uns auf den Jazz beschränken, dann funktioniert
es so: Wir haben im Vorstand einen richtigen Fan im klassischen Sinne,
Michael van Gee, im Hauptberuf Rechtsanwalt. Er lässt seinen Wünschen
freien Lauf – und der Rest des Vorstandes zusammen mit dem Geschäftsführer
der GmbH Michael Musiol schätzen ab, ob sich das finanziell machen
lässt. Wenn ja, wird`s gemacht. Wenn das Risiko zu groß erscheint,
dann nicht.
Aber wie oben bereits erwähnt: es ist Aufgabe des Vereins, auch
die anderen Felder zu bedienen. Und das wird gemacht. Bei Rock und Blues
und Folk und Worldmusic ist allerdings in der Regel das finanzielle Risiko
geringer.
Jazzzeitung: Wie sieht die Unterstützung der Stadt aus?
Schiffels: Das ist leider – im Vergleich mit anderen Städten – wenig
Unterstützung. Aber das muss man gerecht beurteilen. Der wunderschöne
Gewölbekeller gehört dem Goetheinstitut. Die Stadt überweist
die Miete von immerhin rund 38.ooo€ jährlich nach München – und
das ist eine enorme Unterstützung. Nur kommt sie dem Programm nicht
zugute. Insgesamt unterstützt die Stadt den Verein zur Zeit mit
45.ooo €. D.h. also, dem Verein stehen rund 7.ooo € im Jahr
zur Verfügung – und damit lässt sich natürlich nicht
mehr allzu viel ausrichten.
Jazzzeitung: Wie sehen Sie die nächsten 20 Jahre des Jazzhauses?
Kann und wird es überleben?
Schiffels: Ein klares JA. Der schmerzliche Umstrukturierungsprozeß nähert
sich dem Ende, die Schulden sind fast abgebaut, die „Umverteilung“ der
erwirtschafteten Gelder wird dem Programm zugute kommen – die Stadt
hat signalisiert, dass sie den 2008 auslaufenden Mietvertrag mit dem
Goethe-Institut verlängern wird.
Das Jazzhaus wird es weiter geben. Mit einem schönen Jazzprogramm – und
anderem.
Mit genau dem Mix, der in der Satzung vorgesehen ist. Und genau dem Mix,
der am Ende die Rechnung „Null auf Null“ aufgehen lässt.
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