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Ihr Name klingt wie der Widerhall einer vergessenen Zeit. Bloße Epigonen früherer Helden zu sein, ist Echoes of Swing aber zu wenig. Die vier Musiker spielen den Swing vielmehr so, als sei er ihnen gerade selbst eingefallen. Auf ihrer großen Tour 2007 feiert Echoes of Swing die 10-jährige Band-Geschichte mit swingendem Jazz und Abstechern ins musikalische Anderswo.
Eigentlich haben sie sich selbst ein schweres Los beschert. Wer den Namen Swing im Namen führt, wird schnell in eine Schublade gesteckt mit mittelmäßigen Gala-Bands für jeden Anlass oder ambitionierten Hobby-Jazzern, die sich nach Dienstschluss bemühen, der Trompete ein paar gerade Töne zu entlocken. Mit dem Image des „alten“ Jazz steht es darum, vor allem in Musikerkreisen, nicht zum Besten. Schon die Begrifflichkeiten, mit denen man Swing einzuordnen versucht, bereiten Schwierigkeiten. „Dass manche Leute Swing als verstaubt ansehen, kommt nicht zuletzt durch die museale Behandlung, die man früheren Jazzformen zuteil werden lässt“, meint Saxophonist Chris Hopkins. „Das hat seltsame Bezeichnungen wie ,prämodern’, ,traditionell’ oder besonders abwertend ,Old-time-Jazz’ geprägt. Auch der Begriff ,modern‘ ist fragwürdig. Musiker, die heute als ,Modern-Jazzer’ bezeichnet werden, beziehen sich häufig auf John Coltrane. Macht es denn einen Unterschied, ob ich mich auf jemanden wie Coltrane berufe, der vor 45 Jahren Aufnahmen eingespielt hat oder auf jemanden, der das vor 60 Jahren getan hat?“ Mehr Wert als auf stilistische Einordnung legen Chris Hopkins (alto), Colin T. Dawson (trp), Bernd Lhotzky (p) und Oliver Mewes (dr) auf die Wahrung ihres künstlerischen Profils. Das beziehen Echoes of Swing nicht zuletzt aus ihrer ungewöhnlichen Besetzung, einem Quartett mit zwei Bläsern, aber ohne die stützende Wirkung eines Bassisten. Ursprünglich hatten die Musiker durchaus einen Bass eingeplant, aber dem künstlerischen Anspruch, rein akustisch zu spielen, wurde so schnell kein Kandidat gerecht. Die Songauswahl der aktuellen CD „4 jokers in the pack“ ist erfreulich ungewöhnlich. Vergeblich sucht man nach bekannten Swing-Gassenhauern. Dafür finden sich Songs aus der Feder von gemeinhin wenig beachteten Jazz-Komponisten, wie Mel Powell, Louis C. Singer, Fred Ahlert oder Barney Bigard. Auch mit diesem Mittel versucht sich die Band von anderen Ensembles des Genres abzugrenzen, die in ihren Programmen Potpourris á la „Best of Swing“ präsentieren, ausschließlich auf große Namen wie Ellington, Goodman oder Miller setzen und die Swingmusik damit weiter in eine künstlerische Sackgasse drängen. Um die Musik dauerhaft spannend zu halten und der Band Raum für Entwicklungen zu geben, ist es notwendig, selbst Stücke zu schreiben. Bei Echoes of Swing sind die Eigenkompositionen Spielwiese für Experimente, die den Musikern Gelegenheit geben, die Gefilde des Swing auch einmal zu verlassen. „Wir waren immer für alle Einflüsse offen,“ erklärt Drummer Oliver Mewes. „Über die Jahre ist sehr vieles in die Musik der Band eingeflossen, so dass wir uns nicht mehr auf Swing als alleinigen Stil beschränken. Unsere Eigenkompositionen geben uns Gelegenheit, Ausflüge in andere Welten zu unternehmen ohne dabei den Swing zu verleugnen. Farbig muss es sein! Das ist wichtig, denn so bleibt unsere Band auch nach zehn Jahren noch spannend.“ Das Gefühl eine richtige Band zu sein, ist den Musikern, die sich selbst nach ihren Wohnorten zwischen Wuppertal und München in „Echoes Nord“ und „Echoes Süd“ einteilen, sehr wichtig. Es gibt zwar eine Swingszene, doch die ist weniger lokal, sondern vielmehr global organisiert und eine feste Band über einen Zeitraum von zehn Jahren zu haben, ist eher eine Seltenheit. Neben Echoes of Swing verfolgen die Beteiligten auch andere Projekte. Saxophonist Chris Hopkins sogar mit einem anderen Hauptinstrument. Zusammen mit Bernd Lhotzky widmet er sich im Piano-Duo ganz dem Harlem-Stride-Stil von James P. Johnson und Fats Waller. Außerdem gibt es noch eine durch die niederländisch-belgische Formation Swingcats zum Oktett erweiterte Version der Band, das Echoes of Swing Orchestra. Bernd Lhotzky ist neben seinen musikalischen Aktivitäten außerdem künstlerischer Leiter des Jazz Classica Festivals auf Schloss Elmau. Als solcher sieht er die Aufgabe, Swingmusik möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen nicht nur als Vergnügen an. „Ich betrachte das was wir tun als Aufarbeitung einer vergangenen Epoche und halte das für wahnsinnig wichtig. Gerade weil ich weiß, dass wir mit unserer Sache vergleichsweise wenig Menschen erreichen. Wenn auf den Galapagos-Inseln irgendein Kiebitz ausstirbt, dann gehen Tierschützer weltweit auf die Barrikaden. Wenn es keine live gespielte Swing-Musik mehr gäbe, wäre die Resonanz wahrscheinlich weit weniger groß.“ Echoes of Swing hat sich in den letzten zehn Jahren ihre Fangemeinde in Deutschland aber auch im Ausland erspielt. Die Jubiläumstournee führt in diesem Jahr nicht nur durch Deutschland, sondern bekommt Farbtupfer durch Konzerte in Italien und der Schweiz sowie durch einen einwöchigen Japan-Aufenthalt. Im Münchner Prinzregententheater wird dann am 28. Oktober ein großes Geburtstagskonzert gespielt. Dass ihnen in den nächsten Jahren die Luft ausgehen könnte, befürchten die vier Musiker nicht. Dafür sind sie zu neugierig auf das was noch in ihnen und in der Swingmusik steckt. Jörg Lichtinger
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