Ausgabe November 1998FAREWELLBody & Soul": Betty Carter starb im Alter von 69 Autor: Foto: |
Sie war eine der letzten Sirenen des Jazz, die schon in den vierziger Jahren auf der Bühne gestanden ist: Betty Carter. Miss "Betty Bebop", wie sie Billie Holiday zärtlich genannt hat, wurde 1948 Sängerin bei Lionel Hampton. Mit "The Hucklebuck" gelang ihr ein erster RhythmnBlues-Hit mit der Hampton-Band. In den Fünfzigern sang sie bei King Pleasure, jamte sie mit Miles Davis und Sonny Rollins. Anfang der Sixties gelang ihr schließlich im Duett mit Ray Charles der Sprung in die Pop-Charts: "Baby Its Cold Outside". Kurze Zeit danach befand sie sich auf dem künstlerischen Tiefpunkt ihrer Karriere. Das Album "Inside Betty Carter" war schließlich der Wendepunkt. Endlich begann sie Klassiker des Great American Songbook wie "Spring Can Really Hang You Up The Most" auf ihre ureigene Weise zu interpretieren, indem sie mit ihrer rauchigen Stimme die Lieder unglaublich in die Länge zog. Immer pendelte sie dabei zwischen der Spontaneität einer Sarah Vaughan und der "arrangierten" Präzision eines Mel Tormé. "Ihr Sinn für Struktur, erfrischend asymmetrisch, nutzt die Vorzüge, die der Modern Jazz im Hinblick auf Freiheit bietet", merkt dazu der Musikkritiker Will Friedwald an. Auf ihrem eigenen Label "Bet Car" hat sie in den siebziger und achtziger Jahren wunderbare Songkollektionen veröffentlicht. Eine neue musikalische Heimat fand sie schließlich Ende der Achtziger bei dem revitalisierten "Verve"-Label. Ihren letzten großen Auftritt hatte sie auf dem Kurt-Weill-Tribute-Album "September Songs". Ein letztes Mal zelebrierte sie darauf in "Lonely House" ihre große, schwarze Kunst des Geschichtenerzählens. Eine Kunst, die sie vom Aussterben bedroht sah: "Es ist ein Verbrechen, daß keine junge Sängerin es mir auf meinem eigenen Gebiet zeigt. Damit es sich weiterbewegt, damit es lebendig bleibt, denn ich werde nicht ewig leben, ich werde irgendwann sterben, und ich will nicht, daß es mit mir stirbt. Ich will, daß es weiterlebt." |
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