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Es gibt eine unsichtbare Grenze zwischen Jazzclub und Clubjazz. JAZZANOVA sind im Club zu Hause. Nicht im Jazzclub, sondern in der Diskothek, wo der Clubjazz nun schon über ein Jahrzehnt in immer neuen Definitionen gefeiert wird. Festivalmacher auf der ganzen Welt haben den Trend aufgegriffen, denn ihr Veranstaltungsformat bietet das ideale Forum für die Integration zweier Phänomene mit höchstem Lässigkeitsfaktor. DJs und Jazzmusiker sind ausgewählte Nachtgestalten mit Einfluss auf Style und Tempo in den Straßen der Metropolen. Stets haben sie etwas neues in Petto und vermischen unmögliche Bestandteile zu einem aufregend anderen Bild. Innovation und Fusion wie bei Miles Davis werden in kürzester Taktfrequenz gefordert und auf höchstem Niveau zelebriert. Das betrifft den Jazzclub genauso wie den Clubjazz. Nennen wir es „In Between“. Jazzanova entsteht Mitte der Neunziger Jahre am Rande einer brechend vollen Tanzfläche im Ostberliner Delicious Doughnuts. Als der für New Bossa, Rare Groove und elektronischen Funk bekannte Club sich durch einen Sampler nach Außen repräsentieren lassen will, bilden die sonst eher neben- als miteinander arbeitenden DJs ein arbeitsteiliges Team, das eigene Tracks aufnimmt. Eher zufällig landen die Produktionen auf dem Schreibtisch von Rainer Trüby und Gilles Peterson (Straight No Chaser). Jazzanova erregt über Nacht die Aufmerksamkeit der trendbestimmenden englischen Szene. Auf Tänzer wirken ihre Songs anregend komplex, die Abnutzungserscheinungen eines wiederkehrenden Horace-Silver-Syndroms werden geschickt vermieden. Heute weben Jazzanova mit Produzenten weltweit an einem gemeinsamen Muster aus Sound und feinen rhythmischen Schwingungen. Ihre Musik ist und bleibt über jede Schublade erhaben. Kein House, aber im House-Remix. Kein Nu Jazz und doch in Montreux. Kein TripHop, dafür reichlich Mellow. Produziert wie HipHop, nur eben immer mit dem Akkord zu viel. Brazil-infiziert, ohne richtig warm zu klingen. Im eigenen Ghetto und wahnsinnig darüber hinaus. „In Between“, die erste amtliche Jazzanova-CD nach sechs Jahren Singles-Produktion und zahllosen prominenten Remix-Arbeiten, enthält das Vibraphon David Friedmans, Classic 80ties Sound von Desney Bailey, Totally Wired Dancefloor-Jazz von Valerie Etienne und Rob Gallagher, Bob-Marley-Zitate von Ursula Rucker, japanische Klavierimprovisation, detroitige Victor-Duplaix-Disko, mönchartige Sinfonien über Funky Drummer und sogar eine Ballade. Hinter vielen Ideen stecken viele informierte Köpfe, die sich als (Sonar) Kollektiv bezeichnen. In der Kernzelle arbeiten die drei Produzenten Stefan Leisering, Roskow Kretschmann und Alexander Reinemer Hand in Hand mit den drei DJ’s Alexander Barck, Claas Brieler und Jürgen von Knobloch. Letzterer stellt den Kontakt zu Michael Reinboth und Compost Records in München dar, mit denen man die Gemeinschaftsfirma Jazzanova Compost Records (JCR) bildet. Reinboth hält dem erfolgreichen Sextett mit seiner Erfahrung als deutscher Rare-Groove-Pionier von der Label- und Vertriebsseite den Rücken frei. Das Arbeitsprinzip: Vorschläge aus dem bereits in viele Sublabels zerfaserten und um einige Mitarbeiter verstärkten Sonar Kollektiv, die von Jazzanova und Michael Reinboth befürwortet werden, haben höchstwahrscheinlich Marktreife. Ganz groß sind Jazzanova in England und Japan. Ihre CD geht weg wie geschnitten Brot, die Verkaufzahlen treiben klassischen Jazzlabels Tränen in die Augen. Doug Hammond ist nicht mit Charles Mingus und „Mingus Moves“ in die deutschen LP-Charts gekommen, sondern mit „Dance the Dance“ und Jazzanova. Das Kollektiv wiederum hat Hammond nur kennen gelernt, weil sie ihre Mingus-LP signiert haben wollten. Bleibt also die Frage: Warum hören Jazzanova Charles Mingus? „Die typisch amerikanische Trennung zwischen Soul und Jazz gibt es für uns nicht“, erklärt Headproducer Stefan Leisering. „Wir hören Jazz mit Soulohren!“ Genau wie ihre Altersgenossen auf den Bühnen der Jazzclubs finden Jazzanova abgesteckte Reviere schön – nur nicht für sich selbst. Spontanität, Assoziation und Geschehen lassen, diese Attribute nehmen sie für ihren Produktionsweg in Anspruch. „Klang ist ein wichtiger Faktor für Clubmusik.“ Doug Hammond habe diese Eigenschaft im Studio mit freudiger Überraschung zur Kenntnis genommen, auch wenn ihm die ständige Neueinspielung einzelner Vokal-Sequenzen zu viel ist. Für Jazzanova zieht Stefan Leisering aus der Produktion von „In Between“ den Schluss: „Ich glaube die Schnittstelle zwischen uns und den Jazzern ist die Freiheit des Hörens.“ Al Weckert |
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