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Das berühmteste Label der Jazzgeschichte wurde 1939 in New York vom deutschen Emigranten Alfred Lion gegründet. 1925 hatte er 16-jährig in seiner Heimatstadt Berlin das Sam Wooding Orchester gehört – eine Prägung für sein ganzes Leben. 1928 und 1930 reiste er nach New York und brachte so viele Platten, wie er kaufen konnte, zurück. 1933 ging er mit seiner Familie nach Chile; vier Jahre später zog es ihn wieder nach New York, diesmal für immer. Ende 1938 hörte er Albert Ammons und Meade Lux Lewis beim ersten „Spirituals to Swing“-Konzert in der Carnegie Hall. Zwei Wochen später ging er mit beiden ins Studio: Blue Note war geboren. Bald darauf kam sein Jugendfreund Francis Wolff, von Beruf Fotograf, in die USA und stieg in die neue Firma ein. Wolffs ausdrucksstarke Schwarz-Weiß-Porträts prägten später viele Covers. Ebenso gestalteten Reid K. Miles (Grafik) und Rudy van Gelder (Tontechnik) Blue Note – ein Label mit Stil. Auch die bezahlten Proben vor den Aufnahmen (sehr ungewöhnlich) waren charakteristisch für das hohe Qualitätsbewusstsein der beiden Besitzer. Und mit der richtigen Wahl der Musiker und Bands im richtigen Moment dokumentierten sie zu einem wesentlichen Teil einen ganzen Jazzstil: den Hard Bop der 50er- und 60er-Jahre. 1966 übernahm Liberty die Firma. Ein Jahr später zog Alfred Lion sich zurück; Francis Wolff arbeitete. Francis Wolff arbeitete weiter bis zu seinem Tod 1971. In den 70er-Jahren gab es bei Blue Note kaum musikalisch Bedeutsames. Am 2. November 1979 wurden die letzten Aufnahmen gemacht – ausgerechnet mit Horace Silver, der seit den 50er-Jahren zu den wesentlichen Künstlern dieses Labels gehört hatte. Dann durchforschte Michael Cuscuna das Archiv und brachte eine ganze Reihe bisher unveröffentlichter Aufnahmen heraus. Inzwischen hat EMI Liberty und damit auch Blue Note geschluckt. Michael Cuscuna und Charlie Lourie kamen auf die Idee, ein eigenes Wiederveröffentlichungs-Label auf Lizenzbasis zu gründen (die Originalbänder von Blue Note und anderen Firmen wurden für eine bestimmte Auflage geleast und dann zurückgegeben). So entstand 1982 Mosaic Records heute das bedeutendste Label seiner Art. Tonqualität und Begleithefte sind von hoher Qualität. Es sind richtige Liebhaberausgaben; dabei beträgt aber der Preis pro CD derzeit nur 16 $. 1984 trat schließlich Bruce Lundvall an die Spitze einer neuen Firma namens Blue Note, die noch heute existiert. Alfred Lion hat diese Wiedergeburt noch erlebt, er starb 1987. Auch aus dieser Geschichte hat Richard Cook ein spannendes und sehr lesenswertes Buch gemacht, das in die Hände aller Jazzfreunde gehört. Alle wichtigen Aufnahmesitzungen werden besprochen und mit präzisen, kenntnisreichen Urteilen kommentiert. William R. Bauer: Open the door – The life and music of Betty Carter, The University of Michigan Press, Ann Arbor, 415 Seiten Der Gesang im Jazz war von Anfang an einem starken kommerziellen Sog ausgesetzt: mit nur Angejazztem oder mit Nicht-Jazz (sehr) viel mehr Geld zu verdienen. Zu denen, die widerstanden, gehörte Betty Cater, die zugleich ihre Bedeutung als Künstlerin bis zu ihrem Tod 1998 ständig steigerte. Der Autor hat ihr mit seinem auf sehr genauen Recherchen basierenden Buch ein bemerkenswertes Denkmal gesetzt, das im Bereich des Jazzgesangs hoffentlich Schule macht. Nicht nur transkribierte er 15 ihrer interessantesten Aufnahmen zwischen 1948 und 1988; er arbeitet zudem mit einem phonetischen System, um die vielen Besonderheiten ihres Textgesangs zu verdeutlichen, die oft einer Neudichtung des Textes gleichkommen. Darin war Betty Carter einmalig im Jazz. Sie hat damit Wege aufgezeigt, auf denen sich der Jazzgesang weiterentwickeln kann. Nicht nur das, auch Schauspieler, die vorgegebene Texte improvisierend verändern wollen, können sich hier Anregungen holen. Joe Viera |
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