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Ausgabe April 1999

BÜCHER

Ingrid Monson: "Saying something – jazz improvisation and interaction"; University of Chicago Press, 253 Seiten.

Autor:
Joe Viera

Ingrid Monsons "Saying something – jazz improvisation and interaction" ist eine vorzügliche Ergänzung zu Paul Berliners umfassender Studie "Thinking in Jazz" (siehe Jazzzeitung Nov. 1997). Die Autorin – in den 80er Jahren Berufsmusikerin (Trompete), heute Assistenzprofessorin an der Washington University – beschäftigt sich mit der von Improvisation geprägten Interaktion der Mitglieder einer Rhythmusgruppe eines Ensembles untereinander und mit einem Solisten. Sie hat dazu 14 Musiker (Pianisten, Bassisten und Schlagzeuger) eingehend befragt, darunter so bedeutende wie Jaki Byard, Roland Hanna, Richard Davis, Roy Haynes und Billy Higgins. Es geht ihr nicht nur um das, was gespielt wird, sondern auch um die sozialen Bezüge der Musiker ("... what could be more social than a musical or verbal conversation?", S. 85) Und an anderer Stelle nennt sie den Jazz "... a fundamentally social, conversational and dialogic way to organize musical performance" (S. 89). Sie vergleicht die Interaktion zwischen den Musikern mit einem Gespräch. Nur zu spielen, was man geübt hat, und sei es noch so raffiniert und brillant, genügt in keiner Hinsicht. Die Ausdrucksweise der Musiker ist bezeichnend. Wenn es von einem Spieler heißt, "he doesn’t listen" oder gar "he isn’t saying anything", so sind dies sehr negative Urteile. Dagegen drückt "he makes that horn talk" hohes Lob aus (S. 83–85).

Ingrid Monson untersucht auch die spontanen Beziehungen, die die Musiker während des Spielens zu früher entstandener Musik entwickeln, und analysiert dazu vier Aufnahmen – besonders genau die erste Version des John Coltrane Quartets von "My favorite things" und den "Bass-ment Blues" des Jaki Byard Quartets. Sie spricht in diesem Zusammenhang von "Intermusicality" und betont eine deutlich erkennbare Komponente des Ironischen in diesen Beziehungen. Zudem macht sie das "coming together or hooking up" (S. 143) deutlich, das im hochklassigen improvisierten Zusammenspiel in einer blitzschnellen Übernahme von Figuren eines Spielers durch einen oder mehrere andere besteht, ebenso auch im gemeinsamen Vorausfühlen/-denken von Figuren, die im nächsten Augenblick gemeinsam (synchron) gespielt werden. Beides steht in der Werteskala von Jazzmusikern ganz oben.

Immer sind die meisten Musikwissenschaftler in Europa sehr stark eurozentrisch fixiert und bringen es nicht fertig, die afro-amerikanische Musik, die stärkste musikalische Kraft des 20. Jahrhunderts, sachgerecht und vorurteilsfrei zu analysieren. Ingrid Monson hat an einem speziellen Fall überzeugend gezeigt, wie man das macht.

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