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Jazzzeitung
2007/04 ::: seite 15
rezensionen
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Wolfgang Haffner
Shapes – live in Concert
Haffnermusic 2007
www.wolfganghaffner.com
Wolfgang Haffner live zu hören, ist jedes Mal aufs Neue ein beeindruckendes
Erlebnis: egal ob als Sideman von Albert Mangelsdorff, Klaus Doldinger,
Pat Metheny, Till Brönner, Michael and Randy Brecker oder Chaka
Khan. Sein Spiel ist perfekt und hochvirtuos. Showgehabe hat er nicht
nötig. Sein Stil ist variabel bis hin zur Mimikry – er kann
sich in jede Jazz- und Popstilistik perfekt einfühlen. Um die Lobeshymne
zu vollenden: er ist so perfekt wie Steve Gadd, so filigran wie Jack
DeJohnette, so groovend wie Jeff „Tain“ Watts. Aber wer ist
Wolfgang Haffner eigentlich selbst? Wer das wissen will, sollte ein Augenmerk
auf seine Produktionen als Bandleader richten, die er in regelmäßigen
Abständen herausbringt.
Die neueste: die DVD „Shapes – live in Concert“, eine
Dokumentation eines Konzertes in der Nürnberger Tafelhalle. Haffners
Konzept sprengt dabei den Rahmen des üblichen Jazzkonzerts: seine
Kompositionen sind sowohl Konzert- als auch Dance-Club-kompatibel. Der
Schlagzeuger kombiniert elektronische und natürliche Grooves intelligent
miteinander, die 13 Eigenkompositionen werden bei aller Unterschiedlichkeit
so ineinander verwoben, dass ein langer Spannungsbogen entsteht, etwa
wie wenn ein guter DJ auflegt, der sein Pulver nicht gleich in der ersten
halbe Stunde verschießt. Haffners Musik zielt auf den Bauch, lässt
aber auch den Kopf nicht verhungern.
Das Charakteristikum der Stücke geht jeweils vom Groove, genau genommen
von Haffners Schlagzeug aus. Die Band, die diese Kernstrukturen melodiös
umspielt, ist hochkarätig: Sebastian Studnitzky zaubert Sounds aus
seinem Keyboard genauso wie aus seiner gestopften Trompete. Lars Ericssons
E-Bass liefert das Fundament, auf dem Wolfgang Haffner und Band ihre
langen Bögen entwickeln können. Und Haffners langjähriger
Mitstreiter, Frank Kuruc, liefert charakteristische Gitarrensounds und
intensive Soli dazu. Etwas über zwei Stunden dauert der Mitschnitt: „Shapes – live
in Konzert“. Er ist keine kunstvolle Videoarbeit, sondern eine
puristische Dokumentation attraktiver Live-Musik.
Andreas Kolb
Marcel Camus
Orfeu Negro
ALAMODE FILM 2006/Focus Edition 3
Eine Musik-DVD der besonderen Art. 1958 verfilmte Marcel Camus die klassische
griechische Tragödie von Orpheus und Eurydike, wobei er sie – ausgehend
von einem Theaterstück von Vinicius de Moraes (der später den
Originaltext zu „The Girl from Ipanema“ schrieb) – nach
Rio versetzte. Orfeu ist ein Straßenbahnfahrer, der Eurydice kennenlernt,
die ihre Cousine besucht. Ein Rausch von Bewegung, Farbe und Musik durchzieht
den Film. Einerseits afrikanisch geprägte Trommeln, andererseits
Gitarre und Gesang (alles unverstärkt!) prägen den von Antonio
Carlos Jobim und Luis Bonfa entworfenen Soundtrack – nie zu laut
oder überflüssig wie so viele heutige Filmmusik. Wir lernen
das Leben in einer Favela kennen (damals gab es wohl noch keine Drogenbanden
und keine Schießereien), Ausschnitte aus dem Karneval von Rio und
die überwältigende Freundlichkeit der Brasilianer. Prädikat:
besitzenswert.
Joe Viera
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