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Jazzzeitung
2007/04 ::: seite 4
portrait
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Die Sängerin und Songwriterin Jacqui Dankworth hat in England einen
klangvollen Namen: Sie ist die Tochter derJazzsängerin Dame Cleo
Laine und des Klarinettisten und Saxophonisten Sir John Dankworth. Ihre
Eltern wurden – vergleichbar mit Sir Paul McCartney – als
erste Jazzmusiker überhaupt mit dem Ritterschlag geehrt. Auch Jacquis
Bruder Alec Dankworth ist vom Jazz infiziert und als Bassist auf ihren
beiden von englischen Kritikern gelobten Solo-CDs zu hören. In ihrer
Heimat ist die klassische und dabei doch mit frischen Untertönen überraschende
Sängerin ein vielbeachtetes Talent. Im Herbst eröffnet sie
am 27. September das zweite Nürnberger Stimmenfang-Festival in der
Dreieinigkeitskirche, wo vor zwei Jahren bereits Solveig Slettahjell – inzwischen
beim Trend-Label ACT – bei der Festivalpremiere als Neuentdeckung
aus dem Norden auf sich aufmerksam machte. Thema des aktuellen Festivals,
das sich diesmal der englischen Szene widmet, ist „Ladies in Jazz – Romance & Soul“.
Ihre Eltern sind legendäre Jazzgrößen in England. Hat
diese spezielle Kindheit denn im Rückblick auch Ihre Musik geprägt?
Jacqui Dankworth: Das muss ja so gewesen
sein. Gerade wenn man das Kind legendärer Jazzmusiker ist, kommen auch etliche Musiker ins Haus.
Meine Eltern hatten eine fantastische Plattensammlung – nicht nur
mit großartigem Jazz wie von Ella Fitzgerald, Sarah Vaughan, Al
Jarreau, Billie Holiday, John Coltrane. Sie war auch gut bestückt
mit Platten von Carole King, James Taylor oder Laura Nyro. Und so bin
ich mit all diesen Stimmen aufgewachsen und natürlich hatten sie
insofern großen Einfluss auf mein Leben.
Angefangen haben Sie dann aber als ganz seriös ausgebildete Schauspielerin
bei der Royal Shakespeare Company…
Das war damals eine große Herausforderung für mich. Wobei
jede Shakespearerolle natürlich immer eine große Herausforderung
ist. Dann wurde ich allerdings doch noch zum (auf Deutsch) Jazzopfer
(lacht)… Ich hätte nicht gedacht, dass das eines Tages ein
Teil von mir sein würde. Ich dachte mir immer: irgendwann wirst
du wieder spielen.
Profitieren Sie denn jetzt als Sängerin von Ihrer Bühnenerfahrung
als Schauspielerin?
Ich denke ja. Man hat als Schauspielerin ein drittes Auge, wie das
Publikum reagiert, wie es antwortet. Auch wenn man nicht direkt hinschaut,
kann
man das trotzdem alles wahrnehmen.
Entscheidend ist auch der Sinn für Dramatik – das Gespür
dafür, wie man eine Geschichte wirkungsvoll erzählt. Als ich
anfangs auf einmal als Sängerin auf der Bühne stand, war das
sehr schwer für mich, denn ich dachte dauernd, ich müsste
eine Rolle spielen und mich dahinter verbergen. Heute habe ich die
Balance
gefunden: Ich kann mein Selbst jetzt auch zeigen.
Ich finde ganz verschiedene Spuren in Ihren eigenen und gecoverten
Liedern – akustischen
Swing, eine Spur von Soul, wie auch die amerikanische Songwritertradition.
Wie kommt es zu diesem speziellen Cocktail?
Ach – das passiert eigentlich ganz nebenbei.
Wie beispielsweise bei June Tabor, der herausragenden Song-Interpretin
und Folk-Sängerin der englischen Szene?
Ich schätze sie sehr! Vor einigen Jahren lernte ich sie kennen und
ich war einfach hin und weg von der Art, wie sie eine Geschichte erzählt
und wie sie das Publikum hineinzieht. Ich hab mir bis jetzt nie Gedanken über Ähnlichkeiten
gemacht, aber so betrachtet trifft ihre Aussage natürlich zu:
Wenn ein Song nicht zu mir spricht, werde ich ihn auch nicht singen.
Erst heute hab ich mich mit jemandem über meine nächste CD
unterhalten, an der ich gerade arbeite. Er hat mich gefragt, wie ich
mein Material eigentlich finde und die Songs. Keine leichte Frage. Versuchen
wir es so: Ich wähle am Ende die Songs aus, mit denen ich mich wirklich
wohl fühle, wenn ich sie singe. Dabei spielen Genre und Stil keine
Rolle – ob Jazz, Folk oder Pop. Sängerinnen, die ich wirklich
schätze, sind zum Beispiel Lizz Wright, Liane Carroll – und
natürlich Joni Mitchell.
Interview: Anja Barckhausen
www.stimmenfang.de
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