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Jazzzeitung

2007/04  ::: seite 5

berichte

 

Inhalt 2007/04

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig
jazzle gmacht: Entjazzt
no chaser: Ohrenfaulheit
jazzfrauen-abc: Anny Xhofleer


TITEL - Vom Verlassen des Wohnzimmers
Jazzfestivals und Tourismus


DOSSIER - Club Connection & Stargastspiele

Der Jazzclub Regensburg feiert sein 20. Jubiläum mit Festival

… und mehr im Inhaltsverzeichnis

Gestutzter Phönix

Der neue Münchner Jazzsommer mit schlüssigem Programm

Mit neuem Namen und einem inte-ressanten Programm hat sich in Mün-chen ein zwar merklich gestutzter aber immer noch kraftvoller Phönix aus der veranstalterischen Asche erhoben.

Eigentlich war schon alles vorbei gewesen. Nachdem man im letzten Jahr das 25. Jubiläum des Klaviersommers begangen hatte, zog sich der langjährige Veranstalter, die Konzertagentur „Loft“, überraschend von der Ausrichtung zurück und besiegelte so zunächst das Ende von Münchens Internationalem Jazzfestival.
Groß war die Erleichterung der Jazzfreunde als Innegrit Volkhardt, die Geschäftsführende Gesellschafterin des Bayerischen Hofs, sich bereit erklärte, die Konzertreihe als alleinige Veranstalterin zu übernehmen, auch wenn das Konzertangebot im Vergleich zu den Vorjahren deutlich eingeschränkt werden musste.
Für das Publikum des Festivals ging dieser Wechsel der Veranstalter kaum merklich vonstatten, denn Innegrit Volkhardt hatte schon in den vergangenen Jahren mit den beiden Locations ihres Hotels – Night Club und Festsaal – den Kern der Veranstaltungsreihe gebildet. Lediglich die Namensänderung vom Klavier- zum Jazzsommer war ein Indiz, programmatisch gesehen aber auch längst fällig.

Ohne Klavier, aber mit viel Elektrik ging es gleich zur Eröffnung mit Mike Mainieris Fusionband Steps Ahead zur Sache. Dieser Festival-Opener konnte fraglos durch die hohe solistische Qualität seiner Musiker überzeugen. Saxophonist David Sanborn und Mike Mainieri am Vibraphon gehören zweifellos zur Upper-Class der improvisierenden Zunft. Auch die flinken Finger des jungen Gitarristen Bryan Baker ließen die eine oder andere Kinnlade herunterklappen, sein kratzig scheppernder Gitarrensound konnte allerdings nicht überzeugen. Fragwürdig war die Qualität mancher Songs, die zum Teil thematisch wenig hergaben und oft wie bloße Trenner zwischen den ausgedehnten Solo-Passagen wirkten. Überhaupt lag in der stetig gleichen Abfolge der Solisten auch der Grund für die aufkommende Langeweile, die sich gegen Ende des Konzerts breit machte. Besonders deutlich wurde das vor allem als Mainieri den ewigen Kreislauf endlich mit einer wunderbaren Soloperformance von „Lush Life“ unterbrach.

Ähnlich wenig Hang zur durcharrangierten Musik ließen die beiden Gitarristen Robben Ford und Larry Carlton im Anschluss an Steps Ahead erkennen. Das war aber auch nicht zu erwarten, denn schließlich spielten sie das, woran Gitarristen selten vorbei können und was nachweislich keiner großen Arrangements bedarf, den Blues. Zunächst schien es, als könnte Robben Ford als Spezialist in Sachen ohrenbetäubender Electric-Blues dem Kollegen die Show stehlen, denn sein gewohnt druckvolles, immer exakt getimtes Spiel wirkte gegen Carltons zunächst zaghaft anmutende Soli wie die Machtdemonstration eines großen Bruders, der dem Geschwisterchen zeigt, wie „sowas gemacht wird“. Allerdings nur solange die treibenderen Stücke ihm Gelegenheit dazu gaben. Sobald die Band aber ruhigere Klänge anstimmte, hatte Larry Carlton wieder die Nase vorn. Die unglaubliche Vielfalt und Feinheit seines Klangspektrums machte klar, dass hier zwei durchaus ebenbürtige Meister der Bluesgitarre auf der Bühne standen. Der nächste in der Riege der Saitenkönige beim Jazzsommer war John Scofield mit seinem kongenialen Partner John Medeski, der verglichen mit den beiden Vorgängerbands ein geradezu kammermusikalisches Konzert gab. Schrulliger denn je präsentierte sich „Sco“ auf der Bühne im Night Club, die ihm eine zweite Heimat sein muss, so oft ist er schon auf ihr zu Gast gewesen. Mit krudem Humor, sowohl in den Ansagen als auch in der Musik transportiert, verschafften Scofield und Medeski sich selbst und dem Publikum einen vergnüglichen Abend, bei dem es einem abwechselnd in den Füßen juckte und das Gesicht verzog, wenn Scofield die friedlich dahingroovenden Nummern mit seinen berüchtigten Cluster-Akkorden zersetzte. Die Klasse der beiden „Johns“ zeigte sich in der rhythmischen Sicherheit, mit der sie ihre stark solistisch geprägte Musik ohne die stützende Kraft von Bass und Schlagzeug entfalteten. Trotzdem fehlte irgendwie der Rest der Band.
Eine wirkungsvolle Gesangsperformance auf dem Festival lieferte die kanadische Sängerin Holly Cole. Ihr hätte man vielleicht die große Bühne des Festsaals zugestehen sollen. Ihrer stark auf Entertainment fixierten Art zu performen mit den großen Gesten einer Geschichtenerzählerin Rollen zu verkörpern, hätte mehr Raum gutgetan.

Jörg Lichtinger

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