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Mit neuem Namen und einem inte-ressanten Programm hat sich in Mün-chen ein zwar merklich gestutzter aber immer noch kraftvoller Phönix aus der veranstalterischen Asche erhoben. Eigentlich war schon alles vorbei gewesen. Nachdem man im letzten Jahr
das 25. Jubiläum des Klaviersommers begangen hatte, zog sich der
langjährige Veranstalter, die Konzertagentur „Loft“, überraschend
von der Ausrichtung zurück und besiegelte so zunächst das Ende
von Münchens Internationalem Jazzfestival. Ohne Klavier, aber mit viel Elektrik ging es gleich zur Eröffnung mit Mike Mainieris Fusionband Steps Ahead zur Sache. Dieser Festival-Opener konnte fraglos durch die hohe solistische Qualität seiner Musiker überzeugen. Saxophonist David Sanborn und Mike Mainieri am Vibraphon gehören zweifellos zur Upper-Class der improvisierenden Zunft. Auch die flinken Finger des jungen Gitarristen Bryan Baker ließen die eine oder andere Kinnlade herunterklappen, sein kratzig scheppernder Gitarrensound konnte allerdings nicht überzeugen. Fragwürdig war die Qualität mancher Songs, die zum Teil thematisch wenig hergaben und oft wie bloße Trenner zwischen den ausgedehnten Solo-Passagen wirkten. Überhaupt lag in der stetig gleichen Abfolge der Solisten auch der Grund für die aufkommende Langeweile, die sich gegen Ende des Konzerts breit machte. Besonders deutlich wurde das vor allem als Mainieri den ewigen Kreislauf endlich mit einer wunderbaren Soloperformance von „Lush Life“ unterbrach. Ähnlich wenig Hang zur durcharrangierten Musik ließen die beiden
Gitarristen Robben Ford und Larry Carlton im Anschluss an Steps Ahead
erkennen. Das war aber auch nicht zu erwarten, denn schließlich
spielten sie das, woran Gitarristen selten vorbei können und was
nachweislich keiner großen Arrangements bedarf, den Blues. Zunächst
schien es, als könnte Robben Ford als Spezialist in Sachen ohrenbetäubender
Electric-Blues dem Kollegen die Show stehlen, denn sein gewohnt druckvolles,
immer exakt getimtes Spiel wirkte gegen Carltons zunächst zaghaft
anmutende Soli wie die Machtdemonstration eines großen Bruders,
der dem Geschwisterchen zeigt, wie „sowas gemacht wird“.
Allerdings nur solange die treibenderen Stücke ihm Gelegenheit dazu
gaben. Sobald die Band aber ruhigere Klänge anstimmte, hatte Larry
Carlton wieder die Nase vorn. Die unglaubliche Vielfalt und Feinheit
seines Klangspektrums machte klar, dass hier zwei durchaus ebenbürtige
Meister der Bluesgitarre auf der Bühne standen. Der nächste
in der Riege der Saitenkönige beim Jazzsommer war John Scofield
mit seinem kongenialen Partner John Medeski, der verglichen mit den beiden
Vorgängerbands ein geradezu kammermusikalisches Konzert gab. Schrulliger
denn je präsentierte sich „Sco“ auf der Bühne im
Night Club, die ihm eine zweite Heimat sein muss, so oft ist er schon
auf ihr zu Gast gewesen. Mit krudem Humor, sowohl in den Ansagen als
auch in der Musik transportiert, verschafften Scofield und Medeski sich
selbst und dem Publikum einen vergnüglichen Abend, bei dem es einem
abwechselnd in den Füßen juckte und das Gesicht verzog, wenn
Scofield die friedlich dahingroovenden Nummern mit seinen berüchtigten
Cluster-Akkorden zersetzte. Die Klasse der beiden „Johns“ zeigte
sich in der rhythmischen Sicherheit, mit der sie ihre stark solistisch
geprägte Musik ohne die stützende Kraft von Bass und Schlagzeug
entfalteten. Trotzdem fehlte irgendwie der Rest der Band. Jörg Lichtinger |
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